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Die Meister der Am'churi (German Edition)

Die Meister der Am'churi (German Edition)

Titel: Die Meister der Am'churi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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Rücksichtnahme, die ihn insgeheim zu ermüden begann. Schon seit Tagen wollte er Ni’yo zu einer Reise überreden. Gesellschaft, Abwechslung und neue Umgebungen würden ihnen sicherlich gut tun! Er hatte nur noch nicht entschieden, wohin er gehen wollte – und welche Gelegenheit günstig sein könnte, Ni’yo zu fragen.
    Jivvin verdrängte die Erinnerung an die Vergangenheit. Wenn seine Gedanken zu schweifen begannen, wurde es höchste Zeit, den Kampf zu beenden. Am Ausgang ihrer Waffenübung gab es wie üblich nicht den geringsten Zweifel: Ni’yo war stärker, schneller, ausdauernder und geschickter als er, selten genug, dass Jivvin es auch nur schaffte, ihn zu verletzen. Er beschloss, noch einige vergebliche tödliche Attacken zu führen und sich dann entwaffnen zu lassen. Das schelmische Funkeln in Ni’yos nachtschwarzen Augen bewies, dass er Jivvins Absicht erkannt hatte. Mit einem Anflug der Frustration, die Jivvin so viele Jahre lang beherrscht hatte, zielte er auf Ni’yos Herz. Ein Angriff, dem sein Liebster gelassen entgehen würde, er wusste es. Doch da …
    Ni’yo erstarrte in der Bewegung, sein Blick glitt ins Leere. Jivvin versuchte sich zu bremsen, aber sie standen sich zu nahe. Im allerletzten Bruchteil des Momentes gewahrte Ni’yo die Gefahr und wollte ausweichen. Das Schwert drang durch sein Schlüsselbein, seine linke Schulter, es durchtrennte Knochen und Muskeln gleichermaßen. Ni’yo taumelte zurück, prallte gegen einen Baumstamm und rutschte langsam zu Boden. Er war vollkommen still, sein Gesicht eine Maske eiserner Beherrschung.
    Jivvin hatte ihn schon häufig so gesehen, als sie noch Feinde gewesen waren – bei ihren früheren Ehrenduellen, die nichts anderes als Gefechte auf Leben und Tod gewesen waren, hatte Ni’yo oft den Kampf für sich entschieden, indem er sich verletzen ließ, dadurch Jivvin entwaffnen und mit seinem eigenen Schwert tödlich bedrohen konnte. Die starken Heilkräfte der Am’churi, die selbst die fürchterlichsten Wunden rasch und narbenlos verschwinden ließen, erlaubten solchen Leichtsinn. Es gab niemanden, der seinen eigenen Körper so rückhaltlos opferte wie Ni’yo. Diesmal allerdings musste es etwas anderes gewesen sein. Zum allerersten Mal, solange sich Jivvin erinnern konnte, hatte er sich im Kampf von etwas ablenken lassen. Einen solch schweren Fehler begangen, dass er besiegt worden war.
    Jivvin starrte mehrmals zwischen seinen leeren Händen, Ni’yo und dem Chi’a in dessen Schulter hin und her. Er hatte gewonnen! Nach all den Jahren, all den unzähligen Kämpfen war er der Sieger geblieben. Einen Augenblick lang genoss Jivvin dieses Triumphgefühl.
    Kopfschüttelnd riss er sich zusammen. Ni’yo brauchte Hilfe, und das schnell. Was auch immer der Grund für diesen Fehler gewesen war, es musste jetzt warten.
    Jivvin kniete neben seinem Geliebten nieder, der regungslos dasaß. Seine Hände zitterten, er atmete flach – es musste sehr ernst sein, selten zeigte Ni’yo so deutlich, wie schlecht es ihm ging.
    „Ich muss es rausziehen“, sagte Jivvin leise.
    Ni’yo verzog das Gesicht, nickte aber entschlossen. Er war bleich, Schweiß perlte auf seiner Stirn. Die riesigen dunklen Augen sprachen von Schmerz und etwas, das Jivvin nicht deuten konnte. Angst? Das wäre ungewöhnlich …
    „Beeil dich, ich glaube, du hast eine der großen Adern erwischt“, murmelte Ni’yo mit einem leichten Lallen in der Stimme. Jivvin fluchte lästerlich auf Am’churs Namen, überlegte kurz, dann riss er ihm kurzerhand das Hemd vom Leib.
    „Ist sowieso kaputt“, erklärte er im Plauderton, ignorierte den verstörten Blick seines Geliebten, setzte einen Fuß auf Ni’yos Brust und umklammerte den Griff seines Chi’as mit beiden Händen. „Ich kaufe dir morgen ein Neues“, fuhr er fort – und zog mit einem Ruck das Schwert aus der Wunde.
    Ni’yo stöhnte unterdrückt, versuchte sich aufzubäumen. Doch da hatte sich Jivvin bereits auf ihn niedergeworfen und presste das Hemd gegen Ni’yos Schulter. Blut tränkte den weißen Stoff binnen zweier Herzschläge völlig durch. Ni’yo verdrehte die Augen, zuckte mehrmals krampfhaft am ganzen Leib, dann verlor er die Besinnung.
    Jivvin machte sich keine allzu großen Sorgen, er drückte weiter gegen die Wunde und wartete geduldig. Am’churi heilten rasch, Ni’yo sogar noch schneller als alle anderen, da er ein Elfenmischling war.
    Nach einigen Minuten nahm Jivvin das Hemd weg und nickte zufrieden: Die Blutung hatte

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