Die Maya-Midgard-Mission
Kraftakte."
" Woher wissen Sie, dass dieses Monster ein U-Boot aus dem Krieg ist, Pater?", fragte Virginia Gluth.
" Ich war zwei Jahre als Militärpfarrer für die UNO im Einsatz auf einem indonesischen U-Boot im Persischen Golf. Das Boot war dem hier ziemlich ähnlich und außerdem Made in Germany. Nun, ein wenig geräumiger war die Pugnacious vielleicht ..."
Es dauerte nur wenige Minuten, bis sich die Aureolen aus ihrem E rschöpfungsschlaf in einem Zustand ungläubiger Sprachlosigkeit rings um das Wrack eines Unterseeboots scharten. Was sie in der Dunkelheit für einen schützenden Felsüberhang gehalten hatten, entpuppte sich bei anbrechendem Tageslicht als die Überreste einer Jahrzehnte alten Nazi-Wunderwaffe. Wolf Martens hatte ein Wappen am mächtigen Kommandoturm entdeckt. Kaum angenagt vom Zahn der Zeit ließ die Heraldik der U-Bootfahrer keinen Interpretationsspielraum zu: ein Höllenhund namens U 46 spuckte Feuer und versengte den mit den Farben des Union Jack bemalten britischen Löwen die Mähne.
U 46 musste sich auf erfolgreicher Feindfahrt befunden haben, bevor ihm ein zorniger Feind das nahezu komplette Heck bis wenige Meter hinter dem Brückendeck abgeschossen hatte. Die Spuren des Kampfes und der Zerstörung hatten den Höllenritt von U 46 durch die Dimensionen von Zeit und Raum überdauert. Die Wucht der tödlichen Explosionen ließ sich leicht am ausgezackten Rumpfende des Kriegsschiffes ablesen. Wie das Wrack allerdings in eine lichte Höhe von 1000 Metern über dem Meeresspiegel gelangt war, darüber spekulierten die Umstehenden erregt; denn langsam wurde auch dem größten Optimisten klar, dass Menschen in dem Naturschauspiel der letzten Tage bestenfalls Statisten waren. Eine Bestie von Sturm, ein Vulkanausbruch, ein völlig verändertes Klima, ein verschwundenes und dann mit mindestens einem Tsunami zurückkehrendes Meer, das alles ging weit über gewöhnliche Wetterlaunen hinaus. Als hätte es eines weiteren Beweises für die gewaltige Notlage der Aureolen bedurft, hatte die Natur das unterste zuoberst gekehrt und ein U-Boot als Mahnmal auf den Heiligen Berg Auroras gespuckt.
Yaphet Kialu war bäuchlings über den rostigen Rumpf bis hin zur Einbruchstelle gerobbt und ließ ein aus Decken improvisiertes Seil in die stählerne Hülle hinab.
"...aber ansonsten ist dieses Urviech erstaunlich gut in Schuss. Das hier unten sind die vorderen Presslufttanks. Hmm, die Wasserschotte sind nicht geschlossen, das Boot muss also überraschend und schnell gesunken sein. Hier, die Verankerung des Deckgeschützes, sieht beinahe aus wie frisch geölt..."
In der Öffnung des Rumpfes erschien Yaphet Kialus glänzendes G esicht. "Ein Naziboot, ein Naziboot!", rief er aufgeregt. "Sind alle gesund und munter unter Bord? Braucht jemand Hilfe?"
" Danke, Yaphet", sagte Virginia Gluth. "Alle unversehrt. Aber so eine Kreuzfahrt durch die karibische Bergwelt macht Appetit."
" Ich habe eine Wurzel", sagte Yaphet und zog eine verschrumpelte Möhre aus seiner Hosentasche.
" Danke, mein Freund!", rief Domnall O'Domhnaill und drückte mit der Schulter ein aus den Nieten geplatztes Schott beiseite. "Aber ich glaube, Virginia meint eine andere Art von Appetit..."
" Hunger auf Abenteuer", sagte Virginia Gluth und folgte dem großen Iren. "Ich glaube, Aurora ist, was das betrifft, einsame Spitze. Also, mir gefällts hier echt gut..."
Daria spürte einen seltsamen Unmut in ihr aufsteigen, wollte zu einer heftigen Antwort ansetzen, aber besann sich im let zten Augenblick. Nicht, dass die Ereignisse der letzten Tage ihren Abenteuerdurst gestillt hatten. Sie wusste, weshalb sie hier war. An ihrer Entschlossenheit, die Bücher der Sechsten Sonne zu finden, hatte sich nichts geändert. Mitunter zehrte die Sorglosigkeit der einstigen Urlauber an ihren Nerven. Virginia Gluth, zum Beispiel, die junge Britin war ein wahrhaft oberflächliches Geschöpf. Flatterhaft genug, sich dem zwielichtigen Caldera anzuschließen, eine typische Vertreterin der jungen Generation. Immer interessiert an seichter Zerstreuung, an dem prickelnden Geschmack von Gefahr und Aktion, aber selten bemüht, hinter die Hülle zu schauen.
»Hei ho, die reife Wissenschaftlerin kommt langsam in die Jahre«, höhnte Stimmchen. »Eifersüchtig?«
Daria schrieb ihren Unmut einem Überdruss an Abenteuern zu und zupfte an Domnalls Hosenbein.
"Dom, du alter U-Boot-Mann, wo ist die Kombüse? Kannten die Nazis schon so was wie Konservenkost?"
" Ich komm
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