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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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Steinbaum entdeckt zu haben, als die Wolke verschwand. So hat er es genannt. – Bei einer seiner Klettertouren ist er dann... gestorben", fügte Norma Jean nach kurzem Schweigen hinzu.
    " Und Sie, Norma Jean, hatten Sie niemals das Bedürfnis, in die Fußstapfen ihres Gefährten zu treten. Ich meine, hat das Geheimnis des steinernen Baumes Sie denn gar nicht locken können?"
    Ms. M. rümpfte ihre welke Nase in einer – wie es Daria schien – einstudierten Attitüde, schob ihre Unterlippe leicht vor und kicherte dann lautlos. "Oh ja, Kindchen, das kannst du wohl glauben. Es gab eine Zeit, in der mich diese Art von Geheimnissen brennend interessierte. Mehr als mein Leben. Mehr als irgendeines Menschen Leben. Zum Glück ist das vorbei. Ich wünschte, Carl hätte mich nicht verlassen. Verstehst du? Nein, nein, das kannst du nicht. Ich weiß es, wenn ich dir in die Augen schaue. Das grüne Feuer des Eifers brennt lange, ehe es verlöscht. Ich verstehe das, Kindchen..."
    Daria ergriff die Hände der alten Frau und streichelte sie sanft. "Danke, Norma Jean, Sie sind eine wundervolle Frau. Wirklich, ich bewundere Sie. Wie haben Sie es bloß geschafft, auszusteigen und Ihr Glamourleben gegen dieses hier einzutauschen?"
    Ms. M. lachte ironisch. "Oh, Kindchen, von cogito ergo sum bis incognito ergo bum! Ganz einfach. Zuerst musste ich gewaltig nachdenken und dann, na ja, mich töten. Mein altes Ich beseitigen. Ich hatte mächtige Freunde, weißt du. Die haben mir geholfen. Mächtige Männer, die mächtig unter Druck standen. So einfach war das." 
    Vom Hausflur her hörte man das Geräusch schneller Schritte. Sean Gandi erschien in der Türe. "Das Wasser!", rief er. "Ihr müsst euch beeilen, das Wasser kommt zurück! Im Norden bei Devils Darling steigen gigantische Dampfwolken auf. Es brodelt und zischt wie ein Riesen-Geysir, kann man bis hier sehen. Und hören! Saba und Brontë sagen, wir müssten hoch, ganz hoch, das Wasser kommt..."
    Daria erhob sich und umarmte die alte Dame herzlich. "Oh, Norma Jean, einfach ist es nie, wir beide wissen das. Nochmals, vielen Dank. Sie wollen wirklich hier bleiben? Nun, Sie haben mir mehr als ein Geheimnis anvertraut. Ich werde das Ihre bewahren. Eine letzte Frage: Konnte Tony Curtis wirklich so verdammt gut küssen?"
    " Dr.! Ms. M.! Bitte!" Sean Gandi hüpfte beinahe vor Aufregung. "Uns bleibt keine Zeit. Kommt mit, alle beide!" Er versuchte, die beiden Damen am Arm aus dem Zimmer zu zerren. "Wollt ihr mich nicht verstehen? Seht selbst! Die Flutwelle kommt. Na ja, sehen kann man sie noch nicht, aber hören. Und jetzt los!"
    " Er sah besser aus, als er küssen konnte!", kam Norma Jeans trockene Antwort. Sie sprach völlig gelassen, klammerte sich aber in heftiger Abwehr von Sean Gandis Versuchen an die Lehne ihres Kanapees.
    Daria drückte besänftigend die erstaunlich kräftige Hand der alten Dame. "Was ich jetzt tue, tue ich nicht gerne, Norma Jean, aber aus vollem Herzen. Ich schulde Ihnen was." Sie holte kurz aus und hieb ihrer Gastgeberin die geballte Rechte auf das Kinn.
    »Wow!« , jubelte Stimmchen. »Edel sei der Mensch, hilfreich und gut. Von wem war das? Und ich dachte immer, Muhammad Ali war der Größte oder Wild Bill Hickock...«
    Norma Jean Mortenson sank völlig überrumpelt in sich zusammen, ohne den geringsten Laut von sich zu geben.
    "...und John Wayne leitete eine Höhere Töchterschule", nuschelte Daria. "Verdammt, Sean, gucken Sie mich nicht so entsetzt an. Das war unsere einzige Chance. Sie wäre niemals freiwillig mit uns gegangen. Hat sie selbst eben erst bekräftigt."
    Sean Gandi verkniff sich jeden Kommentar, lud die Ohnmächtige ohne viele Umstände auf die Arme und hastete, so schnell das zusätzl iche Gewicht und seine Kraft es erlaubten zum Strand und dem Verbindungspfad nach Aurora.
    Daria trabte im lockeren Laufschritt neben ihm her und blieb dann plötzlich stehen, um zu lauschen. Die Luft jaulte und vibrierte. Ein eigentümlicher Heulton quälte ihr Gehör und die Augen brannten. Vielleicht vom Weinen. Oder vom schlechten Gewissen. Ihr Mund war trocken, die Schleimhäute spröde und rissig. Trotz ihres Laufte mpos schwitzte sie überhaupt nicht. Die gesamte Luftfeuchtigkeit schien von einem gigantischen Wirbel abgesaugt zu werden. Der Wind schmeckte metallisch und pfiff mit gleichbleibender Heftigkeit wie durch einen verlassenen U-Bahntunnel...
    Sie lauschte noch einen Augenblick. Dann spürte sie einen eiskalten Luftzug im Nacken und begann zu

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