Die Medica von Bologna / Roman
Er gab mir den Rötelstift zurück, und ich reichte ihm eine Schere, von der ich annahm, sie habe die richtige Größe. Er nahm sie, ohne zu zögern, und beschnitt das Stück Pergament wie angezeichnet.
»Nun haben wir’s. Auf diesem Wege ist eine Vorlage entstanden, nach der wir den Hautlappen des Arms zurechtschneiden können.«
Er rückte wieder die Blumensäule heran, hieß Badoglio, seinen Arm daraufzulegen, und setzte seine Arbeit fort, indem er die Vorlage auf den Lappen legte und ihn entsprechend beschnitt. »Tut das weh, Signore?«
Badoglio gab ein Grunzen von sich, das als Verneinung gelten mochte.
»Ich lasse den Lappen in seiner neuen Form lieber etwas größer, denn zurückschneiden kann man ihn immer noch. Was jetzt folgt, ist das Vernähen des Stumpfes mit dem Lappen. Bevor das geschieht, müssen wir aber auch ihn auffrischen. Bitte noch einmal das Messer, Schwester.«
Ich gab es ihm, und er wiederholte die Prozedur, die er schon am Stumpf vorgenommen hatte. Als er fertig war, blickte er auf und sagte in dem feierlichen Ton, den er bereits zuvor angeschlagen hatte: »Signore, Signorina, es beginnt der wichtigste Teil der ganzen Rekonstruktion.«
Ich wollte ihm eine Rundnadel mit Faden geben, doch er hielt mich zurück. »Einen Augenblick, Schwester, wir müssen den linken Arm unseres Patienten erst in die exakt richtige Position bringen. Bitte, Signore, streckt ihn nach vorn, winkelt ihn an, ja, mehr, noch mehr, gut so. Und nun legt die Hand mit der Innenfläche auf Euren Kopf und lasst sie da. Seid Euch bewusst, dass sie dort achtzehn, vielleicht sogar zwanzig Tage und Nächte verbringen wird, jedenfalls so lange, bis der Vereinigungsprozess durch das Zusammenwachsen der beiden Teile vollendet ist. Wie Ihr bemerkt, hängt das lose Lappenende jetzt genau vor Eurem Gesicht, so dass es nur noch mit dem Nasenstumpf vernäht werden muss. Bitte, Schwester, jetzt die Nadel, und haltet danach wieder den Kopf unseres Patienten sehr fest.«
»Jawohl, Dottore.«
Und während der Doktor die Einstiche für die Nadel zunächst markierte, begann er plötzlich, auf Latein zu dozieren:
»Igitur in virili aaetate constitutum, atque tum, ubi iam penitus obduruit, et iam flect incipit, validum satis, atque ad sustinendam operationis vim apprime munitum, traducem oportet arripere, et cum curtis partibus novo insitionis, consortio copulare.«
»Was habt Ihr gesagt, Dottore?« Im Gegensatz zu mir, die ich mittlerweile fließend Latein konnte, schien Badoglio dieser Sprache nicht mächtig zu sein.
»Verzeiht, Signore, manchmal geht der Hochschullehrer mit mir durch. Ich sagte: Wenn die
Aetas virilis
eingetreten ist, verhärtet sich der Lappen in seinem Inneren, und er beginnt sich einzurichten, so dass er stark genug und vor allem vorbereitet ist, die Gewalt der Operation zu ertragen. Nun ist es angebracht, den Spross zu ergreifen und ihn mit den verstümmelten Partien in der neuen Gemeinschaft des Pfropfens zu vereinigen. Tja, und genau das werde ich jetzt tun.«
Für die nächste halbe Stunde schwieg Doktor Tagliacozzi, zu sehr war er damit beschäftigt, die Stiche sauber und gleichmäßig zu setzen, wobei er in der Mitte begann und sich nach beiden Seiten vorarbeitete. Als er fertig war, verknotete er die Fäden und betätigte eine Klingel.
Als hätte er darauf gewartet, erschien Adelmo und fragte nach den Wünschen seines Herrn.
»Lass das Bett von Signore Badoglio heraufschaffen, die Behandlung ist so weit fortgeschritten, dass es uns jetzt nicht mehr einengen kann.«
»Sehr wohl.«
Adelmo verbeugte sich und ließ kurz darauf von zwei kräftigen Männern das Bett hereintragen. Doktor Tagliacozzi befahl: »Hier entlang. Richtet das Gestell so aus, dass man von beiden Seiten gut herantreten kann und dass ein freier Blick aus dem Fenster für Signore Badoglio möglich ist.«
»Sehr wohl, gnädiger Herr.«
»Danke, Adelmo, du kannst mit deinen Männern jetzt gehen.«
Danach wandte er sich an mich. »Wir bringen unseren Patienten nun zu Bett. Bitte haltet ihm weiterhin den Kopf sehr fest. Der Signore muss sitzen, aufrecht sitzen, während wir ihm mit Hilfe mehrerer fixierender Bandagen und Binden den Arm unverrückbar für die nächste Zeit versteifen. Diese Arbeit ist sehr wichtig, denn wenn der Arm nur das geringste Bewegungsspiel hat, verheilen die Nähte nicht, und die ganze Operation würde misslingen.«
»Ja, Dottore, natürlich.«
»Ich habe die Verbände vorbereiten lassen, sie wurden in Eiweiß,
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