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Die Meister der Am'churi (German Edition)

Die Meister der Am'churi (German Edition)

Titel: Die Meister der Am'churi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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waren, die auf subtile Weise Einfluss nehmen konnten – selbst Ihresgleichen fürchteten sich davor, und das zu Recht. Gewiss, das Opfer konnte sich wehren, wenn es genug Willenskraft besaß, trotzdem war es eine gefährliche Waffe.
    Das Baumhörnchen bewegte sich auf ihren Befehl und sprang näher an das Dorf heran, wo sich ein weitläufiger Ring halb verängstigter, halb wütender Menschen um Ni’yo schloss. Ihr Bruder ließ keinerlei Furcht erkennen und ahnte wohl nicht, dass es gerade seine beherrschte Miene war, die so finster und erschreckend wirkte.
     
    „Ich habe ihn im Wald gefunden, er war in einen Schacht gestürzt“, sagte Ni’yo und setzte den Jungen vorsichtig zu Boden. „Etwa drei Meilen südöstlich, ein gemauerter Schacht, etwas mehr als eine Manneslänge tief.“
    Erenn blieb einen Moment mit überraschtem Gesichtsausdruck bei Ni’yo stehen, dann rannte er heulend auf eine dralle Frau mit blonden Zöpfen zu, die zweifellos seine Mutter war. Die Dörfler hielten den Ring um Ni’yo geschlossen, ihr Misstrauen war deutlich spürbar.
    „Ich habe nichts getan als ihn hierher zu bringen“, versicherte er ruhig. Lynea wusste, dass er sich jederzeit mit einem einzigen Sprung in Sicherheit bringen könnte, ohne auch nur einem der Bauern ein Haar zu krümmen. Danach aber würde er kaum noch länger friedlich mit Jivvin hier wohnen bleiben können.
    „Ich weiß, was er meint“, sagte plötzlich ein alter Mann, der sich weit abseits gehalten hatte und nun herantrat. „’s so, wie er sagt, ein ganzes Stück da in die Richtung. Sollte mal ein Brunnen werden, das Wasser war allerdings zu tief, hier hat man Besseres gefunden.“ Er wies mit dem Daumen hinter sich, wo sich der Dorfbrunnen befand. „Dachte, der wäre schon lang eingestürzt.“ Neugierig musterte er Ni’yo von oben bis unten, der sich das ohne jede Regung gefallen ließ.
    Wie eine Statue, dachte Lynea amüsiert.
    „Geht’s ihm gut?“, brüllte ein stämmiger jüngerer Mann mit rotblondem, struppigem Haarschopf und blickte über die Schulter zu der Frau hinüber, die damit beschäftigt war, Erenn zu beruhigen.
    „Verkratzt und zerbeult und dreckig von Kopf bis Fuß, aber sonst heile“, gab sie zurück. Bei diesen Worten entspannten sich die Dörfler. Niemand sagte etwas, sie hielten Ni’yo jedoch nicht auf, als er sich langsam umdrehte und an ihnen vorbei schritt.
    Lynea beobachtete die Bauern durch die Augen des Hörnchens. Da die allerdings nichts unternahmen, was Ni’yo hätte schaden können, verfolgte sie ihren Bruder weiter, bis er in seiner Hütte verschwand, und entließ das arme Hörnchen aus ihrem Bewusstsein. Noch war sie zu weit entfernt, aber in etwa zwei Tagen würde sie Ni’yo persönlich gegenüberstehen. Voller Vorfreude verwandelte sie sich in eine Wölfin und rief laut nach ihrem Rudel, das sie unangefochten anführte. Auch, wenn der Anlass mehr als unangenehm war, sie freute sich sehr, ihrem Bruder endlich wieder begegnen zu dürfen – und seinem Gefährten Jivvin, den sie bislang nur aus der Ferne hatte bewundern können.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    2.
     
    Metallisches Klirren störte den Frieden des Waldes. Jivvin und Ni’yo umkreisten einander, maßen sich mit Blicken, suchten nach Schwächen in der Abwehr des Gegners. Wenn sich ihre armlangen, schlanken, leicht gekrümmten Schwerter trafen, sprühten Funken. Was wie ein tödlicher Kampf aussah, bei dem sich beide weder selbst schonten noch dem jeweils anderen Gnade zugestanden, war allerdings nichts weiter als eine Schwertübung zweier Am’churi.
    Jivvin hatte diesen Winter mit Ni’yo genossen, den sie mit Diskussionen über sämtliche Götter und die Welt, Spielen, Kämpfen und vor allem Liebe zugebracht hatten. Und noch immer war es jeden Tag ein Wunder für ihn, an Ni’yos Seite zu erwachen. Gerade weil er jahrzehntelang abseits der Gemeinschaft gelebt und Menschen lediglich beobachtet hatte, besaß Ni’yo einen unerschöpflichen Schatz von tiefgründigen Gedanken und Erkenntnissen, die Jivvin beständig in Staunen versetzten.
    Seit einiger Zeit verspürte er allerdings Sehnsucht nach anderer Gesellschaft, nach seinen Freunden, die er zurücklassen musste, nach den Tempelritualen, oder auch nur nach Menschen, für die nicht jede Selbstverständlichkeit wie eine kameradschaftliche Umarmung ein mystisches Rätsel darstellte. Ni’yos tiefe innere Verletzlichkeit, seine Andersartigkeit zwangen Jivvin oft zu anstrengender

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