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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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war ein Examensgeschenk ihres Vaters gewesen, der es selbst gegerbt, gefärbt und genäht hatte. Sie trennte sich nie von dem robusten Gepäckstück. Auf manchen Expeditionen hatte sie dieses Ungetüm lieb gewonnen, weil es sich mit seinem komplizierten Innenleben und den tausend Seitentaschen als äußerst zweckmäßig erwiesen hatte. Sie wühlte im Sammelsurium der nützlichen, kleinen Dinge und holte eine Schmuckschatulle aus Walbein ans Licht, die nicht größer als eine Kastanie war. In ihrem Inneren ruhten zwei Ringe aus Rotgold, ähnlich dem Bernsteinring des Wikingers, aber jüngeren Datums: Darias und Herberts Verlobungsringe, die sie nach bestem Wissen und Gewissen seit nahezu zwei Jahrzehnten in der Walbeinschatulle aufbewahrt hatte. Eines dieser Schmuckstücke würde vielleicht über das Schicksal der Fünfte-Sonne-Mission entscheiden. Sie durfte es niemandem zeigen. Die wissenschaftliche Reputation ihres gesamten Teams stand auf dem Spiel. Ganz zu schweigen, dass sie selbst als Archäologin für alle Zeiten erledigt wäre, würde das Geheimnis dieses Ringes je an die Öffentlichkeit dringen. Der größere Ring enthielt eine Gravur: "Daria – In Liebe." Das Problem war nur, dass sich dieses Kleinod bis vor weniger als 40 Stunden nicht in der angestammten Schatulle sondern am rechten Ringfinger des Wikingerwächters befunden hatte.
    Die Wissenschaft neigte schnell dazu, das Unerklärliche als Betrug oder Fälschung abzutun. Wie in der Religion ging es allzu oft um Pol itik und Macht, um Angst und um Unterdrückung und weniger um das Erkennen des wahren Wesens aller Phänomene. Mit welchem Phänomen sie es hier zu tun hatte, verschloss sich im Augenblick allerdings auch ihrem Verständnis. Es gab weder eine logische noch eine intuitive Erklärung für Darias Verlobungsring am Finger eines vor ungefähr tausendzweihundert Jahren verstorbenen Wikingers. Die Schusswunde machte die Erklärungslücke nicht kleiner.
    Daria Delfonte seufzte leicht, dachte an ihr anhaltendes G efühl von Déjà-vu und blickte aus dem Fenster. Das leuchtende Blau des morgendlichen Himmels war einem wächsernen Grau gewichen. Sogar aus 4000 Meter Höhe ließen sich überkreuzende Muster von angeblichen Kondensstreifen in 10 Kilometer Flughöhhe über ihr erkennen. Rätsel, Widersprüche und Herausforderungen, wohin man blickte. Was früher gewöhnliche Flugzeug-Abgase gewesen waren, die sich je nach Luftfeuchtigkeit in 5 bis 15 Minuten aufgelöst hatten, das waren heute blumenkohlige, krank aussehende Flugzeugschweife, die sich stundenlang verbreiterten und in ihrer Summe innerhalb eines halben Tages den gesamten sichtbaren Himmel verdecken konnten. Manche trugen einen chemisch schillernden Harnisch und zeigten durch ihre Kurven und Kehrtwenden, dass sie keine Ergebnisse normaler Verkehrsflugwege waren. Die Leute, die sie nicht leugneten, nannten sie Chemtrails. Und Daria hatte einen erschreckenden Film im Internet gesehen, der alle zurzeit verfügbaren Informationen zu diesen sogenannten Chemtrails zusammentrug. Es ging um Klimaveränderung. Es ging um Missbrauch von Macht. Und wie immer ging es auch um Manipulation.
    Womit sie wieder beim Thema wäre: Wikinger, Karibik, Spiralinseln, Tätowierung, Schusswunde, Ring, die Bücher der Sechsten Sonne. Wahrheit inmitten eines Ozeans der Lügen. Orientierung im Meer der Manipulationen.
    Daria senkte ihren Blick. Wo am Horizont das Azur des Himmels mit der tintenblauen Tiefsee verschmolz, war ein schmaler Streifen Grün zu erkennen und bald darauf die Gipfel der Blue Mountains. Die Maschine der MexAir begann ihren Landeanflug auf Jamaika.
    Daria seufzte schwer er und rieb sich mit einem feuchten Tuch über das Gesicht. Zwar hatte sie als Wissenschaftlerin gelernt, unlösbare Probleme aufzuschieben, bis bessere Voraussetzungen für ihre Lösung geschaffen waren. Aber die Welt um sie herum veränderte sich in einem rasenden Tempo. Und ihre persönlichen Veränderungen strebten in ein halbes Dutzend gegenläufiger Richtungen. Zumindest kam es ihr manchmal so vor. Da musste der dreigliedrige Mensch von heute mächtig aufpassen, dass Körper, Geist und Seele nicht auf Nimmerwiedersehen auseinanderdrifteten.
    » In Wahrheit bereitet Jamaika dir Bauchweh! «
    Mit Jamaika wa ren zwiespältige Gefühle für Daria verbunden. Ihr letzter gemeinsamer Urlaub mit Herbert und den Kindern lag 7 Jahre zurück. Sie konnte sich noch gut an die Familienidylle in der Montego Bay erinnern. Damals war Herbert

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