Die Medica von Bologna / Roman
Ich prostete meinem Diener zu und merkte, wie die Anspannung langsam von mir abfiel. Nach zwei Jahren geistiger Abgeschiedenheit war die Operation eine große Herausforderung für mich gewesen.
»Wie es scheint, Herrin, seid Ihr wieder ganz die Alte.«
»Ja, vielleicht.«
»Bitte, bleibt so.«
»Ich will mich bemühen.«
»Ich habe mich auch bemüht, Herrin. Zwei Jahre lang, doch ich fürchte, ich war kein guter Arzt. Kein einziges Mal ist es mir gelungen, Euch zum Lachen zu bringen.«
Ich nahm Latifs Hand und drückte sie. »Du hast viel mehr für mich getan, als mich zum Lachen zu bringen.«
»Danke, Herrin.«
Ich trank meinen Wein aus und wollte mich daranmachen, meine chirurgischen Instrumente zu säubern, denn diese Tätigkeit überließ ich niemals einem anderen. Aber Latif sagte: »Erinnert Ihr Euch noch an Ludovico, den Schminker, Herrin?«
»Ja, wieso?«
»Er hat einen gebrochenen Finger.«
Ich stand auf und begann, meine Instrumente in einen Bottich mit heißem Wasser zu legen.
»Er hat Schmerzen, Herrin.«
»Das tut mir leid.«
»Er hatte sich wie das Opfer eines Überfalls geschminkt, war blutüberströmt und lag in gekrümmter Haltung am Fuße des Asinelli-Geschlechtertums, wo ein guter Ort zum Betteln ist. Sein Hut war ihm anscheinend vom Kopf geflogen und lag in einem Schritt Abstand neben ihm. Die Menschen, die an ihm vorbeigingen, erschraken gewaltig bei seinem Anblick, aber einen Augenblick später erkannten sie den Sachverhalt, bewunderten seine kunstvolle Erscheinung und spendeten in seinen Hut. Nur einer der Umstehenden machte sich einen Spaß. Er rief: ›Um Gottes willen, ist der Ärmste etwa tot?‹ Dann trat er Ludovico mit aller Kraft auf die Hand. Und als dieser mit einem Schmerzensschrei hochfuhr, rief der Spaßvogel: ›Gottlob, er lebt!‹, und machte sich davon.«
Die Instrumente waren eingeweicht. Ich begann das Blut von den Skalpellen zu wischen. »Und nun möchtest du, dass ich mir Ludovicos Finger einmal ansehe?«
»Herrin, Ihr habt einen scharfen Verstand.«
Wie sich herausstellte, hatte Ludovico sich sogar zwei Finger gebrochen. Es waren der Mittelfinger und der Ringfinger der rechten Hand. Da er Rechtshänder war, hatte das zur Folge, dass er sich nicht mehr schminken konnte und auf normale Weise weiterbetteln musste, was einen erheblichen Verlust seiner Einkünfte mit sich brachte.
Conor, der König, schlug der Gemeinschaft vor, Ludovico bis zu seiner Genesung eine Pause zu gönnen und so lange für seinen Lebensunterhalt mitzusorgen. Seine Empfehlung wurde – wie meistens in solchen Fällen – angenommen, und es war an mir, mich der gebrochenen Finger anzunehmen.
Ich tat es, nachdem ich mit mir selbst zu Rate gegangen war. Ich überprüfte alle meine Handlungen und Ziele der Vergangenheit, und ich erkannte, dass ich Fehler begangen hatte. Die Anerkennung in der Öffentlichkeit, nach der ich einst so sehr gestrebt hatte, kam mir nach zwei Jahren Krankheit völlig unwichtig, ja, sogar überflüssig vor. Wie hatte ich jemals so denken können! Was war das lobende Wort eines Aldrovandi gegen das dankbare Lächeln der kleinen Teresa? Nichts! Ihr Lächeln war zehnmal mehr wert. Hundertmal, tausendmal.
Ich hatte Mutter und Kind geholfen, nur darauf kam es an. Künftig, das schwor ich mir, wollte ich immer so handeln.
Ich erklärte Ludovico, dass gebrochene Finger am besten behandelt würden, indem man sie schiente. Das Schienen wiederum ließ sich am besten machen, indem man sie zusammenband und an einem gesunden Finger fixierte. Ich wählte dazu den kleinsten, weil Ludovico auf diese Weise noch mit Daumen und Zeigefinger greifen konnte. Seine Frage, wie lange der Heilungsprozess dauern würde, konnte ich allerdings nicht genau beantworten. »Höre, Ludovico«, sagte ich, »es kommt immer ganz auf die Art des Bruchs an und darauf, welcher Knochen betroffen ist. Ein Schienbein beispielsweise braucht länger, um wieder zusammenzuwachsen, als ein Schlüsselbein. Außerdem ist die Zeit der Heilung von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Bei Jüngeren jedoch ist sie generell kürzer.«
»Ja, Signorina Carla.«
»Nicht zuletzt spielt eine Rolle, ob der Bruch fachmännisch ruhiggestellt wird und welche Kost der Kranke zu sich nimmt. Mit bekömmlicher, leicht verdaulicher Nahrung wie Suppen und Gemüse macht man niemals etwas falsch. Alkohol ist zu meiden, und wenn, dann nur als leichter Schlaftrunk einzunehmen.«
»Ja, Signorina Carla.«
»Sag einfach nur
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