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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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mit angehört. Nun gut, aber es ist ganz anders, als du denkst. Eine Heirat in meinen Kreisen hat nicht unbedingt etwas zu bedeuten.«
    »Es ist ein Vertrauensbruch, den ich dir niemals verzeihen werde!«
    »Glaub mir, eine solche Ehe ist nicht mehr als ein formaler Vertrag, der von den Familien oder durch eine dritte Person arrangiert wird. Mit Liebe hat das nichts zu tun …«
    Das, was Gaspare mir mit beschwörender Stimme versicherte, stimmte sogar in vielen Fällen. Der Ablauf war gewöhnlich so, dass die künftige Braut, von ihren weiblichen Verwandten begleitet, ein paar Wochen vor der Heirat einen formellen Besuch bei der Mutter des Bräutigams machte, damit man einander näher kennenlernen konnte.
    War der große Tag da, genossen die geladenen Gäste Musik, Spiele und Getränke im Haus der Braut, bevor die religiöse Feier stattfand und der von einem Notar aufgesetzte Ehevertrag im Beisein von Zeugen unterschrieben wurde. Einer der Kernpunkte des Vertrags waren stets die Vereinbarungen für die Mitgift.
    Später gab es Erfrischungen und Tanz, und gegen Mitternacht wurde das Paar von zwei Gästen ins Bett gebracht und mit guten und mehr oder weniger anzüglichen Wünschen allein gelassen.
    Manchmal zog die Braut erst ein oder zwei Wochen darauf in das Haus ihres Ehemannes ein. Neben Geld und Einrichtungsgegenständen brachte sie gewöhnlich eine reiche Aussteuer mit in ihr neues Heim, darunter Kleider, Pelze und Juwelen, aber auch Teppiche, Tischwäsche, Silberbesteck, kostbare Gläser, Teller und Kannen, dazu Bettwäsche, Decken, Bezüge und andere Dinge des täglichen Bedarfs.
    Ob das alles auch bei Gaspare und Giulia Carnali so gewesen war, wusste ich nicht, und ich wollte es auch nicht wissen. Aber ich erfuhr später, dass sie eine Mitgift von fünftausend Libbre in die Ehe gebracht und dadurch seine finanzielle Lage erheblich verbessert hatte.
    Dass Gaspare sie nicht liebte, glaubte ich nicht, obwohl ich es gerne glauben wollte. »Du liebst sie«, sagte ich.
    »Bitte, Bleiweißmädchen …«
    »Nenne mich nicht Bleiweißmädchen.«
    »Gut, Carla, ich kann deinen Zorn verstehen, aber glaube mir, diese Ehe wurde von meinen Eltern arrangiert. Es ist eine Ewigkeit her, mein Vater lebte damals noch, er war mit Giuliano Carnali befreundet, die beiden hatten über viele Jahre Geschäfte miteinander gemacht.«
    »Das ist keine Antwort.«
    »Also gut: Ich liebe dich, nur darauf kommt es an. Giulia ist nichts weiter als eine wunderschöne junge Frau.«
    Damit hätte ich mich zufriedengeben können, wenn ich nicht Gaspares Gesichtsausdruck beobachtet hätte. Seine Miene sagte mir, dass er sehr wohl etwas für seine Ehefrau empfand. Und das genügte mir.
    »Verlasse mein Haus«, sagte ich.
    »Bleiweißmädchen, ich …«
    »Verlasse sofort mein Haus.«
    Als er gegangen war, presste ich den Kopf in die Kissen und weinte hemmungslos.
     
    Ich weiß nicht, wie ich die Nacht verbrachte, ich weiß nur noch, dass ich mehrmals das Küchenmesser an meine Pulsader setzte, doch jedes Mal davor zurückschreckte, mir das Leben zu nehmen. Nicht, weil Gott es verbietet, sich selbst zu töten, sondern weil ich, um bei der Wahrheit zu bleiben, einfach zu feige dafür war.
    Umso elender fühlte ich mich. Ich war schwach und fieberte, als es gegen Mittag an meine Haustür klopfte. Ein Schauer lief mir über den Rücken, denn ich dachte, es könne Gaspare sein. Ein Schauer aus Angst und Hoffnung.
    Ich zog die Decke über den Kopf und hätte mich am liebsten in Luft aufgelöst.
    Doch es war nicht Gaspare. Es war Schwester Marta. »Ich habe mich gewundert, dass du nicht im Hospital erschienen bist«, sagte sie, nachdem sie mir das
Pax tecum
entboten hatte. »Ich wollte nach dir sehen, weil ich mir dachte, es könnte etwas ähnlich Schlimmes vorgefallen sein wie damals der Tod deines Verlobten.«
    »Nein«, sagte ich, »es ist niemand zu Tode gekommen.«
    »Laudetur Jesus Christus«,
sagte Marta und schlug das Kreuz.
    »In aeternum«,
gab ich mechanisch zur Antwort.
    »Aber irgendetwas stimmt nicht mit dir. Es muss doch einen Grund haben, warum du heute Morgen nicht gekommen bist?«
    »Ich … ich fühle mich nicht gut.«
    »Das sehe ich.« Martas energische Art brach sich Bahn. »Am besten, du bleibst im Bett und schwitzt. Dass du Fieber hast, sieht ein Blinder. Ich mache dir Wadenwickel, die wirken Wunder. Und gegen deine Verzagtheit bekommst du einen Glühwein mit Honig. Du wirst sehen, der stärkt die Sinne und das Gemüt.«
    Sie

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