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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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wilden Mundbewegungen Kaugummi, als ob sie drei Zungen hätte.
    »Nehmen Sie bitte Platz«, sagte sie und öffnete einen riesigen Kühlschrank. »Möchten Sie etwas trinken?«
    Ich besah mir das Getränkesortiment des bis zum Allerletzten gefüllten Kühlschranks.
    »Nein, danke«, antwortete ich. Ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass ich aus einem Haushalt kam, in dem einem derartige Genüsse nicht zur Verfügung standen.
    Mit mir warteten vier junge Frauen und drei Männer, alle mit diesem oder jenem Getränk auf einem Hocker neben sich. Ein Mann schüttete eine Dose Heineken in sich hinein, während seine Augen an dem breiten Fernsehbildschirm klebten, der fast die halbe Wand gegenüber einnahm. Der Fernseher war auf MTV gestellt. Ein paar Männer, von der eingeblendeten Schrift als Outkast bezeichnet, machten Radau. Trotz des Kaugummibrockens in ihrem Mund lärmte die Rezeptionistin mit. Unglaublicherweise schien sie den kompletten Text auswendig zu kennen.
    Bald kündigte ein neuer Ausbruch von Unruhe die Rückkehr des großen Cash Daddy an. Kaum hatte er den Raum betreten, zauberte einer der Männer im dunklen Anzug von irgendwo ein Tuch her und fing an, Cash Daddys Schuhe zu wienern. Onkel Boniface nutzte die kurze Pause, um die Wartenden in Augenschein zu nehmen. Er sah den Bier trinkenden Mann und zog ein finsteres Gesicht.
    »Was machst du noch hier? War ich mit dir nicht fertig?« Der Mann stand auf und trat auf ihn zu. Onkel Boniface wandte sich ab und deutete auf eine der jungen Frauen.
    »Komm«, sagte er.
    Sie stand affektiert auf und stöckelte hinter ihm her. Mein Onkel brauste durch eine Flügeltür, die tiefer in seine Büroräume hineinführte. Auf dem Rücken seiner Jacke prangte in fetten Goldbuchstaben Field Marshal . Ohne sich umzudrehen oder an jemand Bestimmten zu wenden, schrie er: »Schafft diesen Mann raus! Sofort!«
    Augenblicklich wurden drei der dunklen Geleitschützer tätig. Auf dem Weg nach draußen fiel dem Mann gerade noch rechtzeitig ein, sich sein Heineken zu schnappen und es mitzunehmen.

12

    Zum Glück ging es nicht der Reihe nach. Gleich nachdem das Mädchen grinsend wieder herauskam, verkündete die Rezeptionistin, Cash Daddy sei bereit, mich zu empfangen. Einer der Männer im dunklen Anzug geleitete mich durch dieselbe Tür, durch die mein Onkel verschwunden war. Wir gingen durch einen schmalen Korridor und hielten vor der letzten Tür rechts. Im Zimmer dahinter erhob sich der Mann, der mit meinem Onkel im Land Cruiser gesessen hatte, hinter einem Computerbildschirm, klopfte leicht an eine weitere Tür und schob mich hinein.
    Der Raum war sehr groß und übersichtlich. Er enthielt in einer Ecke einen Kühlschrank, einen großen Mahagonischrank mit ungelesen aussehenden Büchern, eine breite Mahagonivitrine mit mehreren exotischen Vasen, etliche Auszeichnungen, die das finanzielle Engagement meines Onkels für diverse Organisationen priesen, sowie eine bronzene Wanduhr. Die meiste Aufmerksamkeit jedoch beanspruchte ein großes gerahmtes Foto von Onkel Boniface, das mittig an der Wand hing. Darauf trug er ein traditionelles langärmeliges Isiagu-Hemd und ein seidenes Wickelgewand. Er hatte eine Perlenkrone auf dem Kopf, einen Pferdeschweif in der rechten Hand und einen ledernen Fächer in der linken. Höchstwahrscheinlich war das Foto bei der Verleihung der Häuptlingswürde durch irgendeinen traditionellen Herrscher aufgenommen worden, der Onkel Boniface seine Anerkennung für die Zuwendungen an seine Gemeinschaft bezeigen wollte. Cash Daddy saß in der Mitte des Raums hinter einem Mahagonischreibtisch, den drei Telefone, ein Computer und eine Bibel zierten.
    »Guten Tag, Onkel Boniface«, sagte ich.
    »Kings, Kings.« Er strahlte mich an. »Du bist immer noch derselbe, … hast dich überhaupt nicht verändert. Ich musste eben so überstürzt losfahren, weil irgendso'n Student einer Freundin von mir nachstellt.«
    Er schwenkte seinen pompösen Ledersessel von einer 180-Grad-Stellung in die andere.
    »Ich hatte gehört, dass er bei ihr zu Hause war, deshalb wollte ich hinfahren und ein bisschen Präsenz zeigen. Damit er weiß, mit wem er’s zu tun hat. Wenn ein Junge in die Welt posaunt, dass er so schlau ist wie sein Vater, dann muss er auch bereit sein, so viel Steuern zu zahlen wie sein Vater. Meinst du nicht?«
    Er schwenkte nach links.
    »Meinst du nicht?«
    »Ja.«
    Er schwenkte nach rechts.
    »Ich bin kein Mann, der lange fackelt. Also bin ich mit meinem

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