Die McKettricks aus Texas: Über alle Grenzen (German Edition)
Shep.
Und Paige saß einfach da, an dem langen Holztisch, an dem schon Generationen von McKettricks gesessen hatten. Sie hatten hier diskutiert und gestritten, sich ihre Sorgen anvertraut oder Frieden geschlossen. Paige dachte über Familien nach – wie kostbar sie waren, aber auch wie kompliziert. Und wie schrecklich anstrengend manchmal.
Wegen ihrer Schwestern und deren McKettrick-Männer steckte sie jetzt in dieser Klemme. Wenn Libby nicht beschlossen hätte, Tate zu heiraten, und Julie sich nicht in Garrett verliebt hätte, gäbe es für Paige keinen Grund, ihre Zeit mit Austin zu verbringen. Ganz zu schweigen von der Bitte, den Babysitter für ihn zu spielen.
Sie reckte die Schultern und schob das Kinn vor.
Nach der großen Hochzeit am Silvestertag konnte sie Blue River verlassen und irgendwo anders ihr Leben neu beginnen. Schon oft hatte sie mit dem Gedanken gespielt, noch einmal zu studieren, um Ärztin zu werden. Es gab auch noch andere Optionen, zum Beispiel für eine der internationalen Hilfsorganisationen zu arbeiten. Dort könnte sie ihre Fähigkeiten und Erfahrung sinnvoll einsetzen. Abgesehen davon würde sie ein Topgehalt bekommen, und es würde sich gut in ihrem Lebenslauf machen.
Am schwersten würde es für sie nicht sein, sich von ihren Schwestern zu trennen, auch wenn sie sich immer sehr nahegestanden hatten. Nein, was ihr am meisten zu schaffen machte, war die Aussicht, ihren fünfjährigen Neffen nicht mehr so oft sehen zu können.
Obwohl Calvins leiblicher Vater wieder Kontakt zu ihm hatte, war Julie eine alleinerziehende Mutter. Libby und Paige hatten ihr von Anfang an oft und gern unter die Arme gegriffen. Paige liebte das Kind ihrer Schwester, als wäre es ihr eigenes. Das Gleiche galt für Libby.
Darüber hinaus war Blue River ihr Zuhause und würde es immer sein. Sie war, wie ihre Schwestern, hier geboren, in demalten Backsteingebäude. Paige stand auf, denn sie wollte nicht ihren Erinnerungen nachhängen. Aber es war schon zu spät. Während sie ihre Handtasche und die Autoschlüssel zusammensuchte, ohne ein besonderes Ziel im Sinn zu haben, holte die Vergangenheit sie ein.
Sie war in dem bescheidenen kleinen Haus aufgewachsen, das ihre Eltern als Jungverheiratete gekauft hatten. Naiv und unerfahren wie sie waren, hatten sie wahrscheinlich geglaubt, sie würden immer zusammen sein.
Paige seufzte im Stillen. Sie öffnete das Garagentor per Schalter an der Wand und stieg in ihren Wagen.
Ihre Eltern hatten drei Kinder in drei aufeinanderfolgenden Jahren bekommen. Will Remington, ein begnadeter Lehrer, war zum Ehemann und Vater geboren. Ihm hatte das Familienleben gutgetan – im Gegensatz zu Marva.
Paige startete den Wagen und fuhr rückwärts auf die zementierte Auffahrt hinaus.
Obwohl Jahre vergangen waren, seit Marva sich einen tätowierten Lover genommen und verkündet hatte, ihr Leben als Mutter und Ehefrau mache sie einfach nicht glücklich, tat es manchmal noch weh. Marva war damals einfach verschwunden, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
Irgendwann war sie nach Blue River zurückgekehrt, um Kontakt zu ihren Töchtern aufzunehmen, die sie als kleine Kinder verlassen hatte. Bis zu einem gewissen Punkt hatte sie das sogar erfolgreich hinbekommen.
Sie blieb ein unsteter Mensch, hielt sich jedoch lange genug hier auf, um Libbys Coffee Shop völlig zu demolieren, indem sie mit ihrem Wagen durch die Vorderwand fuhr. Andererseits machte sie ihren Töchtern ein unerwartetes Geschenk in Form einer alten Lebensversicherung, in die sie umsichtig investiert hatte. Als wäre ihre Arbeit in Blue River damit getan, gab sie ihre Wohnung auf und kehrte nach Costa Rica zu ihrem Mann zurück, einem Proktologen im Ruhestand.
Paige war überhaupt nicht traurig darüber gewesen, dass ihre Mutter wieder einmal fortging. Zumindest war es keinVergleich zum ersten Mal.
Am Haupttor traf sie Tate, der mit seinem schicken Pick-up einen Pferdeanhänger zog. Garrett grüßte sie vom Beifahrersitz, indem er leicht an seiner Hutkrempe zupfte.
Paige vergaß ihre Mutter und winkte. Dann fuhr sie ein Stück zurück, damit Tate mit dem langen Gespann in die Auffahrt zur Ranch einbiegen konnte.
Er ließ das Seitenfenster herunter und nahm seinen Hut ab. „Hat Austin es schon geschafft, dir wegzulaufen?“, fragte er mit einer Mischung aus Amüsiertheit und Besorgnis.
Sie verzichtete darauf, ihm zu sagen, dass sie den Job als Austins Krankenschwester noch gar nicht offiziell angenommen hatte. „So
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