Die Memoiren des Grafen
Pfund, den wir Ihnen zu übergeben haben, ist gemäß unserer Vereinbarung mit dem verstorbenen Autor zwar erst am nächsten Mittwoch fällig. Aber wenn Sie es wünschen, wird Ihnen mein Angestellter diesen Scheck gleich mitbringen.»
Anthony überlegte einen Moment. Er hatte eigentlich die Memoiren bis zum letzten Augenblick behalten wollen, um zu erfahren, weshalb so viel Aufhebens davon gemacht wurde. Doch die Argumente des Verlegers leuchteten ihm ein.
«Nun gut», erklärte er mit einem leisen Seufzer, «wie Sie wünschen. Schicken Sie also Ihren Mann her. Und wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich es begrüßen, den Scheck gleich zu erhalten.»
«Das geht in Ordnung, Mr McGrath. Unser Mann wird Sie also morgen Früh aufsuchen. Es ist besser, wenn er nicht direkt vom Verlagshaus zu Ihnen kommt. Unser Mr Holmes wohnt in Südlondon. Er wird auf seinem Weg hierher bei Ihnen vorsprechen und Ihnen die Empfangsbescheinigung aushändigen. Ich schlage vor, dass Sie heute Abend eine möglichst ähnliche Attrappe im Hotelsafe deponieren. Unsere Gegner werden bestimmt davon hören, und Sie vermeiden dadurch einen nächtlichen Überfall in Ihrem Zimmer.»
«Sehr gut, das werde ich tun.»
Anthony legte nachdenklich den Hörer auf.
Dann machte er sich auf den Weg, um Auskünfte über Giuseppe einzuholen. Er zog aber eine völlige Niete. Giuseppe hatte wohl in dem betreffenden Hotel gearbeitet, doch schien dort niemand Näheres über sein Privatleben oder seine Bekannten zu wissen.
«Und ich erwische dich doch, mein Junge», knurrte Anthony zwischen den Zähnen. «Es ist nur eine Frage der Zeit.»
Seine zweite Nacht in London verlief völlig ruhig.
Um neun Uhr früh wurde ihm die Karte eines Mr Holmes von Balderson & Hodgkins heraufgebracht, und Mr Holmes selbst folgte auf dem Fuße. Er war ein kleiner blonder Mann mit gemessenen Bewegungen. Anthony überreichte ihm das Manuskript und erhielt dafür seinen Scheck. Mr Holmes packte die Papiere in seine kleine Ledertasche, wünschte Anthony einen schönen Tag und entfernte sich. Das Ganze schien sehr harmlos und einfach.
«Aber vielleicht wird er auf dem Weg zum Verlag ermordet», murmelte Anthony vor sich hin, als er gedankenlos aus dem Fenster starrte. Er steckte den Scheck in einen Umschlag, fügte ein paar Zeilen bei und versiegelte ihn sorgfältig.
«Damit wäre der eine Auftrag erledigt – der andere aber noch keineswegs. Ich glaube, jetzt ist der Moment gekommen, um in der Pont Street aufzukreuzen.»
Er packte seine Sachen zusammen, ging hinunter und bezahlte seine Rechnung. Auf seinen Wink fuhr ein Taxi vor, und er war eben im Begriff abzufahren, als ein kleiner Boy aus dem Hotel stürzte und ihm einen Brief überreichte.
Das Auto summte und schoss mit einem Ruck vorwärts, während Anthony den Brief öffnete.
Es war ein merkwürdiges Schriftstück. Er musste es viermal lesen, ehe er ganz sicher war, um was es sich handelte. Der Brief war in dem gewundenen und verwickelten Stil aller Regierungsbeamten abgefasst. In einfaches Englisch übertragen stand da, dass Mr McGrath heute, Donnerstag, aus Südafrika eintreffen werde, samt den Memoiren des Grafen Stylptitch, und man drückte die Bitte aus, Mr McGrath möge in dieser Sache nichts unternehmen, ehe er eine vertrauliche Unterredung mit Mr George Lomax und anderen Persönlichkeiten gehabt hatte, die im Schreiben nur angedeutet waren. Schließlich folgte eine formelle Einladung für Mr McGrath, sich als Gast von Lord Caterham am folgenden Tage, also Freitag, auf dem Herrensitz Chimneys einzufinden.
Eine mysteriöse Mitteilung, die Anthony amüsierte.
«Gutes altes England», murmelte er liebevoll. «Zwei Tage hinter der Zeit zurück, wie üblich. Eigentlich schade. Aber ich kann natürlich nicht unter falscher Flagge nach Chimneys gehen. Trotzdem möchte ich wissen, ob sich dort ein Gasthof befindet. Mr Anthony Cade könnte dort absteigen, ohne dass jemand Verdacht schöpfte.»
Er lehnte sich aus dem Fenster und gab dem Fahrer neue Anweisungen. Der Wagen fuhr vor einem der obskursten Gasthöfe von London vor.
Nachdem Anthony sich ein Zimmer unter dem Namen Anthony Cade gemietet hatte, begab er sich in das schmutzige Schreibzimmer, nahm einen Bogen mit dem Briefkopf des Blitz-Hotels und schrieb rasch ein paar Zeilen.
Er erklärte Mr George Lomax, dass er schon am Dienstag in London eingetroffen sei, dass er das fragliche Manuskript bereits der Firma Balderson & Hodgkins übergeben habe und mit
Weitere Kostenlose Bücher