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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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mehrmals Berichte von Gräueltaten unvorstellbarer Menschenverachtung in der Neuen Welt zu Ohren gekommen. Damit verglichen sei unsere Inquisition ein Laienspiel. Vielleicht hätte ich mit den Gesandten Karls über andere Dinge, als nur über Handelsgeschäfte reden sollen."
    " Wären diese Ereignisse in der Neuen Welt nicht ein Thema für deine Bücher, Thomas? Hans Leuwen behauptet steif und fest, dass auch die Eingeborenen seiner Inseln Bücher kennen. Er hat sie mir genau beschrieben."
    " Oh, Erasmus, du bist ein Junggeselle; ein Mann der Muße. Dein Geist findet erquickende Ruhestunden. Deine Gedanken können sich in gebührender Langsamkeit entwickeln. Ich dagegen habe ständig mit Gerichtssachen zu tun: bald führe ich einen Prozess, bald höre ich zu, bald schlichte ich als Schiedsmann, bald entscheide ich als Richter, bald habe ich einen amtlichen, bald einen geschäftlichen Besuch zu machen. Für mich, das heißt für die literarischen Interessen, bleibt nichts übrig. Denn komme ich heim, muss ich mit meiner Gattin plaudern, mit den Kindern schäkern, mit dem Hausgesinde sprechen; das rechne ich alles zu meinen Verpflichtungen, weil es geschehen muss, wenn du nicht im eigenen Haus ein Fremdling werden willst. Und man muss sich überhaupt Mühe geben, sich den Menschen, die einem Natur oder Zufall oder eigene Wahl zu Begleitern auf dem Lebenswege mitgegeben hat, so freundlich als nur möglich zu erweisen. Über alledem, was ich genannt habe, geht der Tag, der Monat, das Jahr dahin: wann also soll ich zum Schreiben kommen? Dabei habe ich noch gar nicht vom Schlaf gesprochen und nicht einmal vom Essen…"
    " Genug, genug!", rief Erasmus belustigt. "Mir scheint, was du zum Schreiben brauchst, ist eine schöpferische Pause."
    " Und wo soll ich die finden? In meinem Haus vereinnahmt mich die Familie, im Landhaus stürmen die zahlreichen, kleinen und überaus lästigen Pflichten des Hausherrn auf mich ein. Am Hofe wartet ein ratsuchender König und auf Gericht streitsüchtige Bürger. Der einzige Ort, an dem ich ein wenig Muße fand, war der Garten am Haus des Peter Gillis."
    Erasmus machte ein nachdenkliches Gesicht. Aber die zuckenden Lachfältchen um seine Augenwinkel herum verrieten sein heimliches Vergnügen an ihrem scheinbar so ernsten Gespräch. "Mir scheint, die Ruhe für dein künstlerisches und philosophisches Schaffen, findest du nur auf den Inseln Nirgendland, im Orte Nirgendwo. Utopia, Thomas! Der Geograph, Hans Leuwen, hielt sich in Peters Haus allein zu dem Zweck auf, eine Karte jener Inseln anzufertigen. Er könnte dir einen Hinweis geben, wo diese Eilande liegen. Und einmal dort, müsstest du nicht einmal auf eine Bibliothek verzichten; denn nach Leuwens Aussage haben die Heiden all ihrer Gottlosigkeit zum Trotz doch eine eigene Bibel: sie nennen sie die Bücher der Sechsten Sonne. Genau betrachtet scheint mir, ihr Gott könnte diese Sonne sein; eben jene sechste. Und damit wäre der Gottlosen Gott dem unseren so unähnlich gar nicht."
    Thomas More hatte Erasmus ' Ausführungen ohne äußere Regung gelauscht. Sein Mienenspiel verriet nicht, ob er die Worte seines Freundes ernstnahm, oder ob er sich an ihrem leisen Spott erfreute. Er hielt seine Hände wie zum Gebet gefaltet und presste die Fingerspitzen an seine schmalen Lippen. "Sag mir, du Jäger in alten Bibliotheken, wusste dein Geograph zu berichten, was diese Bücher beschreiben und wovon sie erzählen?"
    " Würdest du seinen Behauptungen denn Glauben schenken?", fragte Erasmus ketzerisch.
    Thomas More lächelte. "Das müsste ich dich fragen, Erasmus. Schließlich kennst du den Mann."
    " Nun, jetzt, da du es sagst... Bisher habe ich seine Geschichte für das Hirngespinst eines religiös verwirrten und finanziell pressierten Geographen gehalten, der sich der Alten Welt möglichst auffällig in Erinnerung bringen wollte. Doch, wenn ich es recht überlege, dann muss ich zugeben, dass es die Inseln der Sechsten Sonne genauso geben könnte, wie die gleichnamigen Bücher: Die Schilderung des Leuwen war sehr gegenständlich und enthielt eine Menge nebensächlicher Kleinigkeiten, die zu erfinden mir der Mann weder genügend Geist noch das nötige Quantum Phantasie zu haben schien." Erasmus zitierte Hans Leuwen ausführlich und beschrieb seinem Freund eine fremdartige Natur ebenso wie eine – abgesehen von den Büchern – in der Alten Welt völlig unbekannte Art und Weise, das geschriebene Wort für die Nachwelt festzuhalten. "Steinerne Bäume

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