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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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fragte ich.
    »Nun, wenn Ihr die Maske von innen – sagen wir, mit Talkum, der pulverisierten Form des Talks – einreiben würdet, könntet Ihr gleichzeitig etwas für die Pflege Eurer Gesichtshaut tun. Talkumpulver ist die Grundlage für besten Puder, wusstet Ihr das nicht?«
    »Nein, Signore.«
    »Allerdings muss der Talk dem Gotthardmassiv im Land der Eidgenossen entstammen, nur von dort kommt wirklich gute Ware. Ich könnte Euch daraus einen Puder herstellen, der weich und wasserabweisend ist. Auf diese Weise hättet Ihr noch mehr Freude an Eurer Maske.«
    »Und wie viel würde der Puder kosten?«
    Colberti winkte ab. »Es kommt auf die Menge an, aber in jedem Fall nur ein paar Baiocchi, mehr nicht. Besucht mich morgen oder übermorgen in meinem Laden, dann halte ich das Präparat für Euch bereit.«
    »Danke«, sagte ich und schickte mich an zu gehen, denn ich hatte Sorge, Colberti würde die Sprache wieder auf sein Lieblingsthema mit den Kräutern bringen. Außerdem regte sich mein Gewissen, denn durch meine Reise nach Venedig hatte ich ihm und anderen Farmacisti sicher geschadet.
    »Ihr wollt mich doch nicht schon verlassen!«, rief er mit gespielter Bestürzung. »Die Geschäfte gehen schlecht, wie Ihr seht, und ich dachte, Eure Anwesenheit würde mir ein wenig Glück bringen. Außerdem erwarte ich jeden Moment Doktor Tagliacozzi hier. Ich nehme an, er wird sich freuen, Euch zu sehen.«
    Ich wollte ihm sagen, dass es mir nicht so ergehen würde, und mich mit einem hastigen
Arrivederci
verdrücken, doch es war schon zu spät.
    »Buongiorno«,
hörte ich Gaspares Stimme hinter mir, »wie ich sehe, Signore Colberti, habt Ihr reizenden Besuch an Eurem Stand.«
    »So ist es, Dottore, so ist es«, versicherte der Apotheker, »die Signorina wollte gerade gehen, aber als sie hörte, Ihr würdet an meinen Stand kommen, überlegte sie es sich anders, nicht wahr?«
    Bevor ich die Sache richtigstellen konnte, sagte Gaspare: »Signorina Carla und ich haben uns einige Zeit nicht gesehen, weil dies und das dazwischengekommen ist, umso dankbarer bin ich dem Zufall, dass er mich zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Ort führte.« Er verbeugte sich höflich vor mir, einen Anflug seines amüsierten Lächelns um den Mund.
    Unwillkürlich fragte ich mich, ob es sein Lächeln war, das mich ins Archiginnasio gezogen hatte, aber ich schob den Gedanken rasch beiseite. Gewiss war es nicht so. Gaspare hatte mich wie eine niedrige Magd behandelt, als ich aus Venedig zurückgekommen war, und das konnte ich nicht vergessen.
    Doch er lächelte noch immer. »Ich freue mich, Euch zu sehen«, sagte er. »Es liegt lange zurück, dass Ihr mir bei meiner Arbeit assistiert habt. Viel zu lange.«
    Ich schwieg und kämpfte mit mir. Einerseits wollte ich augenblicklich gehen, andererseits schienen mich unsichtbare Bande zu halten. Schließlich sagte ich: »Ja, die Zeit vergeht.«
    »Sehr wahr! Ach, wo wir gerade davon reden: Hättet Ihr Zeit, mir am kommenden Sonntag bei einer Operation zu helfen?«
    Nein, wollte ich sagen, aber Gaspare redete schon weiter: »Es handelt sich um einen sehr interessanten Fall, einen Fall, wie ich ihn bisher noch niemals hatte. Eure Assistenz wäre mir sehr wichtig.«
    »Ich weiß nicht, ob meine Pflichten im Hospital mir das gestatten.«
    »Worum geht es denn?«, mischte sich Colberti ein.
    »Darüber habe ich Stillschweigen zu bewahren.«
    »Ah, ja, natürlich. Darf ich Euch etwas aus meinem Angebot verkaufen, Dottore? Wie Ihr seht, eignen sich die Vipern in diesem Jahr besonders gut zur Sektion vor Euren
Studiosi
. Sie sind frisch, weiblich, keineswegs schwanger und stammen allesamt aus den Bergen.«
    »Ja, danke«, sagte Gaspare mit großer Liebenswürdigkeit, »ich nehme drei. Sie müssen aber mindestens zwei Ellen lang sein.« Er suchte die Tiere aus und wandte sich erneut an mich: »Ich bedürfte wirklich Eurer Hilfe, Signorina. Die Operation ist gewagt und der Patient wichtig. Darf ich auf Euch zählen?«
    »Ich fürchte, das geht nicht«, sagte ich steif.
     
    Natürlich fand ich mich am darauffolgenden Sonntag doch in dem terrakottafarbenen Haus ein, wartete mit klopfendem Herzen in der Empfangshalle und versicherte mir selbst, ich wäre lediglich wegen der geheimnisvollen Operation gekommen.
    Wie naiv ich doch war!
    Ich wollte Gaspare wiedersehen, nichts anderes, denn sein Zauber hielt mich noch immer gefangen.
    Und er machte es mir leicht. Er begrüßte mich freundlich, plauderte über das Wetter,

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