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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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Afrikanern.«
    Ich bat um Verzeihung, dass Abuja dafür nicht der richtige Ort war. Hier liefen leider keine nackten Kinder mit Fliegen in den Nasenlöchern herum. Der Fahrer des Mietwagens belauschte unser Gespräch und schaltete sich ein.
    »Oga, viel Dorfe so sind um Abuja. Wenn wollen, ich Sie fahre. Gar nicht weit die sind.«
    Er fuhr mit uns nur fünfzehn Minuten in das Dorf Kikaokuchi. Was ich sah, war nicht zu glauben. Der Slum wimmelte nur so von richtigen Afrikanern, die in richtigen afrikanischen Häusern wohnten. Wie konnte ein solches Elend neben so viel Reichtum existieren? Die Dorfbewohner kamen zusammen und starrten den weißen Besucher in ihrer Mitte an. Mister Winterbottom ging umher und tätschelte Schultern.
    »Bature, bature «, flüsterten sie aufgeregt untereinander.
    Nach ungefähr drei Stunden, in denen er mit entgeisterten Eingeborenen gestammelt, dem Bambusflötenspiel eines Jungen mit nacktem Hintern gelauscht und Männer fotografiert hatte, die vor ihren Hütten auf Raffiamatten Fura da nono tranken, dürstete es Mister Winterbottom nach etwas Neuem. Der Chauffeur schlug ein weiteres Dorf vor, das nur zwanzig Minuten entfernt sei.
    »Nein, ich glaube, wir sollten ins Hotel zurückkehren«, sagte ich. Ich hatte für einen Tag mehr als genug von Afrika gesehen.
    »Ich hätte nichts dagegen, noch ein paar Orte zu sehen«, meinte Mister Winterbottom. »Das ist wirklich sehr interessant.«
    »Ich glaube, wir sollten ins Hotel zurückkehren«, wiederholte ich. »Sie wissen doch, dass Nigeria ein gefährliches Land ist.« Pause. »Vor allem für einen Weißen.«
    Das kam an. Ohne weitere Einwände bestieg er den Wagen.
    Vor dem Hotel schwanden dem Chauffeur beinahe die Sinne, als Mister Winterbottom ihn mit $100 entlohnte – wahrscheinlich ungefähr sein Monatseinkommen für nur einen Tag Arbeit. Der Mann verbeugte sich tausendmal und rief jedes Mal »thank you, Master, thank you, Master«, wenn er den Kopf zum Boden neigte.
    Ich gab Mister Winterbottom die Hand, wünschte ihm einen schönen Abend und verließ ihn vor der Tür seines Zimmers. Eines Tages in hoffentlich ferner Zukunft würde ihm aufgehen, warum ich auf der ganzen afrikanischen Rundfahrt so zurückhaltend gewesen war und alle seine eindringlichen Beschwörungen abgelehnt hatte, mich mit ihm fotografieren zu lassen.

29

    An dem Tag, als Cash Daddy öffentlich seine Kandidatur für das Amt des Gouverneurs von Abia bekanntgab, waren sämtliche kleinen Betrüger von den Straßen in Aba verschwunden. Alle waren im Voraus bezahlt und in Reisebussen zum Sitz der National Advancement Party (NAP) in Umuahia transportiert worden, wo sie im Pulk standen und warteten, als unser Konvoi nagelneuer Jeeps eintraf. Sobald die Menge uns erblickte, schrie und jubelte sie mit nairageschürter Begeisterung.
    »Cash Daddy na our man! Cash Daddy na our man!«Ihr Mann entstieg bedächtig seinem Gefährt und winkte, ohne eine Miene zu verziehen. Protocol Officer, seine Leibwächter, einige seiner neuen politischen Freunde und meine Wenigkeit begleiteten ihn in das Gebäude, wo Protocol Officer einen Scheck mit einer siebenstelligen Nairasumme im Austausch für das Anmeldeformular übergab. Die Menge stieß weitere laute Jubelrufe aus, als sie uns aus dem Gebäude treten sah. Der Jubel wurde noch ohrenbetäubender, als Cash Daddy das Formular in der Luft schwenkte. Die großen Zeitungen und Fernsehsender im Bundesstaat Abia hatten gutes Geld bekommen, um über das Ereignis zu berichten, und so blitzten Kameras und flogen Mikrofone. Als Cash Daddy die rechte Hand hob, verstummte die Menge.
    »Bürger von Abia«, begann er. Seine Stimme war tief und ruhig wie die eines Strafverteidigers in einem Mordprozess beim Abschlussplädoyer. »Ich danke euch, dass ihr gekommen seid, um mir in diesem Moment, in dem ich offiziell meine Absicht erkläre, für das Amt des Gouverneurs dieses großen Bundesstaates zu kandidieren, eure Unterstützung zu demonstrieren. Ich danke euch vielmals. Ich verspreche euch, dass ihr es niemals bereuen werdet.«
    Alle johlten. Er verengte die Augen und sondierte die Menge, als prägte er sich das Gesicht jedes Einzelnen ein.
    »Ich bin hier in Abia sehr, sehr reich beschenkt worden, und ich wünsche mir nichts mehr als die Gelegenheit, meinerseits ein Geschenk zu sein.«
    Er erzählte den Leuten von seinem Vorhaben, den unentgeltlichen Hauptschulunterricht einzuführen, und von seinen Plänen für die Landwirtschaft sowie für den

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