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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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und eine Sprache aus Bildern", sagte er endlich, sich selbst zitierend. "Bei meiner Seel', ich glaube fast, ich habe mich von besserwisserischem Hochmut leiten lassen, und dieses Nirgendland ist doch ein Irgendland, nämlich das Eiland der Sechsten Sonne."
    " Aber Nirgendland gefällt mir besser", sagte Thomas More entschlossen. "Denn nirgendwo sonst sind die Menschen frei von Hochmut, Ehrgeiz und Machtstreben. Nirgendwo sonst sind sie sicher vor Habgier, Ausbeutung, Armut und Not. Was immer die Bibel der Gottlosen uns auch sagen wird, zuerst müssen wir den Gottesfürchtigen helfen, unsere eigene Bibel besser zu verstehen. Der Sechsten Sonne müssen fünf andere vorausgehen."
    Erasmus nickte schweigend.
    Und im offenen Kamin sahen die Freunde dem langsamen Verglimmen der Glut zu.
    –
    SCHWEIZ, BASEL, 14. Juli 1535
    Liebste Margaret,
    Mit Mores Tod scheine ich selbst gestorben zu sein, wir hatten gemeinsam nur eine Seele. Tief erschüttert traf mich die Nachricht von seiner Hinrichtung. Schon spüre ich auch meine Lebensgeister schwinden. Doch Worte der Trauer vermögen meinem Schmerz keinen Ausdruck zu geben; deshalb will ich sie mir versagen und stattdessen die Worte und den Geist Deines Vaters in der Hoffnung zu Dir sprechen lassen, dass sie Dir und den Deinen Trost spenden mögen in dunkelster Zeit. Dir die warmherzige, humorvolle Persönlichkeit Deines Vaters zu schildern, hieße: die Sonne mit der Laterne zeigen zu wollen. Ich will mich deshalb auf ein Epigramm aus Deines Vaters Feder beschränken, das seine Obhut Euch Kindern gegenüber aufs Trefflichste beleuchtet. So höret denn seine Worte:
    ' Die Natur hat in ihrer Weisheit Eltern und Kinder miteinander verknüpft und sie seelisch mit einem Herkulesknoten aneinander gefesselt. Dieses Band ist die Quelle meiner Ehrfurcht für euren noch unreifen Geist; eine Ehrfurcht, die mich dazu bringt, euch oft in meine Arme zu schließen. Dieses Band ist der Grund, warum ich euch regelmäßig mit Kuchen füttere, euch reife Äpfel und Birnen zustecke. Dieses Band ist auch der Grund, warum ich euch in Seide zu kleiden pflege, und weshalb ich es nie ertragen konnte, euch weinen zu sehen. Ihr wisst, wie oft ich euch geküsst habe und wie selten geschlagen. Meine Rute war immer eine Pfauenfeder.' Das also war Euer Vater: Thomas Morus. Seine geistige Kraft beschien die Menschen wie ein strahlendes Licht. Wen er berührte, dem wurde Wärme geschenkt. Sein Werk erhellte eine dunkle Zeit. Nur Lug und Trug vermochten es, die Flamme zum Erlöschen zu bringen: Nun ist es finster und kalt. Wir vermissen ihn jeden Tag. Die ihn töteten, werden bald vergessen sein. Doch sein Licht wird auch in hundert Jahren noch leuchten. Thomas Morus, Lordkanzler von England, dessen Seele reiner war als der reinste Schnee, dessen Genius so groß war, wie England nie einen hatte, ja nie wieder haben wird, obgleich England eine Mutter großer Geister ist. Was Ihr seid, seid Ihr durch Ihn geworden. In Euch und Euren Kindeskindern wird er und werden seine Ideale weiterleben. Ich bin sicher, dass Thomas More längst auf Utopia weilt. Die Sechste Sonne wird meinem Freund und Eurem Vater für immer scheinen.
    Mit Euch zittert und weint:
    Euer Lehrer, Bewunderer und Freund
    ERASMUS VON ROTTERDAM
     
                                
    ***

15 Che Guevaras Geliebte
     
    zu sein, stellte Daria Delfonte sich nicht besonders leicht vor. Che war auch nur ein südamerikanischer Macho mehr – wenn auch ein gebildeter Gockel mit revolutionärem Gedankengut.
    Chiclana Cissé war zehn Jahre jünger als der weltberühmte Berufsr evoluzzer. Sie hatte ihn während seiner Zeit als kubanischer Minister kennen- und lieben gelernt. Nach der Hinrichtung ihres Geliebten in Bolivien war Chiclana in die guatemaltekische Heimat zurückgekehrt. Dort war sie bei einem Schamanen in die Lehre gegangen. Und dreißig Jahre später hatte Daria sie bei einem Trommelritual zur Einsegnung eines Brunnens auf der Stadtinsel Flores in Guatemala getroffen. Chiclana hatte die Wissenschafts-Touristin angesehen und gesagt: "Was immer du suchst, deine Augen zeigen mir, dass du es finden wirst – allerdings nicht hier und jetzt!"
    Die beiden Frauen hatten sich angefreundet. Und zum Abschied hatte die Schamanin Chiclana Cissé Daria die Entdeckung ihres Krafttieres geschenkt. Der Adler war ein Einzelgänger mit großer Kühnheit und einem scharfen Blick. Wann immer Daria ihr Krafttier brauchte; seit 15 Jahren kannte sie

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