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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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grüßt mir Doktor Tagliacozzi, wenn Ihr ihn seht.«
    Ich wollte antworten, dass ich ihn nie wieder sehen würde, aber ich sagte nichts, bezahlte stattdessen und murmelte:
»Arrivederci.«
    »
Arrivederci,
Signorina.«
     
    Ich ging während der kommenden Monate noch ein paarmal zu Signore Colberti, und immer waren es recht angenehme Gespräche, die ich mit ihm führte, zumal sich der Zustand meiner Haut allmählich besserte. Das Einzige, was ich als unangenehm empfand, war, dass er mich häufig auf Gaspare ansprach, denn er nahm an, ich sei nach wie vor mit ihm bekannt. »Wie ist eigentlich Doktor Tagliacozzis Meinung zu Aldrovandis unerhörtem Verhalten?«, fragte er mich einmal.
    »Wovon sprecht Ihr, Signore?«
    »Aldrovandi hat in diesem Jahr seine Absicht in die Tat umgesetzt und die beiden Kräuter
amomum
und
costus
eigenmächtig dem Theriak beigemischt.«
    »Oh, davon weiß ich nichts«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
    »Nun, dann wisst Ihr vielleicht auch nicht, dass Professor Aldrovandis Verhalten höchsten Ärger unter den Mitgliedern der Farmacisti ausgelöst hat. Wir hatten ihn eindringlich vor diesem Schritt gewarnt, aber irgendwann während der zwei Tage des Mischens, Kochens und Abwiegens muss es ihm gelungen sein, die überflüssigen Pflanzen in den Kessel zu werfen. Nun ist das Produkt schon seit einiger Zeit fertig, und wir sind dazu verdammt, eine Ware zu verkaufen, von deren Qualität wir nicht überzeugt sind.«
    »Ja«, sagte ich, weil mir nichts anderes darauf einfiel. »Es tut mir leid, ich bin etwas in Eile und muss jetzt gehen.
Arrivederci,
Signore.«
    »
Arrivederci,
Signorina.«
     
    Ein anderes Mal erzählte er mir, dass er und einige Kollegen seit kurzem ihren eigenen Theriak verkaufen würden – zubereitet nach der guten alten Methode. Die ehrenwerten Professoren Alberghini, Zibetti und Beato in ihrer Eigenschaft als Prior sowie Professor Aldrovandi als Protomedico seien deshalb in aller Form ersucht worden, die Herstellung der notwendigen Vipern-
compressi
zu billigen. Doch Aldrovandi habe die Genehmigung unter Angabe von fadenscheinigen Gründen verhindert. Er habe behauptet, die weiblichen Vipern für die
compressi
seien schwanger gewesen, einige Vipern sogar männlich, und überdies sei die Jahreszeit für die Tötung keinesfalls die richtige gewesen.
    »Ja«, sagte ich wieder und suchte nach einer neutralen Antwort, »meine Haut ist schon um einiges besser dank Eurer Arzneien.«
    »Das freut mich«, sagte er.
    »
Arrivederci,
Signore«, sagte ich.
    »
Arrivederci,
Signorina.«
     
    Auch bei meinem dritten Besuch, man schrieb mittlerweile schon Oktober, konnte er von seinem Thema nicht lassen. Er erzählte lebhaft und sich dabei mehrfach durch die Haare streichend, dass er und seine Kollegen sich über Aldrovandis Verhalten bei der Akademieleitung beschwert hätten: Der von ihnen gebraute Theriak sei nach alter Väter Sitte gebraut und damit einwandfrei. Ganz im Gegensatz zu dem Trank des Professors Aldrovandi, der ohne offizielle Genehmigung mit
amomum
und
costus
verfälscht worden sei.
    Aldrovandi jedoch habe nicht aufgegeben. Es sei ihm leider gelungen, seinen eigenmächtigen Schritt mit den bekannten falschen Begründungen zu verteidigen und den Trank der Apotheker verbieten zu lassen, nicht zuletzt, weil er ihnen Missgunst unterstellt habe. Daraufhin hätten er und seine Kollegen mehrere Bittbriefe an die Akademieleitung geschrieben, um ihren eigenen Theriak weiter brauen zu dürfen. Ohne Erfolg allerdings. Dann, sozusagen als letzten Versuch, hätten sie beschlossen, persönlich vorstellig zu werden – mit dem ebenso überraschenden wie erfreulichen Ergebnis, dass ihnen endlich Gerechtigkeit widerfahren sei. Sogar das Stadtoberhaupt, den hochzuverehrenden Gonfalonier, hätten sie von ihrer Meinung überzeugen können.
    »Da wart Ihr sicher sehr froh, Signore«, sagte ich, um Höflichkeit bemüht, obwohl mir das nicht enden wollende Gezänk erwachsener Männer um zwei Kräuter ziemlich kindisch vorkam.
    »Das kann man wohl sagen! Das ausschlaggebende Argument war, dass es keine einzige Koryphäe in Italien gibt, die den Gebrauch von
amomum
und
costus
empfiehlt!«
    »Was Ihr nicht sagt.«
    »Wie geht es überhaupt Eurer Haut, Signorina? Ich rede und rede und vergesse darüber ganz, warum Ihr hier seid.«
    »Ich glaube, meine Haut ist wieder gesund.«
    »Das höre ich gern, Signorina! Lasst einmal sehen. Ja, tatsächlich, wunderbar. Hoho, niemand soll sagen, die Apotheker

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