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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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hinten an und meldete sich eine Stunde später noch mal. Ihr Schluchzen hatte sich nicht gelegt.
    »Charity, hör auf zu weinen. Bei der JAMB durchzufallen ist nicht das Ende der Welt.«
    »Mama hat gesagt, ich darf mich nicht mehr mit meinen Freundinnen treffen«, heulte sie. »Ich kann doch unmöglich ein ganzes Jahr zu Hause sitzen und auf die nächste JAMB warten.«
    Konnte die niedrige Punktzahl meiner Schwester etwas mit den Wochen zu tun haben, die sie vor ihren Prüfungen in meinem Haus zugebracht hatte? Charity hatte sich auf meinem VCD-Player jede Menge Nollywoodfilme angesehen. Ein Eckladen am Ende meiner Straße führte diese Filme, die jede Woche zu Hunderten auf den Markt kamen. In allen spielten die gleichen hellhäutigen, vollbusigen Frauen und die gleichen männlichen Dreadlockträger, und alle hatten einen Teil eins, Teil zwei und Teil drei – mindestens. Schade, dass bei der JAMB nicht Nollywoodkenntnisse abgefragt wurden.
    »Charity, lass dich davon nicht unterkriegen, okay? Geh nach Hause und entspann dich und lass es gut sein. Ich werde später mit Mama sprechen.«
    Doch es war schwer, das Schluchzen meiner Schwester zu vergessen. Meine Mutter musste in heller Aufregung sein, und mein Vater drehte sich bestimmt im Grab herum. Am nächsten Tag sprach ich mit Buchi darüber. Ich hatte einmal gehört, wie sie Wizard erklärte, wo er eine Woche vor dem Prüfungstermin die GCE-Fragen kaufen konnte.
    »Kennst du wirklich niemanden?«, fragte Buchi.
    Ich hatte für solche Sachen nie jemanden kennen müssen. Sie gab mir den Namen eines der Dekane an ihrer früheren Uni.
    »Er hat einer meiner Freundinnen geholfen, in Betriebswirtschaft reinzukommen«, sagte sie. »Vielleicht kann er dir helfen.«
    Aber mein Besuch bei dem Professor musste warten. Mister Winterbottom war im Anmarsch.

28

    Abuja war anders als sonstige nigerianische Städte. Keine Verkäufer auf den Straßen, keine wie Fliegen herumsurrenden Okadas, keine überquellenden Mülltonnen, in denen unbekleidete Schizophrene nach ihrem täglich Brot wühlten. Die Straßen hatten keine Schlaglöcher, und sämtliche Ampeln funktionierten. Und anders als in unserer Gegend, wo ein schickes Auto das neunte Weltwunder war, waren die meisten Autos hier gepflegt, und viele hatten getönte Scheiben.
    Der Chauffeur und ich warteten am Eingang des Ankunftsbereichs. Als Mister Winterbottom erschien, schwitzte er wie ein Schwein. Ich ging ihm entgegen und begrüßte ihn mit Handschlag. Der Fahrer kam angestürzt und schnappte sich seinen Koffer.
    »Es ist so wahnsinnig heiß hier«, ächzte der Mugu.
    Dabei war der Nnamdi Azikiwe International Airport vollklimatisiert. Hoch oben an einer ins Auge fallenden Wand machten sich riesige Porträts des Staatspräsidenten, des Ministers des Hauptstadtterritoriums, des Luftfahrtministers und des Vorsitzenden der staatlichen Flughafenbehörde gegenseitig den Platz streitig. Ich legte Mister Winterbottom die Hand auf die Schulter und lotste ihn von dem verfänglichen Anblick fort. Kurz vor Verlassen des Hotels hatte ich daran gedacht, meine Rolex abzulegen.
    »Danke, dass Sie mich abholen kommen«, sagte er.
    Das Vergnügen war ganz meinerseits.
    Ein paar Wochen nach dem Treffen in London erhielten Ozu High Seas und Changeling Development Cooperation einen Auftrag über $187 Millionen für den Ausbau des Akanu Ibiam Airport in Enugu zu einem internationalen Flughafen. Die Regierungsbeamten hatten Bestechungsgelder in Höhe von $10 Millionen verlangt, bevor die Vertragsdokumente ausgestellt werden konnten.
    Mister Winterbottom schickte das Geld in vier Raten. Das Eintreffen der ersten Zahlung löste bei mir einen solchen Schock aus, dass ich mich tagelang in einer Art Trance befand. Zweieinhalb Millionen Dollar! In einer einzigen Transaktion. Einfach so. Gab es auf den Konten real existierender Menschen tatsächlich solche Beträge?
    Und nach allem, was ich gesehen hatte, war Mister Winterbottom ein ganz normaler Mensch wie ich. Er hatte keine zwei Köpfe.
    Ich versuchte, mir ein Leben mit Zugriff auf so viel Geld vorzustellen. Gigantisch. Sämtliche Probleme für alle Zeiten gelöst. Aber wie? Mit welchen Mitteln? Nicht einmal Ölgesellschaften zahlten genug, um irgendjemanden so reich zu machen. Viele nigerianische Supermilliardäre, von denen ich wusste, hatten ihren Reichtum durch Dienstzeiten in hohen öffentlichen Ämtern erlangt, doch dass sich mir in näherer Zukunft eine solche Gelegenheit bot, war eher

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