Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
sitzen sehen, doch am Ende der Feier war sie in dem Meer der quastengeschmückten Hüte verschwunden.
Eugene hatte es nicht geschafft. Er stand unter Prüfungsdruck, und die neunstündige Fahrt von Ibadan wäre eine zu große Ablenkung gewesen.
Irgendwann traf Godfrey ein. In Begleitung dreier Freunde. Aufgemacht wie ein Drogenbaron. Ein fast bis zum Nabel aufgeknöpftes Pierre-Cardin -Hemd, weiße Givenchy Schuhe mit silbernen Kappen und gegelte Haare. Er hatte zwei Goldketten um den Hals und ein Goldarmband am Handgelenk hängen. Kein Wunder, dass er mit seinem Taschengeld nicht auskam und ständig mehr von mir haben wollte. Häufig gab ich nach. Ich wollte ihm, ihnen allen, so weit wie möglich ein Vater sein. Ich wollte für sie auf eine Weise da sein, wie mein Vater es für mich nie gewesen war. Die wenigen Kleidungsstücke, die ich an der Uni besaß – außer denen, die Ola mir schenkte –, waren aus den »Bück-Boutiquen« gekommen, wo die mehr oder weniger abgetragenen Sachen, die die Leute in Europa und Amerika nicht mehr anziehen wollten, auf wasserdichten Planen auf dem Boden ausgelegt und verkauft wurden. Ich sorgte dafür, dass meine Geschwister die neueste Mode und die beste Qualität trugen.
»Tut mir leid, dass ich so spät komme«, entschuldigte sich Godfrey. »Unser Wagen musste ständig anhalten, weil einer der Mitfahrer sich übergeben musste. Wenn ich das gewusst hätte, hätten wir einfach ein Taxi für uns allein genommen und für sämtliche Plätze bezahlt. Kings, wo sind die Sachen, die du für mich gekauft hast?«
»Ich habe auf dieser Reise nicht viel einkaufen können«, sagte ich.
»Du hast die CD nicht gekauft?«
»Ich hatte wirklich keine Zeit.«
Er runzelte die Stirn.
»Kings, diese CD ist zur Zeit die heißeste Scheibe überhaupt. In Nigeria wird sie noch gar nicht verkauft, deswegen haben sie nur ganz wenige Leute.«
»Tut mir leid. Aber keine Sorge, ich werde bald wieder reisen.«
Wir stellten uns für mehrere Fotos auf. Godfrey machte Aufnahmen mit dem Camcorder und zog dabei viele Blicke auf sich. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit bedauerte ich, dass mein Vater nicht dabei war. Ich hätte ihn mir an einem Tag wie diesem sehr gut vorstellen können. Stolz, gerührt, optimistisch. Die Immatrikulation war ein weniger großes Ereignis als der Abgang von der Universität, deshalb hatte meine Mutter für diesen Tag nicht selbst gekocht. Aber Charity hatte mir das Versprechen abgenommen, dass ich sie und ihre Freundinnen in ein schickes Restaurant einladen würde. Godfrey hatte die Idee gehabt.
Charity zog los, um ihre Freunde zu holen. Mein Handy klingelte. Es war Protocol Officer.
»Kings, ich soll dir von Cash Daddy sagen, dass du ihn am Montagabend im Fernsehen angucken sollst. Er kommt in Tough Talk .«
»Tatsächlich?«
»Er sagt, du sollst dafür sorgen, dass alle in der Firma ihn gucken. Um zehn fängt es an.«
»Klar, mach ich.«
Ich bemerkte, dass Tante Dimma mich so komisch ansah, als ob sie versucht hätte, mir von den Lippen zu lesen. Kaum hatte Protocol Officer aufgelegt, stand meine Tante wie durch ein Wunder neben mir.
»Kings«, sagte sie leise, »was machst du übernächsten Freitag?«
»Ich weiß nicht genau. Warum?«
»Ich wollte dich zu einer besonderen Veranstaltung in meiner Kirche einladen. Es ist eine eintägige Errettungssitzung.«
»Errettung wovon?«
»Von allem Möglichen. Errettung von Feinden, von der eigenen Vergangenheit …« Sie schwieg einen Moment. »Errettung von dämonischen Einflüssen und bösen Geistern.«
»Aha. Tante, gerade fällt mir was ein. Ich bin, glaube ich, an dem Tag nicht frei. Ich hatte mir etwas vorgenommen.«
»Schau doch, ob du es nicht trotzdem schaffst. Ehrlich, du wirst es nicht bereuen.«
Ich versprach ihr, mein Bestes zu versuchen. Ich wusste, dass ich den Teufel tun würde. Charity kam mit ihren Freundinnen zurück. Ungefähr siebzehn an der Zahl.
»Sind das nicht zu viele?«, flüsterte Tante Dimma Charity empört zu.
»Tante«, schaltete ich mich ein, »das ist kein Problem.« Mein Geldbeutel gab das allemal her.
34
Die Angestellte in der amerikanischen Botschaft prüfte meine Papiere. Sie blätterte meinen Pass durch und sah die Belege für meine häufigen Reisen nach Großbritannien sowie in den Schengenraum und zurück. Sie sah Unterlagen, die ihr bestätigten, dass ich ein Import-ExportUnternehmen besaß. Sie nahm meine vollen Bankkonten zur Kenntnis und wusste, dass ich nicht vorhaben
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