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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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sehnte mich danach, Vorschläge für neue Schnitte zu machen und beim Abstecken und bei der Anprobe dabei zu sein, wenn die reichen Kundinnen sich dazu herabließen, uns in unserem alten Haus aufzusuchen. Doch meine Mutter lehnte alle diese Bitten ab, indem sie nur den Kopf schüttelte: »Ich sage es nicht gern, meine Kleine, aber du weißt, wie deine, äh, Stelle auf die Damen wirken könnte. Verstehe das bitte.«
    Ich stampfte mit dem Fuß auf. »Ich bin nicht klein, ich bin dreizehn Jahre alt, und ich verstehe das nicht! Rosa hat sich auch nicht an meinem Feuermal gestört.«
    Die Augen meiner Mutter wurden schmal. »Rosa ist fort«, sagte sie leise. »Und jetzt geh wieder an deine Arbeit.«
    Tränen der Wut schossen mir in die Augen, ich stampfte abermals mit dem Fuß auf, aber in diesem Augenblick spürte ich, wie etwas feucht an meinem Bein herunterlief. Ich blickte nach unten und unterdrückte einen Schrei.
    Ich hatte zum ersten Mal meine Regel bekommen.
     
    Als ich fünfzehn Jahre alt war, hatte ich meine Schneiderlehre abgeschlossen. Mein Gesellenstück, das ich auf Geheiß meiner Mutter anfertigen musste, war ein Kleid aus fuchsfarbenem Batist mit eingewebten Goldornamenten und Metallborte. Es hatte eine deutlich hochgesetzte Taille, einen farblich abgestimmten Samtgürtel sowie enge Oberärmel, die an der Schulter und am Ellbogen angenestelt waren. Der Rock war weit und nach vorn offen. Dieses Kleid hatte ich vom ersten Maßnehmen bis zum letzten Stich selbst gefertigt. Die höher als normal liegende Taille und die angenestelten engen Oberärmel waren meine Idee gewesen, die ich trotz der Einwände meiner Mutter durchgesetzt hatte.
    Signora Carducci jedoch hatte sich vom ersten Augenblick an begeistert gezeigt. Sie war eine gutmütige, für ihre Jahre schlank gebliebene Frau aus der Nachbarschaft, deren Figur mir als Vorlage gedient hatte.
»Grandioso, grandioso!«,
rief sie immer wieder, und ich freute mich, dass mein Werk sie so begeisterte. Andererseits bedauerte ich, ihr das Kleid nicht schenken zu dürfen, aber das kam, nach den Worten meiner Mutter, auf keinen Fall in Frage, weil der Stoff viel zu teuer gewesen war. Vielmehr sollte versucht werden, es einer ihrer vornehmen Damen zu verkaufen.
    Leider blieb mein Gesellenstück, das meine Mutter insgesamt als ausgezeichnet bewertete, das einzige Kleid, das ich komplett allein fertigen durfte. Meine Arbeit bestand nach wie vor in den einfachen Schneidertätigkeiten. In meiner freien Zeit begann ich deshalb wieder zu malen. Doch malte ich jetzt nicht mehr kindliche Gegenstände, sondern Kleider. Ich entwarf Kleider. Ich skizzierte Röcke, Roben und Kostüme. Ich fragte mich, warum die Mode so aussah, wie sie aussah, und erfuhr, dass die weiten, bauschigen, geschlitzten Ärmel auf die Tracht der Landsknechte zurückzuführen waren, die bei Kampf und Spiel auf Armfreiheit Wert legten. Irgendjemand hatte sich davon inspirieren lassen und dies auf andere Bereiche übertragen, wodurch eine Mode entstand, bei deren weiterer Entwicklung die Ärmel abknöpfbar und damit austauschbar wurden. Manche der vornehmen Kundinnen meiner Mutter besaßen mehr als zwei Dutzend Ärmelpaare und kombinierten sie hemmungslos mit den unterschiedlichsten Kleidern.
    Die enge, in vielen Farben getragene Trikothose mochte ursprünglich den Gauklern und Akrobaten auf den Jahrmärkten abgeschaut worden sein. Das in unzähligen Formen vorkommende Barett war eine Erfindung der gebildeten Stände und des Adels, bevor es seinen Siegeszug auf den Köpfen der einfachen Leute begann. Die Zimarra, ein mantelähnliches Übergewand, das stets gefüttert und oftmals mit Pelz verbrämt war, mochte, ähnlich wie die Schlitzmode der Landsknechte, ihren Ursprung beim Militär gehabt haben, bevor der Mann auf der Straße sie trug.
    Diese und andere Überlegungen brachten mich zu dem Schluss, dass nichts in der Mode neu, sondern alles schon einmal an anderer Stelle da gewesen ist. Man musste nur den richtigen Blick haben, um es zu erkennen.
    Als ich wenig später ein paar alte Spielkarten in der Küche herumliegen sah, fiel mein Blick auf den Karobuben. Das, was er trug, gefiel mir. Warum sollte seine Kleidung mir nicht als Vorlage für einen Kostümentwurf dienen? Ich nahm meinen Rötelstift und fing an zu skizzieren.
    Ich hatte das Prinzip der Kreativität verstanden.
     
    Im folgenden Frühjahr, man schrieb anno 1568 , und ich war gerade sechzehn Jahre alt geworden, wurde ich zum ersten Mal in

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