Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
sich Essen und Trinken anbieten würde.
Der Mann hatte die Kühlschranktür gerade wieder zugeknallt, da kam auch schon Protocol Officer herunter.
»Kingsley, Cash Daddy ist bereit, Sie zu empfangen«, sagte er.
Ich nahm Charity an der Hand und stand auf.
Oben lag Cash Daddy breitbeinig auf dem Bett. Zwei umwerfende Frauenzimmer mit verblüffend heller Haut und üppigen Milchdrüsen leisteten ihm Gesellschaft. Eine saß zu seinen Füßen, die Augen auf den riesigen mtv-Bildschirm geheftet, die andere drückte ihm mit den Fingern einen Pickel im Gesicht aus. Dankenswerterweise waren alle drei voll bekleidet. Die Frauen trugen kurze Röcke. Ihre Knie und Knöchel waren schwarz, wo die Bleichcreme nicht hatte wirken wollen. Cash Daddy trug einen weißen Leinenanzug und ochsenblutrote Schuhe, die aussahen, als wären sie im Garten Eden gefertigt worden.
Als Cash Daddy Charity sah, richtete er sich auf. Er stieß die Pickelpresserin von sich. Ein Lächeln arbeitete sich durch die Fettmassen seines Gesichts und kam schließlich zum Vorschein.
»Ah! Ist das nicht Charity?« Er strahlte. »Ich habe dich erst gar nicht erkannt. Guck an, gestern noch ein kleines Mädchen, und jetzt wächst dir schon der Busen.«
Charity wurde rot. Er streckte einen fleischigen Arm aus und zog sie schwungvoll an die Brust. Mit einem Mal sickerte sein Lächeln in das Gesichtsfett zurück.
»Gib bloß Acht«, sagte er in ernstem Ton und drohte ihr mit seinem Wurstfinger. »Gib sehr, sehr gut Acht. Bald schon werden dir diese dummen Jungen nachstellen, wo du gehst und stehst. Lass dich nur ja von keinem hinters Licht führen. Das ist alles, was sie können – süße kleine Mädchen hinters Licht führen. Hast du verstanden?«
Sie schlug die Augen nieder und nickte schüchtern. Ohnehin hatte meine Schwester mir noch nie Anlass zu der Befürchtung gegeben, dass sie auf Abwege geraten könnte. Charity hatte einen klugen Kopf auf den Schultern.
Cash Daddy forderte uns zum Sitzen auf. Er griff sich das Handset neben dem Bett und schrie nach dem Koch. Ich bat den Mann um Yamspüree und Egusi-Suppe. Charity bat um gebratenen Reis mit Ziege. Das Essen kam just in dem Moment, als Cash Daddys Mobiltelefon klingelte. Er nahm es und schrie in die Muschel.
»Sprechen Sie!«
Nach mehreren Minuten beendete er seine ohrenbetäubende Unterhaltung mit jemandem, der Long John Dollars hieß. Darauf wählte er eine andere Nummer. Mit dem zweiten Telefonat, bei dem es um Geld auf seinem Docklands-Konto bei der Barclays Bank ging, war er beschäftigt, bis wir aufgegessen hatten. Dann beugte er sich zu dem Kühlschrank an seinem Bett und machte ihn auf. Er holte eine Rolle McVitie’s -Vollmilchschokoladenkekse und einen großen Becher Ben&Jerry’s -Vanilleeis heraus. Beides stellte er auf dem Tischchen vor Charity ab.
»Bleib hier und vernichte das Süßzeug«, befahl er ihr.
Das Gesicht meiner Schwester leuchtete auf. Als wir Kinder waren, hatte mein Vater uns nach der Arbeit oft derartige importierte Leckereien mitgebracht. Mit der Zeit waren sie für den normalen Menschen unerschwinglich geworden. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal McVitie’s -Kekse gegessen hatte.
»Wir gehen nach oben, aber wir kommen gleich wieder«, fuhr Cash Daddy fort.
Er stand auf und ging aus dem Zimmer.
»Kingsley, folge mir«, sagte er, ohne sich umzuschauen. Ich tat wie mir geheißen.
Wir begaben uns in den dritten Stock. Er zog einen Schlüssel aus der Hosentasche und schloss eine Tür auf. Er trat zur Seite, um mich durchzulassen, und machte hinter uns zu. Es war das erste Mal, dass ich ihn selbst, ohne Unterstützung seiner zahlreichen Bediensteten, eine Tür öffnen oder überhaupt etwas verrichten sah. Es war ein komisches Gefühl, etwa so, als sähe man einen US-Präsidenten, sagen wir Bill Clinton, über das Waschbecken gebeugt seine Socken waschen.
Das Zimmer glich seinem Büro. Es hatte einen Mahagonischreibtisch mit einem Haufen Papieren darauf sowie eine Arbeitsplatte mit Faxgeräten, Computern und Telefonen. In dem Stapel auf dem Tisch erspähte ich ein Blatt mit dem Briefkopf der Nigerian National Petroleum Corporation . Es gab noch mehrere andere Kopfbögen, die ich nicht lesen konnte.
Ich nahm vor dem Schreibtisch Platz. Cash Daddy zog einen Stuhl heran und setzte sich so, dass seine Knie an meine scheuerten. Er blickte ernst wie ein Arzt, der mir die Mitteilung machen musste, dass ich Darmkrebs im Endstadium hatte.
»Ich habe
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