Die Maya Priesterin
verlern t . A b e r i n de r Anfangszeit Tayasal s wurde n viel e Pyramide n imme r auf s neu e umbaut . In kurze n Abständen , z u Begin n jede s zweite n ode r dritten Katun s .«
»All e vierzi g ode r sechzi g Jahre? « De r Pate r ri ß di e Augen au f . Allmählic h verstan d e r ga r nicht s meh r . »Aber w arum glaubst du, daß es sich hier bei der Bücherpyramide anders verhält ? Da ß dies e inner e Pyramid e scho n gestande n hat , als eur e Vorfahre n Tayasa l gründete n - sagtes t d u nich t so?«
»Viel e sage n es , ehrwürdige r Herr . Auc h wen n nieman d sich offen zu diesem G laube n bekenn t . I n eine r Überlieferun g heißt es , di e Suc h - und Weihepriester seien tief bestürzt gewesen, als sie gegen Ende des letzten Baktuns hier auf der Insel eintrafe n . De m Anschei n nac h wa r e s di e Stätt e ihre s Neue n Reiches , wie de r Cane k si e i n ein e r Visio n geschau t hatte . Un d doc h stand bereit s ein e Pyramid e au f de m höchste n Punk t de r Inse l . Wie konnt e e s d a di e vo n de n Götter n gewünscht e Stätt e sein?«
Julkin verstummte, doch Diego bemerkte es kau m . Seine Gedanken überschlugen sic h . Wen n dies e Leg e nde wahr wäre, dacht e e r . Wenn schon Tayasal kein neu begründetes Reich war, errichte t i m unberührte n Dschunge l . Sonder n erbau t a m Ort eine r alten , aufgegebene n Stad t . Gedankenverloren sah er auf di e Stuf e nebe n sic h . Dor t zuckte n Julkin s Füße , vo r Ungedul d, endlich die Treppe hinabzusteige n .
Ohn e e s rech t z u bemerken , packt e de r Pate r eine n braunen Fußknöche l un d umschlo ß ih n mi t de r Faust . »Wie geht die Geschicht e weiter?«
De r Bücherprieste r san k i n di e Hocke . »Wi e e s heißt, beschlo ß damal s di e ober e Priesterschaft , di e alt e Pyramid e für imme r z u verberge n . Au f bewährt e Art , inde m ma n si e mi t der heutige n Bücherpyramid e umfaßt e . Al s di e niedere n Priester un d da s gemein e Vol k hie r i n Tayasa l eintrafen , wa r vo n der alte n Pyramid e nicht s meh r z u sehe n . Dennoc h besteh t seit damal s di e Legende , da ß Tayasa l a m falsche n Or t errichtet worden se i .« Sei n Gesich t verzerrt e sic h . »Bitte, Herr, Ihr tut mir we h .«
»Verzei h mir .« Bestürz t lie ß Dieg o de n Fu ß de s kleinen Priester s los . »Ic h wa r i n Gedanke n .« Wenn die Legende stimmte, zumindest im Kern, überlegte er wiede r . Lie ß si e sich nich t fü r sein e Zweck e gebrauchen ? Konnt e ma n si e mi t etwas Geschick so auslegen, daß die Götter niemals befohlen hatten, z u jede m Baktu n ei n neue s Reic h z u errichten?
Julkins Stimme riß ihn a u s seine n Gedanke n . »Viel e glauben es , werte r Herr . Da ß unse r Vol k damal s abgeirr t is t vo n dem vorbestimmten Pfad. Daß Tayasal nicht dort errichtet wurde, wo die Götter es wünschte n . Es würde so vieles, ja alles erkläre n . De n Fluch , de r sei t lange m au f un s liegt . De n Niedergan g unser Baukunst . Di e Vielzah l de r Überschwemmunge n und Dürrekatastrophe n . Schrecken und Düsterkeit, die auf unserer Wel t lasten , sowei t ic h zurückdenke n kan n .«
Narr! wollte Diego ihn anfahre n . Doch er verbiß sich jeden Tade l . Julki n w a r i n seine r Welt , ihre n Gleichnisse n und Gesetzen , befange n . Gin g e s ih m selbs t den n anders ? Wa r sein Denke n etw a frei ? Unsinn .
»E s erklär t etwa s gan z anderes .« E r sprac h i n Gedanken, wenige r z u Julki n al s z u sic h selbst . »Wenn diese Pyramide scho n hie r g estanden hat, als Tayasal begründet wurde, kann Tayasal niemals ein Neues Reich gewesen sei n . Bis dahin gebe ic h di r recht . Abe r e s besteh t noc h immer , nac h fas t vierhundert Jahren , i n Schönhei t un d Prach t .«
Jetz t ers t sa h e r Julki n a n . Sein e Stimm e wider h allt e vo n der Mauer über ihne n . »Wi e is t da s möglich ? Kanns t d u mi r das erklären, Julkin? Heißt es nicht, das Gebot, mit jedem Baktun ei n Neue s Reic h z u begründen , se i da s wichtigst e Gesetz , das di e Götte r euc h auferleg t h aben? Predigen eure oberen Priester nich t unablässig , da ß di e Götte r Tayasa l vernichte n werden, wenn ihr gegen dieses Gebot verstoßt? Wie kann es da sein, daß Tayasa l noc h imme r besteht ? Mi t manche n Sorge n und Problemen , gewiß . Abe r da s sin d nu r gering e Plagen , verglichen mi t de r angedroh t e n Strafe . Erkenns t d u nich t den Widerspruch?«
E r hiel t inne . Julki n stan d wei t
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