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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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schwarze Gesicht nickte ihr weiterhin freundlich zu, blieb aber körperlos und stumm. Ihre Augen waren noch geble ndet vom grellen Traumlicht im Tunnel ihrer Wiedergeburt.
    Sie spürte, wie ein cremig-feuchter Schwamm über ihren nackten R ücken strich und krümmte sich wohlig. Als Katze hätte sie geschnurrt. Sie hockte in einer Art Badewanne. Ein schwarzer Mann wusch sie mit einem Schwamm. Es roch angenehm nach Kräutern und immer noch nach Milch. Ein Schwarzer wusch sie mit Kamelmilch? Vielleicht träumte sie doch noch. Doch langsam verengten sich die Pupillen und gewöhnten sich an das Dämmerlicht.
    Daria Delfonte konnte erkennen, dass sie nicht alleine geb adet wurde. Da waren noch vier andere Wasserbecken, in denen nackte Frauen, deren Haut weiß im Halbdunkel glänzte, von schwarzen Männern mit stiller Hingabe gewaschen wurden. Die Szene hätte direkt aus einem Stummfilm entsprungen sein können, chaplinesk, wie sie sich in ägyptischer Finsternis abspulte. Die Stimmung war nach Darias Empfinden jedoch seltsam entrückt und einen Sternenwurf weit entfernt von Slapstick oder billiger Salonerotik der Zwanziger. Sie spielte weniger in einer erotischen als vielmehr in einer spürbar feierlichen, beinahe weihevollen Atmosphäre. Sie musste in eine heilige Zeremonie hinein geraten sein.
    Dann hörte sie leises Lachen von gegenüber. Eine junge Frau b espritzte ihren Bademeister mit Kamelmilch.
    " Virginia? Virginia! Virginia Gluth!", rief Daria erregt und wollte aufspringen. Die riesige, aber sanfte Pranke ihres schwarzen Baders drückte sie zurück in den Hocksitz.
    " Virginia, schau mich an! Ich bins. Daria, Daria Delfonte, Indiana Jane, die Büchersucherin. Virginia! Hilf mir, ich verstehe es nicht, Virginia, ich begreife es einfach nicht! Wie kommst du nach hier? Wo sind wir? Virginia, ich bins, Daria, erkennst du mich denn nicht?"
    Die junge Frau mit den selbst im Dämmerlicht leuchtenden kupferr oten Haaren lächelte scheu zu Daria herüber. Aber ihr Gesicht zeigte nicht die Spur eines Wiedererkennens. Sie schien Daria nicht einmal zu verstehen.
    " Ach komm, Virginia, oder Cucul Patz Kin? Erinnerst du dich auch nicht an Chac Balam, deinen Sohn, an Ragnar, Carlos Caldera, Kabyum Kin, Caupolican, FeuerLicht, MondAuge, an Pater Dom und William Kautsky, an... Gut, ich sehe es dir an, du verstehst mich nicht. Aber Virginia, du musst, du hast mich zuletzt erinnert, dass diese Bücher, denen ich seit drei Menschenleben hinterherhetze, mehr eine Sozialutopie oder eine Vision sind, als handfeste Manuskripte. Du hast mir doch ihr wahres Wesen enthüllt, um dann zusammen mit deinem Drogen-Don-Juan die einzigen gegenständlichen Beweise ihrer Existenz zu entwenden. Was… Ach, Du verstehst meine Sprache nicht, stimmts? Und nun wirst du immer jünger und schöner – und immer vergesslicher! Kannst dich nicht erinnern, nicht mal an dich selbst? Virginia Gluth, du Zeitenspringerin aus London, du warst Journalistin, die Geliebte des Drogenbarons Caldera, eine Frau, die Orientierung suchte, die spröde Britin mit der blassen Haut, dem Rotschopf und dem Temperament einer irischen Banshee. Willst du nicht oder kannst du nicht?
    Und von den Leporellos, den Büchern der Sechsten Sonne – der Sieben Sonnen, wie die Maya vom MorgenrotLand sie nannten oder nennen? Ich bin ja selbst völlig durcheinander. Hab keinen Schimmer."
    Daria Delfonte verstummte abrupt und überließ sich für Augenblicke den knetenden Kräften ihres stummen Bademeisters.
    "Die Bücher", fuhr sie wenig später fort, "sind hier und dort und dann und wann in den Zeitaltern aufgetaucht und haben Unwissende wie mich in helle Aufregung versetzt. Und am Ende, also eigentlich noch ziemlich am Anfang unserer Geschichte, als ich die Bücher zum ersten Mal fand, da bist du mit Caldera auf der Bildfläche erschienen, und ihr habt sie mir stibitzt. Nicht mal einen Kommentar, Virginia?"
    Daria Delfonte steigerte sich in eine gerechte Empörung. Mit dem Zorn schoss auch das Adrenalin durch ihren Körper und brachte das Blut in Wallung.
    »Tauchsieder in Kamelmilch« , kicherte Stimmchen, »gleich kochts über.«
    "Die einzige Konstante bist du!", dachte Daria. Ohnmacht und Übertritt in eine andere Zeit waren beinahe vergessen. Nur der stumme Schwarze hielt sie mit sanft kreisendem Schwamm im Zaum. Zum zweiten Mal waren ihr die Diebe der Bücher der Sechsten Sonne entkommen. Zum zweiten Mal hatten sich Mächte der geheimnisvollen Schriften angenommen, die sich ihrem

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