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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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ihrem Leib, etwas, mit dem sie ringt. Etwas, das sie durch ihr Husten ausstoßen will. Es ist das unbekannte Böse. Es ist hier im Raum, ich spüre es. Es sind Partikel, Miasmen, unsichtbare Dünste, es sind die Ausscheidungen des Bösen, der sie verschlingen will.«
    Meine Mutter stöhnte auf und fasste sich ans Herz.
    »Seid stark, Signora, vertraut mir, vertraut einem Mann, der sich Gott mit ganzem Herzen verschrieben hat. Ich werde das Böse ansprechen und versuchen, seinen Namen herauszufinden, nachdem ich die vorgeschriebene Bedrohung ausgesprochen habe. So höre, Unhold der Finsternis: Wer immer du bist, der du von dieser armen Seele Besitz ergreifen willst, der starke Arm Jesu wird dich bezwingen, er wird dich zerstören, er wird dich vernichten! Er wird dir, so du der Teufel bist, die Hörner brechen, er wird dir, so du der Drache bist, das Feuer nehmen, er wird dir, so du die Hydra bist, Kopf um Kopf um Kopf abschlagen und jeden deiner Hälse einzeln ausbrennen. Er wird dich niedertreten in den Staub und wird dich selbst zu Staub machen. Wer bist du, dass du Jesus widerstehen willst? Nenne mir deinen Namen!«
    Wieder musste ich husten. Was Pater Edoardo da zelebrierte, war mir in höchstem Maße unheimlich. Ich wollte, dass er ging, aber das konnte ich natürlich nicht sagen. Also flüsterte ich: »Es geht mir schon besser.«
    Pater Edoardo nickte meiner Mutter zu: »Sie ist ein tapferes Mädchen, sie will das Böse durch den Mund ausstoßen. Der Dämon ist in ihr, so viel ist sicher, denn alle Dämonen verlassen den menschlichen Körper durch den Mund.«
    »So ist Carlas Husten keine Krankheit?«
    »Wenn Ihr es so bezeichnen wollt, ist es eine Krankheit. Aber in erster Linie ist es ein Zeichen ihres Kampfes gegen die Besessenheit. Doch mit Hilfe des Gottessohnes wird sie ihn gewinnen.«
    »
Grazie a Dio!
Aber sie hat auch wieder so schrecklich gesummt. Ihr ganzer Kopf hat dabei gebebt.«
    »Das alles sind Zeichen dämonischer Umtriebe in ihrem Fleisch. Lasst mich jetzt mit der Austreibung fortfahren.«
    Und Pater Edoardo verstärkte seine Bemühungen. Er schlug abermals das Kreuz und rief mit volltönender Stimme: »Nenne deinen Namen, o Dämon! Ein Wurm in den mächtigen Händen des Herrn sollst du sein! Ungeziefer, Natterngezücht, animalisches Geschmeiß, so heiße ich dich! Nenne deinen Namen, sage mir, wer du bist, dass du diese arme Seele zerstören willst.«
    Er hielt inne und starrte mich an, als erwarte er eine Äußerung von mir. Doch ich zitterte nur und brachte kein Wort hervor. Der Mann flößte mir große Angst ein.
    »Wisse, Verfluchter der Finsternis, dieser Mensch ist ein getaufter Mensch! Er ist Jesu Christi gleichgestaltet, denn der Allerhöchste in seiner Gnade war bereit, mit diesem Menschen in die Gemeinschaft zu treten, wie es das Taufsiegel bekundet. Ja, dieser Mensch ist geprägt durch das unauslöschliche, geistliche Siegel, zum Zeichen, dass er Christus angehört. So ist es, und so wird es immer sein, bis zum Ende aller Tage …«
    Er begann, mich mit seinem schlechten Atem anzublasen, was er mehrmals wiederholte und Übelkeit in mir auslöste. Danach schien er von allen guten Geistern verlassen, denn er spuckte wie ein Kutscher vor mir aus, wodurch ein Sprühnebel seines ekligen Speichels auf mich niedersank, und rief mich an:
»Ex-animo … ex-animo … ex-animo!«
    Ich verstand ihn nicht, ich wusste nicht, was er beabsichtigte, denn ich konnte damals noch nicht Latein, und ich ahnte auch nicht, dass er das Ausfahrwort gebraucht hatte, welches so viel wie
den Atem nehmen
oder
erschrecken
oder
töten
bedeutet. Ich heulte auf und zuckte am ganzen Körper, doch schon setzte er seinen beschwörenden Singsang fort: »Mit der Taufe hat Gott dem Menschen sein Angebot gemacht, und niemals nimmt er dieses Angebot zurück. Niemals kann das Böse zwischen ihm und einem getauften Menschen stehen. Die heimtückische Schlange, die da heißt Teufel und Satan, sie hebe sich hinweg von dieser armen Seele, denn sie ist ihr ärgerlich. Wer Sünde tut, der ist vom Teufel, und des Teufels ist, wer sich versündigt. Und so steht es geschrieben im vierten Kapitel bei Matthäus: Weiche von mir, Satan; weiche: Du sollst anbeten Gott, deinen Herrn, und ihm allein dienen. Da verließ ihn der Teufel; und siehe, da traten die Engel zu ihm und dieneten ihm. Ja, wahrhaftig, so steht es geschrieben …«
    Pater Edoardo beschwor die Mächte Luzifers immerfort weiter, doch schien er mit dem Ergebnis seiner

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