Die Matlock-Affäre
schlimm, außer Proportion zur Wirklichkeit.«
»Das stimmt nicht. Ich bin keiner von diesen jungen Kreuzrittern. Ich gehöre nicht zu diesen Verrückten, und ich glaube, das wissen Sie auch.«
»Was war es dann? Persönliches Interesse? An dem jungen Mann. Oder seiner Frau? ... Tut mir leid, das hätte ich jetzt nicht sagen sollen.«
»Ich bin froh, daß Sie es getan haben. Virginia Beeson interessiert mich nicht - weder sexuell noch sonst. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, was sonst überhaupt an ihr interessant sein könnte.«
»Dann haben Sie ja ziemliches schauspielerisches Talent bewiesen.«
»Das habe ich wohl. Ich habe mir große Mühe gegeben, Beeson nicht erkennen zu lassen, weshalb ich dort war. Es war sehr wichtig.«
»Für wen?« Herron stellte langsam sein Glas mit der rechten Hand ab, seine linke hielt noch die Sessellehne umfaßt.
»Für Leute, die außerhalb dieses Campus stehen. Leute in Washington. Die Bundesbehörden ... «
Lucas Herron atmete plötzlich tief durch die Nase ein. Und dann verlor Herrons Gesicht vor Matlocks Augen die Farbe. Als er wieder sprach, war nur noch ein Flüstern zu hören.
»Was sagen Sie da?«
»Daß ein Mann vom Justizministerium an mich herangetreten ist. Die Informationen, die er mir vorlegte, waren beängstigend. Nichts war übertrieben, nichts übermäßig dramatisiert. Es waren alles klare Fakten. Man ließ mir die freie Wahl, ob ich kooperieren wollte oder nicht.«
»Und Sie haben angenommen?« Herrons Worte klangen leise und ungläubig.
»Ich hatte das Gefühl, daß es keine Alternative gab. Mein jüngerer Bruder ...«
»Sie hatten das Gefühl, daß es keine Alternative gab?« Herron erhob sich aus seinem Sessel, seine Hände begannen zu zittern, seine Stimme nahm an Intensität zu. »Sie hatten das Gefühl, daß es keine Alternative gab?«
»Ja, so ist es.« Matlock blieb ruhig. »Deshalb bin ich hierhergekommen. Um Sie zu warnen, alter Freund. Das geht viel tiefer — ist weit gefährlicher ...«
»Sie sind hierhergekommen, um mich zu warnen?! Was haben Sie getan? Was im Namen von allem, was heilig ist, haben Sie getan?... Jetzt hören Sie mir zu! Hören Sie sich an, was ich sage?!« Herron trat zwei Schritte zurück und stieß gegen das kleine Tischchen, mit einer einzigen, weit ausholenden Bewegung seines linken Arms stieß er es um.«Sie halten sich da raus, haben Sie gehört! Sie gehen zu denen und sagen ihnen nichts! Nichts existiert! Das ist alles ... das existiert alles nur in ihrer Fantasie! Lassen Sie die Finger davon! Halten Sie sich raus!«
»Das kann ich nicht«, sagte Matlock leise, und plötzlich hatte er um den alten Mann Angst. »Selbst Sealfont wird da zustimmen müssen. Er kann nicht länger dagegen ankämpfen. Es ist da, Lucas ... «
»Adrian! Man hat Adrian informiert? ... O mein Gott, wissen Sie, was Sie tun? Sie werden so viel zerstören. So viele, viele ... Verschwinden Sie hier! Hinaus! Ich kenne Sie nicht! Oh, Herrgott! Herrgott!«
»Lucas, was ist denn?« Matlock stand auf und ging einige Schritte auf den alten Mann zu. Herron entfernte sich nach rückwärts, ein alter, in Panik geratener Mann.
»Kommen Sie nicht in meine Nähe! Rühren Sie mich nicht an!«
Herron wandte sich um und fing zu laufen an, rannte so schnell seine alten Beine ihn tragen konnten über den Rasen. Er stolperte, fiel zu Boden und stand wieder auf. Er sah sich nicht um. Statt dessen rannte er so schnell er konnte auf seine hintere Grundstücksgrenze zu, auf das Unterholz, den Wald. Und dann verschwand er in seiner mächtigen grünen Mauer.
»Lucas! Um Gottes willen!« Matlock rannte hinter dem alten Mann her, erreichte den Waldrand nur Sekunden nach ihm. Und doch war er nirgends zu sehen. Matlock versuchte das Buschwerk, das ihm den Weg versperrte, mit den Armen zu teilen und trat mitten hinein in das wuchernde Blattwerk. Zweige schlugen nach ihm, und das dichte Unkraut versperrte ihm den Weg.
Herron war verschwunden.
»Lucas! Wo sind Sie?!«
Aber keine Antwort kam, nur das Rascheln der Gräser und Zweige hinter ihm. Matlock drang tiefer in den Wald ein, duckte sich, kauerte sich nieder, schob sich zwischen den Pflanzen durch. Aber nirgends war eine Spur von Lucas Herron zu sehen, kein Laut war zu hören.
»Lucas! Um Himmels willen, Lucas, geben Sie Antwort!«
Immer noch keine Antwort, nichts, was auf seine Gegenwart hindeutete.
Matlock versuchte sich umzusehen, eine Lücke in dem dichten Blattwerk zu erkennen, einen Weg, dem er
Weitere Kostenlose Bücher