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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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damit gar nichts anfangen wolltest?«
    Ich versuchte zu lächeln, aber mit mäßigem Erfolg.
    »Und du?«, fragte ich. »Was machst du so?« Vielleicht hatte er eine Antibabypille für Männer entwickelt.
    »Ich bin in der IT-Branche«, antwortete er zufrieden.
    »Ich bin in den Staaten ansässig.«
    Das erklärte die frische Hautfarbe. Die bösartige nigerianische Sonne hatte schon lange nicht mehr auf ihn niedergeschienen.
    »Du kennst doch IBM, nicht wahr?«, erzählte er weiter.
    »Ich bin im Hauptquartier in New York tätig. Ich bin nur zur Hochzeit meiner Schwester eingeflogen. Ich werde eine knappe Woche in Nigeria sein. Dann muss ich wieder für eine wichtige Sitzung zurück in den Staaten sein.«
    Kein Wunder, dass er es sich leisten konnte, alle möglichen dummen Bemerkungen zu machen. Vor lauter Hot Dogs, die er in Amerika mampfte, hatte er wohl die ganzen Ingenieure, Anwälte und Ärzte noch gar nicht wahrgenommen, die hier am Hungertuch nagten.
    »Ich bin soooo froh, wieder zu Hause zu sein«, fuhr er fort. »Das letzte Mal, dass ich in Nigeria war, ist schon ewig her. Es geht doch nichts darüber, in der Heimat zu sein, bei den Brüdern und Schwestern. Ein wunderbares Gefühl.«
    Gemeinsam stellten wir uns an das schleppende Förderband und warteten. Prompt tauchten ein paar Kulis mit Gepäckwagen neben uns auf.
    »Nigeria hat mir so sehr gefehlt«, sagte Andrew.
    Ich deutete auf meinen ersten Koffer. Der Kuli stürzte los und schnappte ihn sich.
    »In was für Fächern hast du deinen Master gemacht?«, fragte Andrew.
    »Ich habe noch keinen Master gemacht.« Er schnappte ungläubig nach Luft.
    »Kingsley Ibe! Du hast keinen Master? Ich fass es nicht! Ohne Master kommst du heutzutage in der Welt doch überhaupt nicht weiter. Ich habe einen Master in Cyberinformatik von Rutgers, einen Master in Tetrachorischen Korrelationen von Cornell, einen Master in Datenumwandlung von Yale, und im nächsten Herbst nehme ich in Harvard meinen Ph. D. in Angriff.«
    »Großartig«, sagte ich, weiterhin bemüht zu lächeln.
    »Großartig?« Er lachte. »Das ist noch gar nichts. Mein Bruder in Princeton hat sieben akademische Titel. Meine Cousine in Boston macht demnächst ihren dritten Doktor. Im Ernst, es gibt enorm viele gescheite Köpfe in diesem Land. Doch sobald du erwähnst, dass du aus Nigeria kommst, denken alle in den Staaten nur an 419. Eine Schande ist das.«
    Seine Stimme war ganz glühend geworden vor vaterländischer Inbrunst. Ich hätte ihn gern in einen Abgrund gestoßen. Waren die Köpfe der 419er etwa weniger gescheit als die Köpfe der Master- und Doktortitelträger? Es hätte mich interessiert, was aus diesem gescheiten IBM-Kopf geworden wäre, wenn er hier in Nigeria hätte bleiben müssen.
    Andrew streckte die Hand nach seinem Koffer aus. Der Kuli sprang vor und erledigte den Rest.
    »Ich liebe Nigeria soooooo sehr«, blubberte er weiter.
    »Was auch geschieht, eines Tages komme ich zurück und lasse mich hier nieder. Mit meiner Familie.«
    Ich deutete auf meinen zweiten Koffer. Angesichts seiner Liebeserklärungen an die Heimat konnte ich mich nicht sofort verabschieden. Sein zweiter Koffer kam. Der Schaumschläger redete immer noch. Er redete und redete und redete und redete. Mit jedem Wort nahm meine Abneigung zu. Mein Schutzengel schlug mit dem Flügel, und mein Handy klingelte. Es war Camille.
    »Kings, es tut mir leid, aber es ist etwas Dringendes dazwischengekommen. Ich kann dich heute Abend nicht sehen.«
    Ausgeschlossen. Ich brauchte sie unbedingt heute Abend.
    »Na schön, wie sieht’s morgen aus? Wie früh kannst du kommen?«
    »Tut mir leid, morgen bin ich auch nicht frei. Ich werde die ganze restliche Woche nicht frei sein.«
    Ich wollte sie gerade fragen, was sie vorhatte.
    »Aber ich kann dir jemand anders schicken«, sagte sie. Was? Mir war zumute, als würde ich unsanft aus einem langen, angenehmen Traum geweckt.
    »Kings, möchtest du, dass ich jemand anders schicke?« Langsam erholte ich mich von dem Schock. Ich legte auf.
    Meine Benommenheit wich, und ich konnte wieder klar denken. Während etwa mein Mobiltelefon mir und nur mir gehörte, war Camille so etwas wie ein öffentliches Telefon – für jedermann verfügbar, sofern es frei war.
    Andrews dritter Koffer kam zusammen mit dem vierten. Er gab mir mit einer Handbewegung zu verstehen, dass dies die letzten waren. Gemeinsam begaben wir uns zum Flughafen hinaus, die schiebenden Kulis im Schlepptau.
    Andrew kreischte

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