Die Matlock-Affäre
Haben mich mächtig beeindruckt. Die werden immer besser, je älter ich werde ... Was meinen Sie, setzen wir uns in den Hinterhof? Das Wetter ist viel zu schön, um im Haus zu bleiben.« Ohne auf Antwort zu warten, ging Herron hinaus, und Matlock folgte ihm.
Der Garten hinter dem Hause war ebenso präzise manikürt wie der vordere. Auf einem Patio aus Naturstein standen bequem aussehende Liegestühle und neben jedem ein kleines Tischchen. Die Mitte der Terrasse beherrschte ein großer schmiedeeiserner Tisch mit einem Sonnenschirm. Der Rasen dahinter war kurzgeschoren und dicht. Ein paar Hartriegelbüsche waren über die Rasenfläche verteilt, jeder in einer sauberen Rabatte. Zwei Reihen von Blumen -vorwiegend Rosen - erstreckten sich bis ans Ende der Rasenfläche, das etwa hundert Fuß entfernt war. Dort freilich hörte das beschauliche Bild plötzlich auf. Plötzlich waren da mächtige Bäume, dichtes, ineinander verwachsenes Unterholz. Ebenso war es an den Seiten. Rings um den gepflegten Rasen des Hinterhofes wucherte ein undisziplinierter, mächtiger Wald.
Lucas Herron war von einer schützenden grünen Mauer umgeben.
»Der Drink ist wirklich gut, das müssen Sie doch zugeben.« Die beiden Männer hatten sich gesetzt.
»Ganz bestimmt. Sie bekehren mich noch zum Gin.«
»Nur im Frühling und Sommer. Gin ist nichts für den Rest des Jahres ... Also schön, junger Mann, die Hausregel wäre befolgt. Was bringt Sie zu Herrons Nest?«
»Ich habe so das Gefühl, daß Sie das ahnen.«
»Tue ich das?«
»Archie Beeson.« Matlock beobachtete den alten Mann, aber Herron war ganz auf sein Glas konzentriert. Er zeigte keinerlei Reaktion.
»Der junge Geschichtsdozent?«
»Ja.«
»Aus dem wird eines Tages ein guter Lehrer. Und eine nette Frau hat er auch.«
»Nett ... und nicht übermäßig treu, denke ich.«
»>Äußerlichkeiten, Jim.« Herron lachte leise. »Ich hätte Sie nie für einen Puritaner gehalten ... Wenn man älter wird, wird man toleranter. Das sind doch unschuldige Vergnügungen. Sie werden das auch noch sehen.«
»Ist das der Schlüssel? Toleranz?«
»Der Schlüssel wofür?«
»Kommen Sie schon. Er wollte Sie doch neulich nachts erreichen.«
»Ja, das wollte er. Und Sie waren dort ... Wie ich höre, war Ihr Benehmen nicht gerade untadelig.«
»Mein Benehmen sollte diesen Eindruck hinterlassen.« Zum erstenmal ließ Herron eine Andeutung von Besorgnis erkennen. Es war nur eine ganz kleine Reaktion, ein kurzes Blinzeln seiner Augen.
»Das war tadelnswert.« Herron sprach ganz leise und blickte zu seiner imposanten grünen Mauer. Die Sonne war gerade dabei, hinter den hohen Bäumen zu versinken. Lange Schatten dehnten sich über Rasen und Terrasse.
»Es war notwendig.« Matlock sah, wie es in dem Gesicht des alten Mannes schmerzlich zuckte. Und dann erinnerte er sich an seine eigene Reaktion darauf, als Adam Williams ihm die >unangenehme Notwendigkeit geschildert hatte, Sam Kressel den falschen Bericht über das, was in Lumumba Hall geschehen war, zu schicken. Die Parallele tat weh.
»Der Junge hat Schwierigkeiten. Er ist krank. Das ist eine Krankheit, und er versucht sich selbst zu kurieren. Dazu gehört Mut ... Das ist jetzt nicht die Zeit für GestapoMethoden.« Herron nahm einen langen Schluck aus seinem Glas, während seine andere Hand die Armlehne seines Sessels umfaßt hielt.
»Wie haben Sie davon erfahren?«
»Das ist vielleicht eine vertrauliche Information, auf die ich nicht näher eingehen darf. Wollen wir einmal sagen, daß ich es von einem unserer hochgeachteten Kollegen gehört habe - im medizinischen Bereich -, dem die Symptome auffielen und der sich Sorgen machte. Welchen Unterschied macht das schon? Ich habe versucht, dem jungen Mann zu helfen und würde es wieder tun.«
»Das würde ich gerne glauben. Das wollte ich auch glauben.«
»Warum fällt Ihnen das schwer?«
»Ich weiß nicht ... Etwas an der Haustüre vor ein paar Minuten. Vielleicht ist es dieses Haus. Ich kann es nicht sagen ... Ich bin ganz ehrlich zu Ihnen.«
Herron lachte, wich aber Matlocks Blick immer noch aus. »Sie konzentrieren sich zu sehr auf Ihre Arbeit, die Schriftsteller der elisabethanischen Zeit. Die Pläne und Intrigen der Spanischen Tragödie ... Sie sollten eigentlich aufhören, sich wie eine Amateurabteilung von Scotland Yard zu benehmen, Sie und Ihre jungen Kollegen. Es ist noch gar nicht so lange her, daß es hier Mode war, zum Frühstück Red Dogs zu nehmen. Sie sehen die Situation zu
Weitere Kostenlose Bücher