Die McKettricks aus Texas: Über alle Grenzen (German Edition)
erinnerte sie ihn. „Also gebe ich dir mein Zimmer. Ich schlafe in Calvins altem Zimmer.“
Austin war jetzt ganz nah bei ihr. „Wir werden gemeinsam nach dem Pferd sehen. Und anschließend lege ich mich gern in Ihr Bett, Schwester Remington.“
Die Vorstellung von Austin in ihrem Bett war äußerst verlockend. Aber so sollte sie nicht empfinden, nach dem, was er ihr angetan hatte. Egal, ob es zehn Jahre oder zehn Minuten her war – einmal Betrüger, immer Betrüger, oder? Sie sollte die Vorstellung, mit diesem Mann Sex zu haben, zutiefst abstoßend finden.
Stattdessen begehrte sie ihn. Heftig.
Sie ballte die Fäuste und schob sie in die Kapuzenjacke, die sie schnell übergezogen hatte. Erst da fiel ihr auf, dass es Austins Jacke war.
„Na schön“, gab sie nach und klang dabei weitaus ruhiger, als sie sich fühlte. „Sehen wir zuerst nach Molly.“
Wegen der Armschlinge kam Austin mit dem linken Arm in keinen Jackenärmel. Aber die Novemberkälte schien ihm nichts auszumachen.
Shep folgte ihnen. Wahrscheinlich wollte er sein Herrchen nach diesen drei Tagen, die dem Hund wie eine Ewigkeit vorgekommen sein mussten, nicht mehr allein lassen.
Während Austins Krankenhausaufenthalt hatte Shep die meiste Zeit auf einem Haufen ungewaschener Jeans und T-Shirts in Austins Kleiderschrank gelegen. Dort hatte Paige ihn am ersten Morgen entdeckt und sich Sorgen gemacht, als er weder fressen noch trinken wollte.
Am Ende war Calvin es gewesen, der den Hund dazu brachte, etwas zu fressen. Er ließ ihn das Futter aus der Hand fressen und ihn sogar aus der Hand trinken. Wenn Julie es ihm nicht verboten hätte, wäre Calvin sogar zum Schlafen zu Shep in den Schrank gekrochen, damit der Hund nicht so allein war.
Paige musste dabei unweigerlich an Austin denken, der inder ersten Nacht bei Molly im Stall hatte schlafen wollen.
Zwei Cowboys arbeiteten im Stall, als Paige und Austin dort ankamen. Der eine fütterte, der andere mistete Boxen aus. Vermutlich gab es auf der Silver Spur Ranch mehr Festangestellte als auf den meisten anderen Ranches. Einige Cowboys waren nur vorübergehend hier beschäftigt, dazu gehörten auch diese beiden.
Paige hatte sie noch nie vorher gesehen.
Austin offenbar schon.
„Hallo, Tom“, begrüßte er den Mann, der die Futtertröge mit frischem Heu auffüllte.
Tom nickte ihm zu. „Hallo, Austin“, erwiderte er freundlich. „Schlimm, was dir passiert ist. Tut mir leid, das zu hören.“
„Danke“, sagte Austin.
Der andere, jüngere Cowboy schaufelte eine Forke voll Mist in eine Schubkarre und zog dabei lässig an der Zigarette zwischen seinen Lippen.
„Hey, Reese, ich habe dir schon mal gesagt, dass das Rauchen im Stall verboten ist“, erinnerte Austin ihn.
Reeses Miene verfinsterte sich für einen kurzen Augenblick, aber dann grinste er. Er musste Anfang zwanzig sein, vermutete Paige, und abgesehen von seinen Aknenarben war er ein gut aussehender Junge.
„Tut mir leid, Boss“, sagte er, warf die Kippe in den Boxenmist und trat sie aus. „Wird nicht wieder vorkommen.“
Austin nickte ihm zu, als verlasse er sich darauf. Dann ging er zu Mollys Box.
Die Stute erwartete ihn bereits, denn sie wieherte froh und rieb die Schnauze an seiner Brust.
Paige registrierte, wie Reeses Blick Austin folgte, als er zu Molly ging. Offenbar hielt Austin die Angelegenheit für erledigt. Doch Paige spürte ein deutliches Unbehagen.
Als sie an dem Mann vorbeiging, lief ihr ein eigenartiger Schauer über den Rücken. Instinktiv beschleunigte sie ihre Schritte.
Shep, der Austin stets beschützen wollte, zeigte keinerleiAnzeichen von Besorgnis. Er war bei seinem Herrchen, und das genügte ihm vollkommen.
Reese machte sich wieder ans Ausmisten, Tom fütterte weiter das Vieh.
Und Paige sagte sich, dass sie nur gereizt war, weil sie nicht gut geschlafen hatte, seit auf Austin geschossen worden war. Jetzt, wo er wieder zu Hause war, schienen ihre Emotionen von einem Extrem zum anderen zu schwanken. Mal war sie glücklich, dann wieder verzweifelt.
Sie folgte Austin in Mollys Box und fühlte sich gleich besser.
Wegen der Armschlinge konnte Austin nicht viel mehr tun, als Mollys Nase zu streicheln und mit ihr zu reden. Paige versorgte die wunden Stellen, die das alte Halfter hinterlassen hatte. Sie desinfizierte sie neu und trug frische Salbe auf.
Über diese Arbeit vergaß sie Tom und Reese. Genau genommen vergaß sie alles um sich herum. Sie nahm nur noch Austin wahr, das vertrauensvolle Pferd
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