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Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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sonst in der Nähe ist, dachte ich, meine Ansicht könnte nicht schaden. Schließlich kaufen Damen diese idiotischen Gebilde, um Männern zu gefallen, stimmt’s?«
    »Keineswegs! Wir kaufen sie, um unser Haar zu bedecken und unser Gesicht vor der Sonne zu schützen.«
    »Wenn das so ist, sollten Sie diesen Hut nicht kaufen. Er bedeckt Ihr Haar kaum, und ich garantiere Ihnen, daß Sie sich das Gesicht verbrennen, wenn Sie ihn im Sommer tragen.«
    »Ich habe nicht um Ihre Meinung gebeten, Sir.«
    »Ich war da anderer Ansicht.«
    »Ich hörte Schritte und hielt sie für meine Freundin Mrs. Talbot.«
    »Nein, Mrs. Talbot bin ich nicht. Gabriel Danaher, zu Diensten, Madam.«
    Seine von leicht irischem Akzent gefärbte Stimme hatte einen spöttischen Klang, was Olivia ausgesprochen irritierend fand. Zweifellos war er sich seines guten Aussehens bewußt und wirkte dadurch noch arroganter. Smaragdgrün strahlende Augen auf sonnengebräunter Haut. Schwarzes, glänzendes Haar hing ihm in ungebändigter Mähne bis zu den Schultern. Eine dünne Narbe an der linken Wange unterstrich die Verwegenheit seiner kantigen Gesichtszüge. Der große, breitschultrige Hüne hatte ein Auftreten, mit dem er den Raum auszufüllen schien, den er betrat. Eine von der Natur Männern vorbehaltene Eigenschaft, die ihren Eindruck auf die Damenwelt gewiß nicht verfehlte.
    Olivia ließ sich davon wenig beeindrucken. Ihrer Erfahrung nach waren Männer, die sich für charmant und gutaussehend hielten, häufig so überzeugt von ihrer Wirkung auf Frauen, daß sie ihre guten Manieren vergaßen.
    »Und Sie sind …« lieferte er ihr lächelnd das Stichwort, sich vorzustellen.
    »Niemand, die Sie kennen. Es ist nicht meine Art, mich mit Männern zu unterhalten, die mir nicht vorgestellt wurden.«
    »Ich dachte, ich habe mich gerade vorgestellt.«
    Die Lachfältchen um seine Augen vertieften sich, als Olivia die Lippen mißbilligend aufeinander preßte. Der Kerl machte sich über sie lustig, das war eine neue Erfahrung für sie. Im Laufe ihrer sechsundzwanzig Lebensjahre war Olivia beschimpft, belehrt und gelegentlich umworben worden, doch verspottet hatte man sie höchst selten. Ihre gewohnte Gelassenheit wich einem gereizten Bedürfnis, diesen unverschämten Mr. Danaher in seine Schranken zu weisen.
    Olivia richtete sich zu ihrer vollen Größe von einem Meter sechsundfünfzig auf. »Ich fürchte, Mr. Danaher, Ihnen fehlt es an Lebensart. Ein Herr belästigt eine fremde Dame nicht mit einem persönlichen Gespräch; beantwortet keine Fragen, die nicht an ihn gerichtet sind, und drängt seine« – sie musterte ihn mit einem vernichtenden Blick von oben bis unten – »seine ungepflegte Erscheinung nicht ungebeten einer Dame auf, die ihm taktvoll zu verstehen gibt, nicht an der Fortsetzung eines Gesprächs interessiert zu sein.«
    »Taktvoll?«
    Olivia errötete. »Ja. Taktvoll. Falls Takt keine Wirkung zeigt, Mr. Danaher, verfüge ich über eine reiche Auswahl stärkerer Maßnahmen.«
    »Darauf wette ich.«
    Das Ärgerliche an diesem Gespräch war die Tatsache, daß dieser Mr. Danaher sich nicht im geringsten beeindruckt zeigte.
    Der belustigte Zug um Augen und Mund wich nicht, im übrigen ein eher schmaler Mund, der zweifellos auf einen schlechten Charakter schließen ließ, stellte Olivia zufrieden fest.
    »Ich wäre Ihnen dankbar, Sir, wenn Sie sich in eine andere Abteilung begeben würden, da Ihr Interesse für Damenhüte begrenzt sein dürfte und unser Gespräch beendet ist …«
    »Olivia! Du meine Güte!« Amy tauchte an der Ecke des Stoffregals auf. »Belästigt dich dieser Mann? Soll ich Mr. Shriner rufen?«
    »Ich bin sehr wohl in der Lage, selbst auf mich aufzupassen, Amy. Es ist nichts geschehen.«
    Der aufdringliche Fremde nickte Amy höflich zu. »Mrs. Talbot.«
    Amy bedachte ihn mit einem kalten Blick und ignorierte seine Begrüßung geflissentlich. »Bist du wirklich in Ordnung?« fragte sie besorgt.
    »Natürlich.«
    »Freut mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, Miß Olivia.«
    Olivia bemerkte den Anflug von Triumph in den Worten des Fremden, bevor er kehrtmachte und sich entfernte. Er hatte ihren Namen erfahren, obwohl sie sich geweigert hatte, ihn zu nennen. Wozu ihm das nützen sollte, war Olivia allerdings schleierhaft. Vermutlich ging es ihm nur darum, seinen Willen durchzusetzen.
    »Es tut mir leid, Olivia. Manchmal sehne ich mich nach New York, wo solches Gesindel nicht in Geschäften zugelassen ist, in denen Damen

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