Die Medica von Bologna / Roman
hervor. »Bedien dich, guten Appetit.«
Der mit den Bucheckern sagte: »Immer nur Oliven, das hält der beste Magen nicht aus.«
»Ich habe noch eine Wurst«, sagte ich. »Sie ist hier aus der Gegend und schmeckt köstlich.«
»Immer nur Wurst, das hält der beste Magen nicht aus.«
Latif und ich sahen uns an. Wir spürten, dass die Sache brenzlig wurde.
»Habt ihr nicht was anderes außer Oliven und Wurst?«, fragte der mit dem Messer lauernd. »Habt ihr nicht ein paar schöne Münzen, die ihr entbehren könnt?«
»Wir kommen aus Nocera Umbra«, sagte ich, um ihn abzulenken. »Wir haben dort Luigi besucht. Kennt ihr Luigi?«
»Scheiß auf deinen Luigi!« Der mit den Bucheckern spuckte aus. »Genug gequatscht. Her mit euren Kröten, oder wir blasen euch das Lebenslicht aus. Erst dir, Dicker, und dann dir, meine Schöne, nachdem du uns ein wenig an dir hast naschen lassen.«
Der mit dem Messer lachte hässlich. »Ja, ja, immer schön der Reihe nach.« Er stand auf, und ich sah, dass er fast so groß wie Latif war, aber hager wie ein alter Klepper. »Her mit dem Zaster, Dicker, oder ich hole ihn mir!«
»Natürlich, Signore, natürlich!« Latif legte sein Bündel auf den Boden und schnürte es auf. »Wir haben nicht viel, aber das Wenige, was wir haben, ist hier drin. Wartet.« Er bückte sich umständlich und kramte in seinen Habseligkeiten. Gier flackerte in den Augen der beiden Halunken auf. Sie traten nah an ihn heran, um zu sehen, was er hervorholte. Dann, plötzlich, geschah etwas, mit dem weder sie noch ich gerechnet hatten. Latif schien zu explodieren. Sein schwerer Körper schoss nach oben und riss die beiden Strauchdiebe um. Sie torkelten und suchten nach Halt, doch ehe sie sich gefangen hatten, ließ Latif Conors Wanderstab auf ihren Rücken tanzen. Wieder und wieder schlug er zu, mit einer Kraft, die mich überraschte. Mein findiger, fröhlicher, gewitzter Latif konnte also auch ein ganzer Kerl sein!
Erst als die Halunken um Gnade flehten, hielt er inne. »Bei Allah, dem Zürnenden, dem Strafenden, lasst euch das eine Lehre sein!«, schimpfte er. »Und sucht euch einen ehrbaren Beruf. Los, packt euch.«
Nach dem Vorfall mit den Strauchdieben mussten wir so schnell wie möglich weiterziehen, denn wir wussten nicht, ob sie einer Bande angehörten und vielleicht zurückkämen, um sich zu rächen. Doch Gott sei Dank geschah nichts dergleichen. Der Wanderstab von Conor, dem Bettlerkönig, hatte sich als sehr hilfreich erwiesen.
Unsere nächste Station war San Martino. Doch bevor wir das Bergdorf erreichten, sahen wir einen jungen schwarzgekleideten Mann vor uns auftauchen. Er rastete am Wegrand im Gras und las in einem schweren Buch. Als er unser angesichtig wurde, sagte er: »Gott zum Gruße, ihr zwei. Ihr habt euch einen schönen Tag zum Wandern ausgesucht.«
»Das haben wir, Signore«, sagte Latif.
Der junge Mann erhob sich höflich und stellte sich vor. »Ich bin Bruder Sebastiano und befinde mich auf dem Weg nach San Martino, dort soll ich eine Stelle als Vikar antreten.«
»Schon wieder ein Pfarrer«, murmelte Latif, aber er murmelte es so leise, dass der Vikar ihn nicht verstand.
»Dann wünschen wir Euch alles Gute, Hochwürden«, sagte ich steif und wollte weitergehen, aber Bruder Sebastiano lachte. »Lasst den ›Hochwürden‹ ruhig beiseite, als Vikar bin ich dem örtlichen Pfarrer unterstellt und mithin nicht so wichtig, Signora, äh …?«
Ich überhörte seine unausgesprochene Frage und sagte: »Wir wollen in San Martino unseren Freund Luigi besuchen.«
»Luigi?« Bruder Sebastiano musterte mich mit freundlichem Blick. »Ich werde in meiner neuen Pfarre sicherlich eine Reihe Luigis kennenlernen. Wie ist denn der Nachname?«
Ich biss mir auf die Lippen. Das Gespräch hatte eine unerwartete Wendung genommen. Latif rettete mich, indem er sagte: »Luigi hat ein paar Schafe und lebt ein einfaches Leben.« Da die meisten Menschen in der Region ein paar Schafe hielten, hatte er damit nicht gelogen.
»Wenn ich ihn sehe, will ich ihn von euch grüßen. Und wie ist euer Name?«
Nun saßen wir in der Falle. Wir mussten antworten, um uns nicht verdächtig zu machen. Lügen allerdings wollten wir auch nicht, denn der junge Bruder war durchaus sympathisch. So nannte ich meinen zweiten Vornamen.
»Ich heiße Maria«, sagte ich. »Dass wir Luigi besuchen wollen, habe ich Euch ja schon erzählt. Und was hat Euch in die Berge verschlagen?«
»Oh!« Er lachte verlegen. »Die Frage habe
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