Die Mauern von Logghard
erweckte.
Ihr Führer erreichte die Tür, als sie gerade auf Höhe des ersten Fackelhalters kamen. Er drehte sich um und griff nach dem aus der Wand ragenden Eisen, als wolle er sich daran stützen.
»Kommt endlich!« rief er befehlend, und wieder war es der Ton, der Luxon missfiel .
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür hinter dem Krieger. Arme tauchten auf und stießen ihn in den Rücken. Er verlor den Halt und taumelte nach vorne. Luxon sah, dass der Fackelhalter nach unten gekippt war. Plötzlich gab der Boden unter dem Krieger nach – und er stürzte mit einem Aufschrei in die Tiefe.
Eine Fallgrube also! durchzuckte es Luxon. Und sie war durch Betätigung eines der Fackelhalter von beiden Seiten zu bedienen. Demnach hätte es auch gar keine Rolle gespielt, wenn sie darauf bestanden hätten, vorzugehen. Sie wären in jedem Fall verloren gewesen.
»Beim Kleinen Nadomir!« rief Sadagar erschrocken, als er auf einmal am Rande der aufgeklappten Falltür stand und in bodenlose Finsternis blickte. Er blickte über den Abgrund zu der gegenüberliegenden Tür, wo eine in eine Kutte gehüllte Gestalt aufgetaucht war.
»Nayna!« rief der Steinmann überrascht aus.
Die junge Frau griff zum Fackelhalter hinauf und kippte ihn nach oben. Dadurch hob sich die Falltür und schloss den Schacht.
»Ihr könnt jetzt…«, rief Nayna.
Mehr konnte Luxon nicht mehr verstehen, denn der Rest ging im Wutgeheul der Krieger hinter ihnen unter, die mit ansehen mussten, wie ihr Anführer in die Fallgrube gestürzt war. Sie stürmten mit erhobenen Waffen heran, in der eindeutigen Absicht, ihre drei Opfer entweder niederzumachen oder ebenfalls in den Abgrund zu stürzen, wie es ursprünglich vorgesehen war.
Luxon fing den Ansturm mit vorgehaltenem Schwert auf. Er durchbohrte den ersten Krieger, zog die Klinge zurück und folgte Sadagar und Hrobon über die nun wieder geschlossene Falltür. Luxon nahm sich die Zeit, Nayna im Vorbeilaufen die zum Kuss gespitzten Lippen auf die Stirn zu drücken.
»Zurück oder…!« Nayna sprach die Drohung nicht aus. Aber das war auch nicht nötig, denn sie hatte die Hand wieder am Fackelhalter.
Die beiden Krieger, die bereits auf der Falltür standen, stemmten sich verzweifelt gegen den Druck ihrer Kameraden. Es gelang ihnen, sie aufzuhalten und sie langsam wieder zurückzudrängen. Als sie jenseits der Falltür standen, klappte Nayna den Fackelhalter herunter, schlüpfte durch die Tür und schloss sie hinter sich. Dann legte sie einen schweren Riegel vor.
»Danke, du hast uns vor dem sicheren Tod bewahrt«, sagte Sadagar. »Aber verrate uns nun, womit wir deine Gunst gewonnen haben.«
Nayna senkte den Blick. »Ich bin eine Dienerin der Großen«, sagte sie mit leiser Stimme, »aber… ich kann trotzdem nicht alles gutheißen, was sie tun. Ich habe euch gerettet, damit ihr zur Oberwelt hinaufsteigt und bekanntgebt, dass der Sohn des Kometen im Tempel der Großen eingetroffen ist. Nur so könnt ihr Mythor vielleicht noch retten.«
Luxon trat vor und packte das Mädchen bei den Armen.
»Sage mir, was die Großen mit ihm vorhaben.«
»Du tust mir weh«, sagte Nayna, und als Luxon sie losließ, fügte sie hinzu: »Mehr weiß ich selbst nicht. Ich habe nur zufällig ein Schattenspiel zwischen Seelenfinger und dem Erleuchteten beobachtet. Daraus ging hervor, dass sie Mythor nur kommen lassen wollten, um ihn auszuschalten und sich in den Besitz seiner Ausrüstung zu bringen.«
»Wenn das so ist, dann zeige uns den Weg zum Größten der Großen«, rief Sadagar zornig. »Wir werden Mythor befreien.«
»Es wäre euer sicherer Tod«, behauptete Nayna. »Ihr helft Mythor am besten, wenn ihr bekanntmacht, dass der Sohn des Kometen eingetroffen ist. Dann werden die Loggharder Mythor sehen wollen, und die Großen können ihm nichts mehr anhaben.«
»Daran mag etwas Wahres sein«, stimmte Luxon zu. »Also gut, Nayna, dann bringe uns zur Oberwelt.«
Die junge Frau eilte ihnen voran eine Treppe hinauf.
»Verstehst du das Verhalten der Großen, Luxon?« sagte Sadagar verständnislos. »Was mag der Grund für ihren Gesinnungswandel sein? Zuerst waren sie auf Mythors Kommen erpicht, und jetzt wollen sie ihn loswerden.«
»Ich glaube, ich beginne zu begreifen«, meinte Luxon. »Mir scheint, dass die Großen von Anfang an, schon in Sarphand, nur an Mythors Ausrüstung interessiert waren. Als ich noch im Besitz der Waffen war, da brachte mich Fafhad, der Diener eines Großen, zu seinem Herrn, der sie mir
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