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Die Maya Priesterin

Die Maya Priesterin

Titel: Die Maya Priesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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selbs t heraufbeschwore n hatte . Dieg o sa h ih n a n . De r hagere Prieste r ta t ih m lei d . »Abe r wa s würd e den n geschehen« , fragte er , »wen n Eur e Prieste r de n Diens t a m Kalende r fü r einen einzige n Ta g ruhe n ließen?«
    Der oberste Kalenderpriester riß die Augen au f . Sein Kehlkop f zuckte . De r bloß e Gedank e schie n ih m de n Atem abzuschnüre n . »Unausdenkbar« , bracht e e r endlic h hervor . »Die Folg e eine s solche s Vergehen s wär e de r Untergan g von Tayasal!«
    Für einen Moment war Diego versucht, sein Gegenüber anzuherrsche n . Narr ! Doc h e r bezwan g sic h . Nicht um den Kalenderprieste r z u schonen , sonder n u m seine s eigenen Überlebens wille n . Wa s fü r ei n Tollhaus , dacht e e r wieder . Seit vierhundert Jahren wurde in diesem Kalendertempel ein und dasselb e Schauspie l auf geführt. Ta g fü r Ta g . Angstvoll und perfekt . Farbenprächti g un d virtuos . Und dabei so sinnlos und entwürdigend , wi e nu r de r Teufe l selbs t e s erdenke n konnte .
    »Bitt e folg t mi r dor t hinauf , Brude r Pferd .« Ajxoka'nal deutet e au f de n schwarze n Quade r vo n zweif ache r Mannshöhe, de r sic h inmitte n de s Raume s erhob . Sieben, elf, dreizehn Stufe n . Neben dem Kalenderpriester schritt Diego hinau f .
    Obe n ware n Hundert e steinerne r Säule n i n di e Plattform eingelasse n . Mannshoh e Stelen , wi e e r nähertreten d erkannte, allesam t mi t Glyphe n übersät . Offenba r bildete n di e Stele n einen vollkommene n Kreis . Nu r direk t vo r ihne n wa r de r Zirke l noch unvollständi g . Zwe i letzt e Säule n mochte n fehlen , u m de n Kreis z u schließe n .
    »Jahressteine« , sagt e Ajxoka'na l . »Wi e Ih r siche r wißt , haben wi r fü r Jah r un d Stein ei n un d dasselb e Wort . Tu n. Zu m Ende eine s jede n Jahre s setze n wi r eine n Tu n i n diese n Krei s . Zwanzig Tun bilden ein Ka t u n . Zwanzig Katun ergeben ein Baktun , de n Krei s vo n vierhunder t Tu n . Seh t nur , e r is t fast vollende t . I n wenige r als einem Uinal werden wir den dreihundertneunundneunzigsten Jahresstein setze n . Nu r noc h ein gutes Jahr, Bruder Pferd, dann beginnt das Neue Reic h .«
    Da s Neu e Reich ? Dieg o horcht e auf . E s klan g wi e die Verheißun g Jes u . Nu r da ß diese r hinzugefüg t hatte : Me in Reich ist nicht von dieser Welt . Hinte r Ajxoka'na l tra t e r i n den Steinkreis . Flüchtig spürte er, wie eng die verbliebene Lücke war . Nur zwei Jahressteine noc h . Doc h sein e Aufmerksamkeit wurd e gleic h wiede r abgelenk t .
    I m Inner n de s Kreise s ware n di e obe rste n Priester versammelt . Zwe i Dutzen d würdevolle r Gestalten , angeta n mit Robe n i n alle n Farbe n de s Regenbogen s . Der Lahkin, klein und greisenhaft , i n goldene r Tunika . Der oberste Bücherpriester, eine beleibte Gestalt, kenntlich an seinem jadegrünen Habit. Auf eine m Thron , al s einzige r s itzend , lehnt e de r Canek . Gehüll t in ein e schillernd e Schlangenrobe , sei n Blic k schläfri g wi e stets . Auc h jene r bullig e Prieste r mi t de n graue n Haare n un d der nebelfahle n Rob e wa r zugegen , de r sic h a m Vormitta g be i der Pfe r degottmess e verspäte t hatte . Außerdem weitere oberste Priester , ausnahmslo s Männe r i n mittlere n ode r spätere n Jahre n . Doch sie alle nahm der Pater in diesem Moment überhaupt nicht wah r .
    E r verharrt e nah e de r Lück e i m Steinkreis . S o reglos , al s wäre e r sei n erseit s zu m Jahresstei n erstarrt . Neben dem Canek stand ein e jung e Fra u . Nu r si e sa h er , z u ihre m Bil d verdichtet e sich ih m di e Welt .
    Si e wa r hochgewachsen , vo n schlanke r Gestalt . Ihr e Hau t wie heller Kakao, schimmernd unter der silberfarbenen Tunik a . Die Auge n ei n weni g schräg , di e Lippe n vol l un d überau s ro t . Ein silberne r Halbmon d ziert e ih r Haar , darau f ei n Kaninchen, silbri g wi e da s Gestirn , au f de m e s ritt . Silberne Fäden strömten vo n de r Mondsichel , wi e Lichtstrahlen , dreiundzwanzi g a n der Zah l . E r s tarrte sie a n . Die silberne Fra u . Ixkuku l .
    Irgendwo im Kalendertempel ertönte aufs neue jenes malmend e Geräusc h . Dump f un d unheilvoll . E r nah m e s kaum wah r .
    I n seine m Inner n erklan g ei n helle s Lache n . T i k 'ab'a ' Ixqui c . Endlich hatte er sie gefunde n . E r ve r schlan g si e mi t seinen Blicke n . Fra u Welle . Sie sah überwältigend au s . Noc h weitaus zauberhafte r al s i n seine r Erinnerun g . Un d si e gehört

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