Die Matlock-Affäre
ähnlich wie dem Ihren. Er sieht Ihnen sogar ein wenig ähnlich. Gleich groß, gleicher Körperbau, dasselbe Haar ... «
»Das ist Murdock. Elliot Murdock. Was ist denn?«
»Er konnte einfach nicht verstehen, warum ich immer wieder darauf beharrte, daß wenn >die alten Männer sich töten, die Städte sterben »Sie kommen von Greenberg!«
»Genau. Ein morbides Erkennungssignal, falls es Ihnen nichts ausmacht, wenn ich das sage. Gehen Sie ruhig weiter. Wir trennen uns am Ende des Weges. Dann treffen wir uns in zwanzig Minuten wieder in Bill's Bar & Grill am Güterbahnhof. Das ist sechs Blocks südlich vom Bahnhof. Okay?«
»Nie gehört.«
»Ich wollte Ihnen schon vorschlagen, daß Sie die Krawatte abnehmen. Ich werde eine Lederjacke tragen.«
»Sie suchen sich ja elegante Lokale aus.«
»Alte Gewohnheit. Das spart Spesen.«
»Greenberg hat gesagt, ich sollte mit Ihnen zusammenarbeiten.«
»Und ob Sie das sollen. Der steckt bis zu seinem koscheren Arsch in siedendem Öl. Ich schätze, die versetzen ihn nach Kairo ... Ein klasse Bursche ist das. Wir Außendienstler mögen ihn alle. Legen Sie ihn bloß nicht >rein<.«
»Ich wollte Sie doch bloß nach Ihrem Namen fragen. Mit einer Predigt habe ich nicht gerechnet.«
»Houston. Fred Houston. In zwanzig Minuten dann. Weg mit der Krawatte.«
11
Die Straße, die zu Lucas Herrons Haus führte, war von Schlaglöchern übersät, wie der Winter sie brachte. Matlock bezweifelte, daß die Stadtverwaltung von Carlyle sie reparieren würde; es gab viel zu viele andere allgemein benutzte Straßen, die immer noch die Auswirkungen des New-England-Winters zeigten. Als er sich dem alten Kutschenhaus näherte, bremste er seinen Triumph auf beinahe zehn Meilen die Stunde ab. Die Stöße, die das Fahrgestell an ihn weiterleitete, drohten ihm die Knochen zu zerbrechen, und er wollte Herrons Haus mit möglichst wenig Lärm erreichen.
In der Annahme, daß Jason Greenberg ihn vielleicht beschatten ließ, fuhr Matlock einen Umweg zu Herron, fuhr vier Meilen auf einer Parallelstraße nach Norden und wendete dann. Hinter ihm war niemand. Die nächsten Häuser waren zu beiden Seiten gute hundert Meter von dem Herrons entfernt, und gegenüber stand gar keines. Es war die Rede davon gewesen, in der Gegend ein Bauprojekt hochzuziehen, ebenso wie die Rede davon gewesen war, daß die Carlyle-Universität vergrößert werden sollte, aber aus keinem der beiden Projekte war etwas geworden. Tatsächlich hing ersteres von letzterem ab, und die alten Herren von Carlyle setzten allen größeren Veränderungen in Carlyle erheblichen Widerstand entgegen. Die alten Herren waren das persönliche Kreuz, das Adrian Sealfont zu tragen hatte.
Matlock war von der Ruhe beeindruckt, die von Herrons Haus ausging. Er hatte es sich bisher noch nie richtig angesehen. Dabei hatte er Lucas bestimmt schon ein dutzendmal nach abendlichen Versammlungen nach Hause gebracht, aber er hatte es immer eilig gehabt. Lucas' Einladungen auf einen Drink hatte er nie angenommen, demzufolge hatte er das Haus auch nie betreten.
Er stieg aus dem Wagen und ging auf das alte Ziegelgebäude zu. Es war hoch und schmal. Der verblichene Stein war mit Tausenden von Efeufäden bedeckt, die das Gefühl der Isoliertheit noch verstärkten. Davor auf dem ausgedehnten Rasen standen zwei japanische Weidenbäume in voller Frühjahrsblüte. Ihre purpurnen Blüten hingen in großen Bögen zur Erde. Das Gras war gemäht, die Büsche gestutzt, und der weiße Kies auf den einzelnen Wegen glänzte. Es war ein Haus und ein Anwesen, das geliebt und gepflegt wurde. Und doch hatte man das Gefühl, daß all diese Liebe von niemandem geteilt wurde. Es war die Arbeit einer Person, die auch nur einer Person galt, nicht von oder für zwei oder eine Familie. Dann erinnerte sich Matlock, daß Lucas Herron nie geheiratet hatte. Natürlich kursierten die unvermeidlichen Gerüchte von einer verlorenen großen Liebe, einem tragischen Todesfall, ja sogar einer weggelaufenen Braut, aber jedesmal, wenn Lucas Herron von solchen jugendlichen Romanzen gehört hatte, hatte er darauf nur mit einem glucksenden Lachen reagiert und der Feststellung, er sei einfach >zu verdammt eigensüchtig.
Matlock ging die paar Stufen der Eingangstreppe hinauf und läutete. Er versuchte, ein Begrüßungslächeln einzuüben, aber es war falsch; er würde es nicht durchhalten, er hatte Angst.
Die Tür öffnete sich. Der hochgewachsene, weißhaarige Lucas Herron, in zerdrückte Hosen
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