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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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teilnahmslos. Immer aber unausstehlich.
    Doch Latif war hartnäckig. Unermüdlich sprach er mir Mut zu, wobei er sehr viel Einfallsreichtum an den Tag legte. »Wisst Ihr, Herrin«, sagte er eines Morgens zu mir, »dass mittlerweile fast ein Monat verstrichen ist, seit mir die beiden Schnüffler zum ersten Mal auffielen?«
    Ich antwortete nicht und starrte Löcher in die Luft.
    Latif ließ sich nicht beirren, sondern machte am nächsten Morgen einen neuen Versuch: »Wieder ist ein Tag vergangen, ohne dass Euch ein Haar gekrümmt worden wäre.«
    Und am übernächsten Morgen sagte er: »Abermals nichts, Herrin. Ich habe die beiden Kletten unter die Lupe genommen, ohne dass sie es gemerkt hätten. Sie machten Gesichter, als fragten sie sich, was das Ganze solle. Von denen droht keine Gefahr mehr. Der Spuk ist bald vorbei, glaubt mir.«
    So ging es ein paar Tage weiter, bis ich zu ihm sagte: »Es ehrt dich, Latif, dass du mir Mut machen willst, aber es ist zwecklos. Solange ich das Feuermal trage, werde ich immer in Lebensgefahr schweben.«
    »Herrin«, entgegnete Latif ernst, »vor einer Woche seid Ihr vierundzwanzig Jahre alt geworden, ein Freudentag, an dem Euch leider nicht zum Feiern zumute war. Doch Allah, der Erhabene, der Gerechte, wird dafür sorgen, dass Ihr auch die nächsten vierundzwanzig Jahre lebt.«
    »Wenn ich das nur glauben könnte.«
    »Hand aufs Herz: Habe ich mich schon einmal geirrt?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Seht Ihr. Ich muss jetzt fort, ein paar Dinge erledigen. Spätestens gegen Mittag bin ich zurück.«
    »Du bist in letzter Zeit ständig unterwegs.«
    »Das stimmt, Herrin, ich bin manchmal in der Stadt. Aber vergesst nicht: Die frommen Schwestern von San Lorenzo erwarten regelmäßig Auskunft, wie es Euch geht, um für Euch beten zu können, und außerdem muss dies und das an Speisen eingekauft werden, damit wir etwas zu beißen haben.«
    »Natürlich, du hast ja recht.«
    Wiederum ein paar Tage später kam Latif frühmorgens in der Küche auf mich zu, von einem Ohr bis zum anderen grinsend, und bat darum, mich unterhaken zu dürfen.
    »Warum das, Latif?«
    »Fragt nicht, Herrin, kommt mit.« Er führte mich zum Fenster und forderte mich auf hinauszublicken. »Na, was seht Ihr?«
    Ich schaute ihn verständnislos an. »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Ihr seht nichts, Herrin, stimmt’s?« Triumph lag in seiner Stimme. »Und das liegt daran, dass unsere beiden Bewacher verschwunden sind.«
    Ich schlug die Hände vor den Mund. »
Per Dio!
Es scheint, du hast recht.«
    »Nicht wahr? Und das Schönste, Herrin: Sie werden niemals wiederkommen.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Weil ich persönlich dafür gesorgt habe.«
    »Du sprichst in Rätseln.«
    Statt einer Antwort goss Latif mir ein Glas Wein ein. »Wenn ich kein Muslim wäre, Herrin, würde ich jetzt mit Euch anstoßen, aber so müsst Ihr allein trinken.«
    Ich nahm das Glas und stellte es wieder ab. »Sag mir erst, was los ist. Du hältst etwas hinter dem Berg, ich kenne dich doch.«
    »Erst müsst Ihr auf mich trinken.«
    »Nun gut.
Salute,
auf dich, Latif. Und jetzt heraus mit der Sprache.«
    »So höret, Herrin: Es ist mir gelungen, die Auftraggeber unserer beiden lästigen Beobachter ausfindig zu machen. Das war gar nicht so leicht und kostete mich viele Nachforschungen und Laufereien. Ich bin, wie Ihr Christen sagen würdet, von Pontius zu Pilatus gelaufen, aber schließlich fand ich sie im Palazzo del Podestà. Es sind ein paar fragwürdige Beamte, die sicher ein nettes Sümmchen bekommen haben, damit sie uns bespitzeln ließen. Ich habe mich mit ihnen unterhalten, und sie waren dumm genug, mir zu verraten, dass Ihr unter dem Verdacht standet, eine häretische Tätigkeit als Ärztin auszuüben. Nun, von mir haben die Herren etwas mehr in ihre klebrigen Finger bekommen, damit sie den Verdacht ein für alle Mal vergessen. Letztendlich war es eine ganz einfache Sache.«
    »Heißt das, du hast sie bestochen?« Ich griff erneut zum Glas, denn diesmal brauchte ich tatsächlich einen Schluck.
    »Aber natürlich, Herrin.« Latif strahlte.
    »Und woher hattest du das Geld? Es war doch sicher nicht ganz billig, den Sinneswandel bei den Beamten herbeizuführen?«
    »Ganz recht, Herrin. Aber zum Glück war da noch das restliche Geld vom Dogen. Ich habe es dafür eingesetzt.«
    »Was, mein Geld?«
    »Unser Geld, Herrin.«
    »Ich habe dir schon mehrfach gesagt, dass es mir gehört. Du kannst nicht einfach darüber

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