Die Medica von Bologna / Roman
sie Monti Sibillini, warum, das habe ich bereits erzählt. Die Luft ist rein wie Seide, und die Kost der Bergbauern ist einfach, aber gesund. Ich habe selbstgemachten Käse und selbstgemachte Wurst aus Casali dabei. Niemand soll sagen, der Händler Tasco Bariello wüsste nicht zu teilen.«
Er stand auf und holte Käse und Wurst vom Wagen. »Lasst es euch schmecken. Mein Vater pflegte zu sagen, man sieht sich immer zweimal im Leben, vielleicht kann ich euch dann etwas verkaufen.«
»Du bist ein weiser Mann, Tasco«, sagte Latif, auf einem Stück Käse kauend.
»So ist es«, pflichtete ich meinem Diener bei. »Du bist weise und wissend. Und deine Schilderungen waren sehr interessant.«
Latif und ich brauchten über eine Woche, um in den Schluchten der Sibillinischen Berge eine geeignete Höhle zu finden. Doch dann, eines Morgens, nach einer bitterkalten Nacht im Freien, war uns endlich das Glück hold. Oberhalb einer Hochwiese war es, als Latif über eine Wurzel am Boden stolperte und im Hinfallen ein paar Büsche unter sich begrub. »Allah, was habe ich nur verbrochen, dass du mich diesen Leidensweg gehen lässt!«, jammerte er laut. »Du hast mir eine Herrin beschert, die lieber nackten Fels über sich will, als ein von ihrem treuen Diener gezimmertes Dach. Allah …«
»Beruhige dich!«, rief ich. »Schau lieber zur Seite. Siehst du da, was ich sehe?«
»Ei … eine Höhle, Herrin?«
»Es sieht ganz so aus. Steh auf, wir wollen hineingehen und uns umsehen, vielleicht haben wir gefunden, was wir suchen.«
Nachdem wir uns durch den kaum hüfthohen Einlass in der Gesteinswand gezwängt und einen schmalen, gewundenen Pfad im Halbdunkel hinter uns gelassen hatten, tat sich vor uns ein Felsendom auf, der mindestens fünfzehn Schritt im Durchmesser maß. Stalaktiten und Stalagmiten wuchsen an den Rändern aufeinander zu, und zwischen ihnen führten zwei weitere Gänge hindurch. Da wir kaum noch etwas sehen konnten, gingen wir zunächst den Weg zurück, zündeten einen gut brennenden Ast an und drangen erneut ins Innere vor. Die beiden Gänge, die von dem Felsendom abzweigten, endeten nach fünfzig oder siebzig Schritten jeweils in einer mannshohen Höhle, bevor sie noch tiefer in den Fels hineinführten.
»Es ist sicher nicht die Grotta delle Fata, aber für unsere Zwecke sehr gut geeignet«, sagte ich zu Latif. »Ich denke, hier bleiben wir. Du nimmst die linke Höhle, da sie etwas höher ist, ich nehme die andere. Der Felsendom soll das sein, was in unserem Haus in der Strada San Felice das Esszimmer und die Feuerstelle waren. Siehst du nun, dass ein Dach aus Kalkstein mindestens so gut ist wie eines aus Holz?«
»Ja, Herrin, ich sehe es, aber ich frage mich auch, wie oft ich mir in diesem Labyrinth den Kopf stoßen werde. Wie lange, gedenkt ihr, werden wir hier bleiben?«
Ich blickte mich um und sagte langsam: »Zumindest für den kommenden Winter, vielleicht aber auch für immer.«
»Ja, Herrin. Was Ihr befehlt, ist Allahs Wille.«
»Hör mal, Latif, du bist zwar mein Diener, aber wenn es um dein ganzes Leben geht, mag ich nicht über dich bestimmen. Wenn das Frühjahr kommt, kannst du frei entscheiden, wohin du gehen willst.«
»Ja, Herrin.« Latif kullerte mit den Augen. »Und was soll dann aus mir werden?«
Der erste Winter in der Höhle, die wir, in Anlehnung an das Haus der Bettler in Bologna, Grotta delle Rifugio nannten, war so hart, dass Latif und ich manchmal dachten, wir würden ihn nicht überleben. Und wenn Tasco Bariello, der wandernde Händler, nicht gewesen wäre, wäre es auch so gekommen. Wir trafen ihn mehrere Male, aus Vorsicht immer an einem anderen, vorher abgemachten Ort, und er versorgte uns mit dem nötigsten Hausgerät. Er führte auch Nahrungsmittel bei sich, die er für billiges Geld verkaufte. Als unsere Barschaft zur Neige ging und ich ihm dies eröffnete, sagte er: »Vielleicht kannst du mich anders entlohnen, Maria. Ich habe gesehen, wie geschickt du mit den Händen bist, könntest du dir einmal Bocco, mein Grautier, ansehen?«
»Was fehlt ihm denn?«, fragte ich.
»Hier, schau mal, er hat eine Geschwulst hinter dem linken Ohr. Wenn man dagegenkommt, wandert sie hin und her. Ich glaube nicht, dass sie sehr gefährlich ist. Aber sie stört Bocco ungemein. Alle Augenblicke schüttelt er den Kopf, als wolle er einen Schwarm Bienen abwehren.«
Ich betrachtete die Wucherung unter dem Fell und sagte: »Sie drückt ihn, deshalb versucht er sie
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