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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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mich aus», klagte sie. «Vor Sonnenaufgang bin ich aufgestanden, um den frischen Most, der gestern geliefert wurde, in kleinere Fässer umzufüllen. Dann erschien der Zollschreiber und ließ mich stundenlang irgendwelche Listen unterzeichnen. Und wofür die ganze Schinderei?»
    «Es kommen auch wieder bessere Zeiten», sprach Henrika ihrer Tante Mut zu. Sie rückte Haube und Schürze zurecht und trat mit einem höflichen Lächeln an den Tisch, an dem die Männer vor ihren Bierkrügen saßen.
    «Hab ich dich gerufen, Mädchen?», knurrte Wilhelm Bunter, ein untersetzter Mann mit wulstigen Lippen. Im Dorf reparierte er ausgetretene Schuhe, an die Herstellung neuer wagte er sich nicht so recht heran, weshalb er von der Hand in den Mund lebte.
    «Bring mir und meinen Freunden noch einen Krug von dem verdammten Gesöff. Ist eine Schande, so etwas überhaupt Bier zu nennen. Aber an die Weinvorräte lässt deine geizige Herrin uns ja nicht heran, also müssen wir uns damit begnügen.»
    Die Männer lachten beifällig, aber keiner von ihnen hob den Kopf, um Henrika eines Blickes zu würdigen.
    Henrika gefror das Lächeln auf ihren Lippen. Einen Moment lang war sie sprachlos über die Unverfrorenheit, mit der ein Gast ihr in der Wirtschaft der Tante begegnete, dann aber siegte der Ärger über ihre Schüchternheit. Sie war keine Schankmagd, hätte es aber auch nicht geduldet, wenn eines der Mädchen, das für ihre Tante arbeitete, von den Zechbrüdern beleidigt worden wäre.
    «Für diese Äußerung wirst du zehn Kreuzer in die Fluchgeldbüchse werfen müssen, Wilhelm», erklärte sie mit einem sanften Lächeln. Dabei deutete sie auf einen Behälter aus Metall, der auf dem Schanktisch stand. «So will es nun mal das Gesetz!»
    «Wovon zum Teufel redest du?»
    «Nicht vom Teufel, aber von deiner Bemerkung über die Qualität unseres Biers! Aber da du ihn erwähnst: Jetzt schuldest du schon zwanzig Kreuzer.»
    Der Flickschuster lachte auf und schüttelte den Kopf. Zweifellos ärgerte es ihn, dass ausgerechnet Henrika ihn im Beisein mehrerer Zeugen beim Fluchen ertappt hatte und er keine Möglichkeit mehr fand, seine Bemerkung zurückzunehmen. Zwar kam es in Wirtshäusern vor, dass Streitigkeiten zwischen den Gästen zu Wortgefechten führten, aber das Gesetz des frommen Kurfürsten sah vor, dass derjenige, der sich dabei einer Gottlosigkeit schuldig machte, auf der Stelle eine Buße zu entrichten hatte. Zur Schadenfreude aller musste er seine Groschen in eine eigens dafür vorgesehene Büchse werfen, auf der hässliche Fratzen mit langen Ohren, krummen Nasen und blöde grinsenden Mäulern den Fluchenden ermahnten, künftig keine Flüche und Schimpfwörter mehr zu gebrauchen. Auf Befehl des Kurfürsten war jeder Wirt verpflichtet, in seinem Schankraum eine Fluchgeldbüchse aufzustellen und sorgfältig darüber zu wachen, dass ihr Inhalt am Monatsende bei der Kirchenvisitation vorgelegt wurde. Bereicherte sich ein Wirt an den Fluchgeldern, musste er selbst mit einer empfindlichen Strafe rechnen.
    «Ich fürchte, dir bleibt keine Wahl, als dein Gewissen zu erleichtern», rief nun einer der Männer. «Schließlich hast du mit deinem Fluch nicht nur die zarten Ohren dieses Mädchens verletzt. Aber die zweite Runde spendierst du uns doch trotzdem, oder?»
    «Ach, hol dich doch der …» Gerade noch rechtzeitig besann sich Bunter. Auf der Suche nach Verbündeten blickte er in die Mienen seiner Nachbarn, doch er bemerkte rasch ihre Schadenfreude. Daher wühlte er in seinem Gürtelbeutel, bis er zwei kleine Münzen fand. Mit hochrotem Kopf erhob er sich, trottete zum Schanktisch und warf die Geldstücke in die Büchse. Seine Freunde klopften derweil spöttisch auf den Tisch und rissen Witze über den Pechvogel.
    «Ich hoffe, du bist jetzt zufrieden, du Miststück», raunte Bunter Henrika zu, als er an ihr vorüberlief. Sein Gesicht war vor Wut gerötet.
    «Warum sollte man für dich eine Ausnahme machen? Das Gesetz sieht vor …»
    «Scheinheiliges Luder. Ausgerechnet du willst mich über Gesetze und Gebote unserer heiligen Kirche belehren? Wo doch jeder weiß, dass deine Mutter eine Hure war. Der Apfel fällt nie weit vom Stamm. Du bist nicht besser als eine fahrende Gauklerin, auch wenn das törichte Weib des Hutmachers überall im Dorf herumposaunt, dass ihr Mündel in Samt und Seide zur Welt gekommen ist!» Er verzog den Mund zu einem hässlichen Grinsen, wurde aber gleich darauf wieder ernst. Sein Blick wanderte über Henrikas

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