Die Memoiren des Grafen
Jagdgesellschaft zu verhindern.
«Bundle rief mich heute Vormittag an und lud mich ein.»
George machte einen letzten Versuch.
«Es wird eine sehr langweilige Gesellschaft sein – sicher nichts für Sie, Virginia.»
«Armer George, warum vertrauen Sie mir nicht und sagen die Wahrheit? Es ist immer noch nicht zu spät.»
«Ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt.»
«Das ist schon besser», lächelte Virginia, «aber immer noch nicht gut genug. Fassen Sie sich, George. Ich werde bestimmt auf Chimneys sein und alle meine Betörungskünste einsetzen. Das Leben ist auf einmal viel vergnüglicher geworden! Zuerst der Erpresser und dann George in diplomatischen Nöten. Auf Wiedersehen, George. Bekomme ich keinen tiefen Abschiedsblick? – Lieber George, seien Sie doch nicht so mürrisch!»
Kaum hatte Lomax mit schweren Schritten das Haus verlassen, als Virginia zum Telefon eilte. Sie erhielt sogleich ihre Verbindung und verlangte Lady Eileen.
«Bist du’s, Bundle? Ich komme bestimmt morgen nach Chimneys. Wie? Mich langweilen? Nein, keine zehn Pferde könnten mich zurückhalten! Also, bis morgen!»
7
D ie Briefe waren verschwunden!
Es blieb Anthony nichts übrig, als diese Tatsache hinzunehmen. Es war ihm klar, dass er Giuseppe nicht durch alle Korridore des Riesenhotels verfolgen konnte. Das hätte unliebsames Aufsehen erregt und ihm die Briefe doch nicht zurückgebracht. Er kam zu dem Schluss, dass Giuseppe das Päckchen irrtümlich gestohlen hatte, weil er es für das gesuchte Manuskript hielt. Vielleicht würde er also noch einen zweiten Versuch unternehmen, sobald er seinen Fehler bemerkte. Gegen diesen Versuch aber wollte Anthony sich wappnen.
Als er mit seinen Überlegungen zu Ende war, schlüpfte Anthony wieder ins Bett und schlief ruhig bis in den Morgen hinein. Er glaubte nicht, dass Giuseppe noch in der gleichen Nacht einen zweiten Zusammenstoß wagen würde.
Beim Aufstehen war sich Anthony über sein weiteres Vorgehen völlig klar. Er bestellte ein reichliches Frühstück, überflog die Zeitungen, die über die neuen Ölvorkommen in Herzoslowakien berichteten, und ersuchte dann um eine Unterredung mit dem Direktor.
Dieser, ein Franzose von gewinnendem Wesen, empfing ihn in seinem Arbeitszimmer.
«Sie wünschten mich zu sprechen, Mr McGrath?»
«Ja. Ich bin gestern in Ihrem Hotel eingetroffen und ließ mir das Abendessen auf dem Zimmer servieren – und zwar von einem Kellner namens Giuseppe.»
«Ich glaube, wir haben einen Kellner dieses Namens», bestätigte der Direktor kühl.
«Mir fiel im Benehmen dieses Mannes etwas auf, doch dachte ich nicht weiter darüber nach. Mitten in der Nacht aber wachte ich durch ein Geräusch in meinem Zimmer auf. Ich drehte das Licht an und fand diesen Giuseppe am Boden kniend, wo er meinen ledernen Handkoffer durchsuchte.»
Die Gleichgültigkeit des Direktors verschwand mit einem Schlag.
«Davon habe ich ja gar nichts gehört», rief er entsetzt. «Wieso hat man mich nicht darüber unterrichtet?»
«Ich focht mit dem Kerl einen kleinen Kampf aus – er war übrigens mit einem Messer bewaffnet. Schließlich flüchtete er durch das Fenster.»
«Und was unternahmen Sie dann, Mr McGrath?»
«Ich untersuchte den Inhalt meines Handkoffers.»
«Fehlte etwas?»
«Nichts – Wertvolles», sagte Anthony langsam.
Der Direktor lehnte sich mit einem Seufzer zurück.
«Das beruhigt mich sehr», bemerkte er. «Aber gestatten Sie mir die Bemerkung, Mr McGrath, dass ich Ihre Handlungsweise nicht ganz verstehe. Weshalb taten Sie nichts, um das Hotel zu alarmieren und den Dieb zu verfolgen?»
Anthony zuckte die Schultern.
«Ich erwähnte bereits, dass nichts Wertvolles gestohlen worden war. Natürlich wäre es ein Fall für die Polizei –»
Er hielt inne, und der Direktor murmelte ohne sonderliche Begeisterung:
«Für die Polizei – natürlich –»
«Der Kerl verduftete so rasch, dass sich ohnehin nichts mehr tun ließ, und mir war ja nichts geschehen. Weshalb sollte ich da die Polizei bemühen?»
Der Direktor lächelte erlöst.
«Nun habe ich vorhin gesagt, dass nichts Wertvolles gestohlen wurde, und das stimmt bis zu einem gewissen Grade. Aber der Dieb hat immerhin etwas erwischt, das für mich persönlich Wert hatte.»
«Ach?»
«Ein Bündel Briefe – Sie verstehen?»
Nur ein Franzose bringt diesen Ausdruck höchster Diskretion zu Stande, der jetzt das Gesicht des Direktors überflog.
«Ich verstehe», murmelte er. «Selbstverständlich. Das ist kein
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