Die Medica von Bologna / Roman
weiter mit ihm, und als Latif dazukam, erzählte ich ihm von meiner Schwangerschaft. Er riss die Augen auf und sagte: »Herrin, das ist eine gute Nachricht, denn Allah liebt alle Kinder, ganz gleich, wer der Vater ist. Doch von nun an müsst Ihr Euch besonders schonen. Ich will Euch einen Trank brauen, wie ich ihn aus dem Yeni Sarayı kenne. Er wird Euch stärken.«
»Danke, Latif.« Ich setzte mich bequem auf mein Bett und wartete, während ich ihn geschäftig in der Küche hantieren hörte. Als er mit der dampfenden Flüssigkeit hereinkam, fragte ich: »Was ist denn darin?«
»Die Extrakte der Zimtrose, Herrin, und noch ein paar Dinge mehr.«
Ich nahm den Becher und versuchte einen Schluck.
»Schmeckt es Euch, Herrin?«
»Der Trank ist noch ein bisschen heiß, aber würzig und kräftig, und« – ich blickte Latif an – »er scheint zum Glück keine Fleischreste zu enthalten.«
Er lachte verlegen. »Glaubt nicht, Herrin, dass ich zum Verräter am Salz werden wollte.«
»Zum Verräter am Salz? Was soll das nun wieder bedeuten? Du sprichst in Rätseln, Latif.«
»Aber wieso, Herrin? Jeder weiß doch, dass damit ein Verräter an der Gastfreundschaft gemeint ist. Ich aber habe nur versehentlich die falschen Zutaten gewählt, als Doktor Tagliacozzi bei uns zu Gast war.«
»So kann man es auch ausdrücken. Jedenfalls hast du mich in eine sehr peinliche Situation gebracht. Ich möchte, dass sich so etwas nicht wiederholt.«
»Ja, Herrin, ich werde zu Allah, dem Gütigen, dem Verzeihenden, beten, damit er mir die Hand künftig besser führt.«
Ich trank einen weiteren Schluck und spürte wenige Augenblicke später, wie eine angenehme Müdigkeit von mir Besitz ergriff. Schläfrig ließ ich mich in die Kissen sinken und schlummerte ein.
Ich erwachte, als Latif mich sanft an der Schulter berührte und mir eröffnete, dass an der Tür ein Bote stehe. »Er hat eine Nachricht, Herrin, die er nur Euch mitteilen will«, rief er.
»Sag ihm, ich komme gleich.«
Der livrierte Bote erwies sich als jener, den ich schon kannte. Er kam von Gaspare und richtete mir aus, ich möge am Abend in die Trattoria
Da Paolo
kommen, wo sein Herr mich zur siebten Stunde erwarte.
»Worum geht es?«, fragte ich.
»Das weiß ich nicht.«
»Nun gut, richte deinem Herrn aus, dass ich pünktlich da sein werde.«
Am Abend ging ich in die Trattoria, die ich noch aus den Zeiten, als mein braver Marco lebte, kannte. Paolo, ein kleiner, dicker Wirt mit schneeweißer Schürze, empfing mich mit großer Herzlichkeit und tat so, als wären wir die ältesten Freunde. »Der gnädige Herr Doktor sitzt ganz hinten in dem kleinen Nebenraum«, sagte er und kniff vielsagend ein Auge zusammen. »Er wirkt, mit Verlaub, ein wenig aufgeregt. Ich glaube, er hat Euch Wichtiges zu sagen.«
»Danke, Paolo.« Ich ging zu Gaspare, der mich mit ernster Miene erwartete.
»Ist etwas passiert?«, fragte ich. »Warum treffen wir uns hier und nicht bei mir zu Hause?«
»Lass uns erst etwas essen.« Gaspare küsste mich und half mir, mich zu setzen, dann bestellte er eines von Paolos leckeren Teiggerichten. »Es sind gedrehte Nudeln, die wie Spiralen aussehen«, sagte er, »etwas ganz Besonderes, wie mir der Wirt versicherte. Dazu reicht er zarten, gedünsteten Kohl, den er mit dem frisch geriebenen Pulver der Muskatnuss würzt. Hast du schon einmal Muskatnuss probiert?«
»Nein. Warum treffen wir uns hier?«
Paolo nahte mit dem Essen, und Gaspare sagte: »Erst einmal
buon appetito,
Bleiweißmädchen.«
Wir aßen mit Genuss und tranken dazu einen strohgelben Frascati.
»Was sagst du zu dem Geschmack der Muskatnuss?«, fragte Gaspare.
»Sehr würzig und aromatisch«, antwortete ich und schaute ihn wieder fragend an.
»Nun«, sagte er, »ich merke schon, du willst unbedingt wissen, warum wir hier sind. Um ehrlich zu sein, ich hielt diesen Ort für am geeignetsten, um das Gespräch zu führen.«
»Welches Gespräch? Worum geht es, nun sag doch endlich, was los ist!«
»Pst, nicht so laut, Bleiweißmädchen. Also, es geht um dein Kind.«
»Unser Kind.«
»Natürlich, verzeih.« Gaspare trank einen kleinen Schluck Frascati und schickte Paolo, der ihm nachschenken wollte, fort. »Glaube bitte nicht, dass ich mich über deine Schwangerschaft nicht freue …«
»Giancarlo geht es gut. Und mir auch.«
»Giancarlo?«
»Erinnerst du dich nicht? Wir sprachen doch über Jungennamen. Wenn du einverstanden bist, soll unser Kleiner so heißen.« Ich nahm Gaspares
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