Die Medica von Bologna / Roman
Goldtönen. Alle Farben harmonierten wunderbar mit ihrem dunkelblonden Haar, das sie zu einer Hochfrisur aufgesteckt hatte.
Sie war eine wirkliche Schönheit, und diese Schönheit kam lächelnd auf mich zu und sagte: »Ich bin Signora Tagliacozzi, Ihr seid sicher Signorina Carla, die meinem Mann öfter bei seinen Operationen assistiert hat?«
»Ja, die bin ich«, sagte ich, ebenfalls um Freundlichkeit bemüht, obwohl es in meinen Ohren seltsam klang, dass diese junge Frau, die kaum älter war als ich, sich als Signora Tagliacozzi vorstellte.
»Mein Mann wird gleich kommen. Er bittet Euch um einen Moment Geduld.«
»Natürlich, gewiss«, sagte ich.
»Nun«, sagte sie nach einer Weile des Schweigens, in der wir uns unauffällig abzuschätzen versuchten, »es dauert wohl doch etwas länger.«
»Es hat den Anschein«, sagte ich.
Sie lächelte scheu.
Ich weiß nicht, warum, aber plötzlich fühlte ich mich ihr überlegen, vielleicht, weil sie ganz offensichtlich keine Ahnung davon hatte, dass zwischen Gaspare und mir etwas gewesen war, und weil sie vergebens die souveräne Hausherrin spielen wollte. Vielleicht tat sie mir auch einfach nur leid, weil sie so einen Drachen von Schwiegermutter bekommen hatte.
»Ich muss mich noch um einiges kümmern. Darf ich Euch etwas bringen lassen?«
»Nein danke, ich habe alles«, sagte ich und schielte zum Kaminsims.
»Dann lasse ich Euch jetzt allein.« Sie klang erleichtert und verließ den Raum.
Als sie fort war, ging ich zum Kaminsims und betrachtete den Gegenstand näher. Es war tatsächlich eine Hutnadel. Und ganz ohne Zweifel war es meine.
Wieder fragte ich mich, ob Gaspare mir meine heimlichen Beobachtungen im Archiginnasio nachweisen konnte, und wieder kam ich zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall war. Nein, sagte ich mir, die Sache mit der Hutnadel war nicht mehr als ein Versuch, wieder mit mir in Kontakt zu kommen. Zumal ich keinerlei persönliche Habe bei ihm zurückgelassen hatte.
Und wenn er mir nun doch etwas nachweisen konnte? Dann war die Nadel das
Corpus delicti.
Und sie musste verschwinden. Kurz entschlossen nahm ich sie und warf sie ins Feuer. Es gab ein kurzes Aufflackern der Flammen. Ich sah, wie sie sich verfärbte, sich krümmte und Augenblicke später nichts weiter mehr war als rote Glut.
»Verzeih, dass ich dich warten ließ.« Da stand Gaspare, und mein Herz tat einen Sprung. Er sah aus wie immer, in teures schwarzes Tuch gekleidet, dessen würdiger Eindruck nur von dem weißen gefältelten Spitzenkragen und den violetten Ärmelfalten unterbrochen wurde. Und wie so häufig hatte er sein amüsiertes Lächeln aufgesetzt.
Es war das Lächeln, das mich gleichermaßen anzog und verunsicherte. »Deine … deine Frau ist sehr schön«, sagte ich, weil mir nichts anderes einfiel.
»Ja, das ist sie.« Sein Lächeln verschwand. Ich merkte, dass er nicht über sie sprechen wollte.
»Seid ihr glücklich?«
»Was heißt glücklich. Wie du weißt, ist eine Ehe in meinen Kreisen häufig nicht mehr als ein Arrangement. Ein Zweckbündnis sozusagen. Eine finanzielle Union.«
»Ich finde, sie sollte an unserem Treffen teilnehmen. Sie ist sehr nett.«
»Meine Ehe ist ein Arrangement.«
»Ja, du sagtest es schon.« Ich fragte mich, ob er im letzten Jahr auch über mich so geredet hatte.
»Komm, Carla, was ist das für ein Gespräch! Fangen wir noch einmal von vorn an: Ich freue mich, dass du gekommen bist. Ich freue mich wirklich! Setz dich, ich bestelle uns etwas zu trinken.« Er rief nach Adelmo und orderte eine Kanne unseres Lieblingsweins. Nachdem wir getrunken hatten, sagte er: »Und nun erzähle, wie es dir ergangen ist.«
Erst stockend, dann zunehmend flüssiger berichtete ich von meinen Schwierigkeiten mit dem Bleiweiß, und er hörte mir aufmerksam zu, entschuldigte sich, da die Idee der Verwendung von ihm gekommen war, und stellte die eine oder andere medizinische Frage. »Hat Colberti dir eine gute Arznei empfohlen?«
Ich schilderte die Beschaffenheit der Mittel.
»Das hört sich überzeugend an, und gottlob bist du ja auch genesen, wie man sieht. Ja, Colberti ist ein tüchtiger Farmacista, seine Apotheke gehört zu den besten der Stadt. Manchmal allerdings ist er etwas eigenwillig, aber vielleicht müssen Farmacisti so sein.«
Dann kamen wir auf die Operationen zu sprechen, die er in den letzten Monaten durchgeführt hatte, und wie immer lauschte ich gebannt seinen Worten. Er hatte nicht nur eine Nasenrekonstruktion durchgeführt, sondern
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