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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Gott der Christen so schnell Wunder vollbringt? Was ist geschehen, dass es Euch heute Morgen auf einmal die Sprache verschlug?«
    Ich blickte ihn an und las in seinem Gesicht Freude, Sorge und – Treue. Noch nie hatte ich diesen Ausdruck bei ihm bemerkt. Ich richtete mich auf und beschloss, ihm alles zu erzählen, denn er hatte es verdient, obwohl er nur mein Diener war. »Ich konnte mich auf einmal wieder erinnern«, sagte ich. »Jemand hat von mir verlangt, Giancarlo, meinen kleinen Sohn, abzutreiben.«
    »Was?« Latif riss vor Schreck den Mund auf. »Wer hat das von Euch verlangt?«
    »Doktor Tagliacozzi. Er … er ist der Vater des kleinen Giancarlo.«
    »Dieser Ungläubigste aller Ungläubigen! Äh, verzeiht, Herrin, aber dieser Mann ist sehr böse. Ich weiß, dass er in unserem Haus aus und ein ging, und ich weiß auch, dass Ihr mit ihm … aber das ist jetzt gleichgültig. Jedenfalls hat er sich versündigt. Wie schwer, das weiß nur Allah allein, denn Mohammed sagt, dass der Leibesfrucht des Weibes bereits nach vierzig Tagen die Seele eingehaucht wird, und zwar von einem Engel. Euer Kleiner hat bestimmt schon eine Seele, Herrin, allein deshalb ist ein Abbruch der Schwangerschaft unmöglich.«
    »Ich würde lieber sterben, als abzutreiben. Ich liebe Giancarlo.«
    »Allah liebt alle Kinder, das sagte ich schon, und ich liebe Allah, also liebe auch ich alle Kinder, Euren Kleinen inbegriffen.«
    »Danke, Latif.«
    »Ihr müsst essen, Herrin, Ihr fallt sonst vom Fleisch. Ich habe Brot, Schinken und schwarze Oliven. Das hole ich jetzt.«
    Er brachte die Speisen, und ich nahm sie zu mir, obwohl ich keinen Hunger verspürte. Latif wollte mir mehr holen, aber ich lehnte ab. »Bring mir lieber meine Bücher«, sagte ich. »Die Werke der Hildegard von Bingen und der Trotula von Salerno.«
    »Warum gerade die, Herrin? Ihr habt doch so viele Bücher?«
    »Hildegard und Trotula waren starke, gelehrte und unabhängige Frauen, und genau so möchte ich auch sein.«
    »Ja, Herrin. Ich finde, gelehrt seid Ihr schon heute.«
    Zwei Tage danach feierte man in Bologna das Weihnachtsfest. Wie jedes Jahr strebte jedermann in die Kirche zur Christmette, ich aber blieb mit Latif zu Hause. Er hatte mir verboten, längere Wege zu gehen, und kümmerte sich auch sonst wie eine Glucke um mich.
    Obwohl er mir kaum von der Seite wich, war mir seine Gesellschaft doch angenehm, denn er war lustig und lebhaft, und er brachte mich auf andere Gedanken. Genau wie ich hatte er sich angewöhnt, mit Giancarlo zu sprechen. Er tat es häufig, und was er dabei sagte, brachte mich manches Mal zum Schmunzeln.
    »
Buonasera,
mein Kleiner«, sagte er am Abend des vierundzwanzigsten Dezember, »du denkst, ich kann dich im Bauch nicht sehen, aber da irrst du dich, denn ich hab genau mitgekriegt, wie du vorhin deiner Mamma eine Grimasse geschnitten hast, weil sie mich wegen des misslungenen Kuchens tadelte. Man schneidet seiner Mamma keine Grimassen, hörst du, auch wenn der Tadel vielleicht ein bisschen unnötig war.«
    Ich drohte Latif scherzhaft mit dem Finger. »Der Kuchen war wirklich nicht sehr gut, Latif. Besser, du kaufst noch schnell irgendwo einen. Wir wollen ihn essen und dann gemeinsam Weihnachten feiern, obwohl du ein Muslim bist.«
    »Ich weiß nicht, ob Allah das gutheißen wird, Herrin.«
    »Roll deinen Teppich aus und frage ihn.«
    »Ja, Herrin.«
    Spät am Abend saßen wir beieinander, aßen den gekauften Kuchen und hörten das unablässige Geläut von Bolognas Kirchen. Ich hatte ein paar Kerzen entzündet und übte auf der Gambe eine kleine Melodie, denn ich dachte, sie würde dem Kleinen in mir gefallen. Als ich fertig war, sagte Latif mit vollem Mund: »Weihnachten ist sehr stimmungsvoll, Herrin. Man sollte es ruhig öfter feiern. Ich danke Allah, dass er mir die Teilnahme an diesem Fest erlaubt hat.«
    »Warum sollte er nicht? Auch im Koran kommt unser Herr Jesus vor, nur dass er dort
Isa bin Maryam
genannt wird,
Jesus, Sohn der Maria.
«
    »Ihr wisst sehr viel, Herrin.«
    »Ich lese viel.«
    Latif verdückte das letzte Stück Kuchen und trank dazu mit Rosmarin aromatisiertes Wasser. »Ich weiß, Ihr habt ein neues Buch angefangen. Wie heißt es noch?«
    »
De humano foeto
. Es handelt vom menschlichen Fötus und ist von Professor Aranzio geschrieben worden. Ein sehr interessantes Werk, von dem ich hoffe, dass vieles darin meinem kleinen Giancarlo zugutekommt.«
    »Das hoffe ich auch, Herrin.«
    »Ich habe beschlossen, mich nur auf die

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