Die Medica von Bologna / Roman
für diese schwierige Operation habe, lasse ich Euch benachrichtigen.«
Ich musste an mich halten, um meine Freude nicht laut hinauszuschreien. Es hatte geklappt! »Gut«, sagte ich möglichst ruhig. »Ich gehe jetzt. Ich wünsche Euch noch einen schönen Abend, Dottore.«
»Dasselbe für Euch, Carla. Wartet, ich bringe Euch zur Tür.«
Er brachte mich zum Ausgang, wobei er über dies und das redete, unwichtiges Zeug im Vergleich zu dem, was wir vorher besprochen hatten, weshalb es an meinen Ohren vorbeiplätscherte. Einmal blieb er stehen und deutete durch eine halb geöffnete Tür, hinter der eine ältere Dame in einem prächtigen salamandergrünen Atlaskleid auf Adelmo einredete. »Meine Mutter«, erklärte er.
»Eure Mutter?«
»Ja, ich lebe mit ihr hier im Haus. Sie erteilt wohl gerade Anweisungen für das kleine Bankett, das sie heute Abend im Esszimmer geben will. Es sollen Makkaroni mit Krabbensauce, Kalbsnieren auf geröstetem Brot, junge Kaninchenkeulen, Meerfische im Saft, Gemüseaufläufe, Dattelrollen, Marzipankuchen und weiß der Himmel, was noch alles, gereicht werden.«
Ich grüßte höflich in die angegebene Richtung, aber Signora Tagliacozzi sah mich nicht, wahrscheinlich war sie zu sehr beschäftigt.
Wenig später standen wir an der hohen Eingangstür. »
Arrivederci,
Carla«, sagte er etwas steif.
»
Arrivederci,
Dottore«, antwortete ich.
Dann ging ich.
Auf dem Heimweg an der Stadtmauer entlang, rief ich mir jede Einzelheit unseres Gesprächs ins Gedächtnis zurück, und ich freute mich über das Ergebnis. Hin und wieder jedoch mischte sich in die Freude auch ein klein wenig Ärger über den gutaussehenden Doktor, der es gewagt hatte, sich im Kloster über mich zu erkundigen.
Warum er das getan haben mochte, fragte ich mich nicht.
Eine Woche verging, dann eine zweite, dann eine dritte. Jeden Tag hoffte ich auf eine Nachricht aus der Via delle Lame, aber sie blieb aus. Endlich, kurz vor Weihnachten, erreichte mich eine Nachricht. Sie wurde von einem Boten überbracht, der eine Livree trug, wie ich sie von Adelmo kannte. Mit fliegenden Händen erbrach ich das Siegel und las, was Doktor Tagliacozzi in seiner steilen Schrift zu Papier gebracht hatte:
Verehrte Carla,
ich hoffe, Ihr seid wohlauf. Der Nachmittag, den wir zusammen in meinem Haus verbrachten, ist mir in angenehmer Erinnerung. Ich wünsche Euch eine friedvolle Weihnacht und Gottes Segen für das neue Jahr, in dem sich hoffentlich eine Gelegenheit findet, die von Euch entwickelte Kapuzenweste einzusetzen.
Euer sehr ergebener
Gaspare Tagliacozzi
Es folgten Ort und Datum und danach nichts. Zwiespältige Gefühle bemächtigten sich meiner. Einerseits freute ich mich über seine Botschaft und die guten Wünsche – beides war ein Zeichen dafür, dass er unsere Abmachung nicht vergessen hatte –, andererseits störte mich sein hölzerner Ton. Doch immerhin hatte er sich gemeldet, der Kontakt war nicht gänzlich abgerissen. Und seinen Vornamen kannte ich nun auch. Gaspare … Ich faltete das Papier zusammen und wollte ins Haus zurückgehen, wurde aber von einer Stimme aufgehalten. »Signorina!« Sie gehörte dem Boten, den ich ganz vergessen hatte.
»Was gibt es denn noch?«
»Verzeiht, Signorina, aber ich soll auf Antwort warten.«
»Auf Antwort?« Erneut überflog ich den Brief und überlegte, was ich darauf erwidern konnte. Tausenderlei fiel mir ein, aber nichts davon kam mir passend vor. Schließlich sagte ich zu dem armen Kerl, der schon vor Kälte bibberte: »Richte deinem Herrn aus, ich danke ihm für die Nachricht und wünsche ihm ebenfalls friedvolle Weihnachten.«
»Jawohl, Signorina.« Erleichtert drehte er sich um und eilte davon.
Ich seufzte und ging ins Haus.
Das Weihnachtsfest anno 1573 war für mich ein Wechsel von Arbeit, Gebet und Einsamkeit, wobei die Einsamkeit den größten Teil ausmachte. Zwar besuchte ich die Messe am Heiligen Abend zusammen mit Signora Carducci, auch aßen wir anschließend eine Pastaspeise und Geselchtes vom Wildschwein in meinem Haus, aber wir spürten beide, dass wir einander nicht mehr viel zu sagen hatten. Vielleicht auch deshalb, weil ich zu Marcos Beerdigung nicht erschienen war. Er fehlte uns beiden gleichermaßen, aber die Brücke, die er einstmals zwischen uns gebildet hatte, war zerbrochen.
Was blieb, war der Dienst im Hospital von San Lorenzo. In der kalten Jahreszeit nahm die Zahl der Patienten zu, und jede Hand wurde dringend gebraucht. Es war in den Tagen
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