Die McKettricks aus Texas: Über alle Grenzen (German Edition)
und den Hund, der treu vor der Boxentür wartete.
Diesmal war das Verlangen, das sie verspürte, süß und seltsam. Etwas, das man genoss und dann wieder vergaß, denn sie wusste, dass es nicht von Dauer sein konnte.
Austin sah sie an, und sie errötete, wie so oft, wenn dieser Mann sie anschaute. Es schien, als würde er die Person durchschauen, die sie nach außen hin war: die kompetente Krankenschwester, Julies und Libbys freimütige Schwester und Calvins liebende Tante.
Und sosehr Paige ihre Familie auch liebte, so hart sie auch für den beruflichen Erfolg arbeitete, in diesem Augenblick konnte sie sich eingestehen, dass ihr das nicht reichte.
Sie wollte einen Ehemann, einen Liebhaber.
Sie wollte Kinder.
Sie wollte ein eigenes Zuhause.
Doch wenn es eines gab, was sie in ihrem Leben gelernt hatte, dann, dass etwas zu wollen nicht dasselbe war, wie etwas zu bekommen.
Als kleines Kind wollte sie, dass ihre Mutter blieb – wolltees mit einer Intensität, die sie noch heute spürte, selbst nach so vielen Jahren.
Sie wollte, dass ihr Vater den Krebs überlebte. Sie weinte und betete, doch William Remington, Ehemann mit gebrochenem Herzen und hingebungsvoller Vater, starb trotzdem.
Und lieber Himmel, wie sehr hatte sie Austin gewollt.
Plötzlich musste Paige in Mollys Box, die Finger voller antibiotischer Salbe, gegen die Tränen ankämpfen. Sie versuchte, sich zusammenzunehmen, und sagte sich, dass sie dankbar sein sollte für das, was sie hatte – zwei wundervolle Schwestern, einen Neffen, den sie wie ein eigenes Kind liebte, und einen Beruf, der sie ausfüllte. Sie war gesund, und sie lebte in einem freien Land.
Es war einfach falsch, mehr zu verlangen.
Oder?
Nachdem sie sich um das Pferd gekümmert hatten, öffnete Austin die Boxentür und ließ Paige hinaus in den Gang, wo Shep wartete. Schweigend gingen sie nebeneinanderher. Ihre Schultern berührten sich fast, aber nicht ganz. Erstaunt stellte Paige fest, dass es bald dunkel werden würde.
Hoch oben am Himmel leuchteten bereits die ersten Sterne. Austin nahm ihre Hand, und sie zog sie nicht weg.
Paige zog die Hand nicht weg. Sie erlaubte Austin, sie zu halten.
Er betrachtete das als Sieg, wenn auch als kleinen.
Die große Küche war leer.
Er zögerte und ließ Paiges Hand los. „Du musst mir dein Zimmer nicht überlassen“, sagte er. „Ich schaffe es problemlos nach oben.“
Ihre Miene verriet zuerst leichtes Erstaunen, dann Sturheit. „Das mag sein, aber wir müssen es ja nicht unnötig kompliziert machen, indem wir die Anweisungen deines Arztes ignorieren, nicht wahr?“
Vielleicht war es falsch, dass ihm das Geplänkel mit Paige so viel Spaß machte, aber das war ihm egal. „Es ist ein großesHaus“, erklärte er mit einer Handbewegung, die die Weitläufigkeit des Hauses andeuten sollte. „Auf diesem Stockwerk gibt es noch mehr Schlafzimmer. Esperanzas Zimmer ist zum Beispiel im Augenblick frei, und es gäbe noch andere Optionen.“ Er hielt inne, wohl wissend, dass er sie wütend machte. Genau das gefiel ihm daran. „Warum dein Bett, Paige?“
„Du bist absichtlich schwer von Begriff“, warf sie ihm vor, wandte sich ab und ging weiter. Sie überließ es ihm, ob er ihr folgen wollte oder nicht. Und natürlich folgte er ihr.
„Ich lade dich nicht dazu ein, mit mir zu schlafen“, fuhr sie fort, als sie in dem bescheiden möblierten Wohnzimmer der Gästewohnung standen. Paige musste das Licht einschalten, da es draußen immer dunkler wurde. „Da kannst du noch so entschlossen sein, alles falsch zu interpretieren, was ich sage.“
Die Gästewohnung gehörte zum ursprünglichen Teil des Hauses, das Clay Anfang des vergangenen Jahrhunderts mit seiner Frau gebaut hatte.
„Das hier sollte der Salon sein“, sprach Austin seine Gedanken laut aus.
„Salon?“
„Ja.“ Er ging zum Kamin, in dem kein Feuer brannte, und fuhr mit der gesunden Hand über die Schnitzereien im Kaminsims. Das Holz war dunkel und schwer, an manchen Stellen zerschrammt, aber gemacht für die Ewigkeit. Die Uhr, die Clay seiner Frau zur Hochzeit geschenkt hatte, stand auch noch dort. Sie tickte nach wie vor, laut und gleichmäßig. „Es gab einmal eine Zeit, da bestand das Haus im Wesentlichen aus diesem Bereich – aus dieser Wohnung und aus Esperanzas. Es gab noch ein Loft, aber oben war nichts ausgebaut.“
Die Arme vor der Brust verschränkt, beobachtete Paige ihn. Aber es wirkte nicht, als sei sie auf der Hut vor ihm. Er mochte es, wie sie den
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