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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Stolz!«, rief ich laut.
    Latif erschien, eine Schale mit schwarzen Oliven in der Hand. »Natürlich, Herrin. Aber was regt Ihr Euch so auf? Geht es schon wieder um den schändlichen …?«
    »Genau um den geht es. Und es geht um die Ungerechtigkeit, die mir widerfahren ist. Ich werde die Sache geraderücken, koste es, was es wolle. Es gibt schon viel zu viele Ungerechtigkeiten auf dieser Welt.«
    »Aber Herrin, da kommt es auf diese eine doch auch nicht mehr an. Beruhigt Euch, und esst noch etwas.«
    »Ich will nichts mehr essen! Wie kannst du jetzt an Essen denken!«
    »Herrin, bitte, denkt an den Satz, der da heißt: Spielst du mit dem Feuer, verbrennst du dir die Hand.«
    »Und wenn schon. Es heißt auch: Eine Stunde Gerechtigkeit ist mehr als siebzig Jahre Gebet.«
    »Aber was wollt Ihr denn tun, Herrin?« In Latifs Augen flackerte Angst.
    »Ich werde zum Generalvikar gehen, dem Kanzler aller Professoren und Studenten, und ihm sagen, dass er die Wiederherstellung seines Ohrläppchens keineswegs nur der Kunst Tagliacozzis zu verdanken hat, sondern mindestens ebenso der meinen. Ich werde Tagliacozzi dadurch bloßstellen. Ich werde ihn von seinem Thron des alleswissenden und alleskönnenden Arztes herunterstoßen, ich werde ihn zum Gespött Bolognas machen!«
    »Herrin, verzeiht, aber Ihr wollt Euch nur rächen.«
    »Und wenn schon. Nenn es, wie du willst. Es wird höchste Zeit, dass ich gehe.«
    »Herrin, bitte, bleibt! Denkt doch daran, wie sehr Ihr Euch schaden würdet. Ihr seid eine Frau, Ihr dürft gar nicht als Ärztin arbeiten. Ihr habt etwas getan, das Euch vor das Tribunal der Inquisition bringen kann.«
    »Ach was!«
    »Und denkt an Eure Rubinseite! Viele nennen so etwas
voglia di peccato,
das ›Mal der Sünde‹. Bitte, denkt an Euch … denkt an mich.«
    »Ach was!«, wiederholte ich, denn ich war taub für seine Bitten und steigerte mich immer mehr in eine sinnlose Wut hinein. »Ich will Gerechtigkeit und Genugtuung, und ich werde beides bekommen. Zu deiner Beruhigung lass dir gesagt sein, dass ich mein Barett mit Schleier tragen werde und dass niemand mich erkennen wird.«
    »Aber wie wollt Ihr Genugtuung erlangen, wenn niemand weiß, dass Ihr sie einfordert?«, fragte mein listiger Diener.
    »Komm mir nicht mit solchen Spitzfindigkeiten. Du kannst sagen, was du willst, du wirst mich nicht aufhalten!« Ich griff zu meinem Barett und setzte es auf.
»Arrivederci!«
    »Halt!«, donnerte Latif, und seine sonst so helle Stimme klang scharf wie ein Schwert. Ich hatte ihn noch nie so laut brüllen hören und blieb widerwillig stehen. »Was ist denn noch?«
    »Bitte, bleibt, Herrin.«
    »Nein!« Wieder setzte ich mich in Bewegung, doch ein erneuter Ruf Latifs hielt mich auf. »Herrin, wenn Ihr unbedingt in Euer Verderben rennen wollt, muss ich Euch die Wahrheit sagen, denn Allah, der Erhellte, der Erleuchtete, scheint es zu wollen.«
    »Arrivederci!«,
rief ich nochmals und öffnete die Haustür, um hinauszustürmen.
    »Halt, geht nicht, Herrin! Der schändliche Mann, der abtreiben lassen wollte, ist Euer Bruder!«
    Ich tat noch zwei Schritte und hielt dann inne. »Mein Bruder? Du machst Witze. So wirst du mich nicht aufhalten.«
    Latif kam mir nach. »Ich habe es aus sicherer Quelle, Herrin, wirklich! Ich weiß es von den Beamten, die ich damals bestach, damit die Beobachtung unseres Hauses aufhörte. Und ich weiß es von Conor und seinen Bettlern, die ihre Augen und Ohren überall haben.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte ich – und merkte, dass ich es zu glauben begann. Doch ich schob den Gedanken beiseite. Er war zu ungeheuerlich, als dass es wahr sein konnte.
    Latif sah mir meine Zweifel an, denn er fuhr rasch fort: »Es stimmt, Herrin, in Euch fließt das Blut der Tagliacozzis!«
    »Nein«, murmelte ich und ließ es zu, dass Latif mich bei der Hand nahm und zum Esstisch zurückführte. Er schob mir einen Stuhl unter das Gesäß, und ich setzte mich. »Nein«, murmelte ich wieder, »das darf nicht wahr sein, das will ich nicht.«
    Latif brachte ein großes Glas mit unverdünntem Wein, und ich trank es leer, ohne es zu merken.
    »So ist es recht, Herrin. Wein glättet die Seele. Es ist so, dass Eure Mutter, von der Ihr mir so häufig erzählt habt, mit dem Vater des schändlichen Mannes, der abtreiben lassen wollte, im Christenjahr 1551 eine kurze, heftige Liebesbeziehung hatte. Als das Kind im März 1552 zur Welt kam, verlangte Eure Mutter von Giovanni Andrea, dem Vater des schändlichen Mannes,

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