Die Medica von Bologna / Roman
dann endgültig davongemacht.
Seitdem hatte Silvestro Badoglio nur eines im Sinn: um jeden Preis eine neue Nase zu bekommen.
»Der Doktor wird Euch eine makellose neue Nase formen«, sagte ich zu ihm, obwohl ich mir dessen keineswegs sicher war. Doch Optimismus zu verbreiten gehört zu der Arbeit einer guten Schwester, und ich war darin geübt. Ich legte die Kapuzenweste zurück in den Weidenkorb, wünschte ihm weiterhin alles Gute und verließ das Haus.
Als ich drei Tage später wieder erschien, fand ich Badoglio zusammen mit Doktor Tagliacozzi in einem anderen Raum vor. Der Raum befand sich im oberen Stockwerk, direkt unter der Dachterrasse, und ging nach Süden hinaus. Als ich eintrat, sagte der Doktor gerade: »Mein lieber Signore Badoglio, ich bedaure, dass ich für den heutigen Zweiten und Dritten Akt meine Studenten nicht hinzuziehen darf, aber selbstverständlich akzeptiere ich Euren Wunsch nach Diskretion … Oh, da seid Ihr ja, Schwester Carla, Ihr wundert Euch sicher, dass ich die Behandlung an einem anderen Ort fortführe, aber für das Gelingen der Operationen ist trockene Luft unabdingbar, und diese herrscht nun einmal eher in den oberen Stockwerken als direkt über dem feuchten Erdboden.«
»Ich verstehe«, sagte ich.
»Wir haben Glück, dass Signore Badoglio rechtzeitig wieder gesundet ist, denn vorgestern und gestern litt er unter einer beschleunigten Darmpassage, bedingt durch eine
discrasia
oder
cacochymia
der Humoralsäfte, wie wir Ärzte sagen. Sie wichen in der Qualität von der rechten Zusammensetzung ab, doch dank einiger wirksamer Arzneien befinden sie sich wieder in der richtigen Proportion. Bevor wir mit dem Zweiten Akt beginnen, bitte ich Euch, unserem Patienten die Kapuzenweste anzulegen.«
»Jawohl, Dottore.« Ich nahm mein Schneiderstück aus dem Weidenkorb und trat vor den auf einem Stuhl sitzenden Patienten. »Beugt Euch etwas nach vorn, dann könnt Ihr leichter in die Weste hineinschlüpfen, Signore«, sagte ich.
»Aber achtet dabei auf Euren linken Arm«, ergänzte Doktor Tagliacozzi. »Jede unsanfte Berührung könnte den Erfolg unserer Mission in Frage stellen.«
Badoglio murmelte irgendetwas und ließ sich in die Weste helfen.
»Schwester Carla, bitte streift dem Signore auch die Kapuze über und verschnürt das Kleidungsstück.«
Ich tat, wie mir geheißen, und kurz danach saß Badoglio dank der Weste so gerade auf seinem Stuhl, als hätte er einen Stock verschluckt.
Doktor Tagliacozzi ging um ihn herum und überprüfte ihren Sitz von allen Seiten. »Perfekt!«, lautete sein Urteil. »Ich muss Euch loben, Schwester.«
»Danke, Dottore.«
»Und nun muss ich Euch bitten, den Raum zu verlassen.«
Ohne meine Antwort abzuwarten, begann er, seine Instrumente in einer Schale zu sortieren.
Ich blieb.
Nach einer Weile blickte er auf und sah, dass ich noch immer da war.
Er runzelte die Stirn. »Schwester, ich danke Euch für die Anfertigung der Kapuzenweste, sie ist wundervoll gelungen und wird gewiss sehr hilfreich sein. »Doch nun …«
»Ich möchte Euch die Instrumente anreichen, Dottore.«
»Das wird nicht nötig sein, ich muss Euch bitten …«
»Lasst mich den fehlenden
ministrus
ersetzen.«
»Woher wisst Ihr, dass für die kommenden Akte normalerweise ein
ministrus
vorgesehen ist?«
»Ich weiß es eben.«
In des Doktors Gesicht arbeitete es. »Vielleicht sprechen wir darüber besser vor der Tür, Schwester.« Er nahm mich beim Arm und führte mich hinaus. Kaum waren wir draußen, platzte er heraus: »Wie konntet Ihr es wagen, Euch meinen Anweisungen zu widersetzen!«
»Wie konntet Ihr es wagen, mich wie eine Zulieferin von Kleidungsstücken zu behandeln.«
»Das habe ich nie getan!«
»Ihr habt mich behandelt wie eine kleine Näherin, und das vor den Augen Eures Patienten.«
»Unsinn!«
»Ihr hattet beim letzten Mal nicht einmal die Höflichkeit, das Maßnehmen an Signore Badoglio abzuwarten, obwohl ich extra deswegen gekommen war. Ich glaube nicht, dass Ihr Euch Eurer Mutter gegenüber ebenso …«
»Wie könnt Ihr es wagen …«
»Fangt nicht schon wieder an. Lasst mich Euch assistieren, bitte. Wie Ihr mich dabei nennt, ist mir einerlei,
ministra, assista,
meinetwegen sogar Näherin, Hauptsache, ich kann dabei sein.«
»Niemals!«
»Gut, dann gehe ich jetzt hinein und ziehe Signore Badoglio die Kapuzenweste wieder aus. Sie ist mein, ich kann mit ihr machen, was ich will, denn Ihr habt sie nicht bezahlt.«
»Wie könnt Ihr es …!«
Ich
Weitere Kostenlose Bücher