Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
zu.
»Beruhigen Sie sich, beruhigen Sie sich. Ich verstehe. Aber der Minister hat mir versichert, dass Sie die Öllizenz definitiv erhalten werden. Er hat mir gerade eben am Telefon sein Wort gegeben. Und das muss ich sagen: Der Minister mag vielleicht langsam sein, aber was er verspricht, das hält er auch. Daran lässt er nicht mehr rütteln.«
Er hörte zu. Mein Onkel schien dem Gespräch seine ganze Aufmerksamkeit zu widmen. Vielleicht war es ja der Minister gewesen, mit dem er kurz vorher so vertraut gesprochen hatte? Vielleicht hatte das Telefonat mit dem Minister stattgefunden, als ich Schuhe kaufen war?
»Im Augenblick kann ich nicht sicher sagen, wann die Sitzung stattfindet«, fuhr er fort. »Der Präsident, müssen Sie wissen, ist derzeit außer Landes, deshalb liegen viele wichtige Dinge auf Eis.«
Es hatte in sämtlichen Zeitungen gestanden. Seine Exzellenz war auf der Marmortreppe der Aso-Rock-Präsidentenvilla umgeknickt, hatte sich den Knöchel verstaucht und musste zur Behandlung nach Deutschland ausgeflogen werden. Es hatte Zeiten gegeben, da hatte ich so etwas für völlig abstrus gehalten. Aber mit der neuerworbenen, intimen Kenntnis unseres Krankenhauswesens machte ich niemandem mehr einen Vorwurf, der über den Atlantik schwamm, um seinen Kater auszukurieren.
»Unter Vorbehalt würde ich sagen, am sechsten«, erklärte mein Onkel. »Ich werde meine Leute anweisen, den Flug für Sie zu buchen und im Sheraton ein Zimmer für Sie reservieren zu lassen.«
Er hörte zu. Sein Gesicht drückte Besorgnis aus.
»Mister Moore, ich weiß. Aber die amerikanische Botschaft empfiehlt ihren Landsleuten, unbedingt in amerikanischen Hotels abzusteigen, wenn sie Nigeria besuchen. Es ist zu Ihrer eigenen Sicherheit. Sie wissen, dass Nigeria ein gefährliches Land ist, zumal für Weiße. Und eins muss ich Ihnen sagen, ich bin jemand, der ungern gegen das Gesetz handelt.«
Er hörte mit zunehmender Besorgnis zu.
»Ja, ich weiß.«
Er hörte weiter zu.
»Ich weiß. Das haben Sie letztes Mal schon gesagt.« Plötzlich ließ ein Einfall sein Gesicht aufleuchten.
»Wissen Sie, was ich tun kann? Ich werde Ihnen dasselbe Mädchen besorgen, das Ihnen beim letzten Mal so gut gefallen hat. Was halten Sie davon?«
Er lächelte. Er hörte zu. Er lachte.
»Ah, Mister Moore. Das mag ich so an Ihnen. Wenn Sie etwas lockt, greifen Sie zu. Nun gut, lieber Freund. Dann sehen wir am sechsten weiter.«
Das Telefon wurde in die Tasche zurückgesteckt.
»Und was sagen die Ärzte?«, fragte er mich, als ob uns nie ein Auslandsgespräch unterbrochen hätte.
»Sie meinen, es war ein Schlaganfall«, erwiderte ich. »Sie beobachten ihn noch, aber sie meinen, sein Zustand wäre stabil.«
Er schüttelte den Kopf und hielt mir einen längeren Vortrag darüber, warum er Krankenhäuser nicht ausstehen konnte; warum er, wenn er krank war, lieber dafür zahlte, dass ihn die Ärzte zu Hause behandelten. Bei seinem letzten Frankreichaufenthalt habe er einen kompletten Gesundheits-Check-up machen wollen, aber auf die Auskunft hin, das ließe sich in dem Château nicht machen, das er sich im Süden von Frankreich gekauft hatte, habe er den Ärzten erklärt, dann sollten sie seinethalben in den Atlantik springen.
Ich wartete geduldig, dass er zum Ende kam. Mein Onkel war nicht leicht zu unterbrechen.
»Wie dem auch sei«, schloss er, »vielleicht mache ich den Check-up einfach bei meinem nächsten Amerikatrip. Es gibt nichts, was du in Amerika nicht bekommst, wenn du es dir leisten kannst.«
»Onkel Boniface«, sagte ich tapfer, »es ist mir wirklich sehr peinlich, dich zu belästigen, aber ich bin gekommen, um dich zu fragen, ob du uns helfen kannst.«
An dieser Stelle kam ich ins Flattern. So direkt um Geld zu bitten kam mir schändlich vor. Obwohl in guten Zeiten mehrere Verwandte meine Eltern finanziell angezapft hatten, hatte mein Vater nie zugelassen, dass wir unsererseits um Hilfe baten, als die Zeiten schlechter wurden. Dies war heute mein allererster Versuch. Ich hielt mir vor, dass mein Vater im Krankenhaus lag, und fasste den Mut, fortzufahren.
»Onkel Boniface, mein Vater liegt nun schon länger im Krankenhaus, als wir ursprünglich dachten, und die Ausgaben wachsen mit jedem Tag. Im Moment …«
»Was ist eigentlich mit dem 505 deines Vaters?«, unterbrach er mich. »Habt ihr den noch?«
Das warf mich völlig aus der Bahn. Was hatte der 505 mit dem jetzigen Problem zu tun?
»Nein, den haben sie vor fast vier Jahren
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