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Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Minuten vor vier, als Virginia Revel zur Pont Street zurückkehrte. Sie öffnete die Tür mit ihrem Hausschlüssel und trat in die Halle, wo sie von dem unbeweglichen Chilvers empfangen wurde.
    «Bitte um Entschuldigung, Madam, aber ein – ein Mann wünscht Sie zu sprechen.»
    Im Augenblick achtete Virginia nicht auf die subtile Betonung, mit der Chilvers seine Ansicht über diesen Besucher ausdrückte.
    «Mr Lomax? Wo ist er? Im Empfangszimmer?»
    «Nein, Madam, es ist nicht Mr Lomax.»
    In Chilvers’ Ton schwang ein leichter Vorwurf. «Ein obskures Individuum – ich war mir nicht ganz klar, ob ich den Mann hereinlassen sollte, aber er behauptete, seine Mitteilungen seien äußerst wichtig. Soweit ich verstanden habe, sollen sie den verstorbenen Captain betreffen. Daher führte ich ihn ins Arbeitszimmer.»
    Virginia überlegte einen Augenblick. Sie war seit ein paar Jahren verwitwet, und da sie nie über ihren verstorbenen Gatten sprach, waren die meisten Menschen der Auffassung, dass hinter ihrer Gelassenheit immer noch eine offene Wunde schwärte. Andere allerdings vertraten eine entgegengesetzte Meinung: Virginia habe Tim Revel nie wirklich geliebt und sei zu ehrlich, um Gefühle zu heucheln, die sie nicht empfand.
    «Ich sollte vielleicht erwähnen, Madam», fuhr Chilvers fort, «dass der Mann irgendein Ausländer zu sein scheint.»
    Virginias Interesse wuchs. Ihr Mann hatte im diplomatischen Dienst gestanden, und sie lebten gerade zu jener Zeit in Herzoslowakien, als der König ermordet wurde. Der Fremde mochte ein Herzoslowake sein, vielleicht ein alter Diener, dem es seither schlecht ergangen war.
    «Sie haben richtig gehandelt, Chilvers», sagte sie zustimmend. «Wo ist er? Im Arbeitszimmer?»
    Mit leichten, schnellen Schritten durchquerte sie die Halle und öffnete die Tür, die neben dem Speisezimmer lag.
    Der Besucher saß in einem Lehnsessel neben dem Kamin. Er erhob sich bei ihrem Eintritt und blickte sie an. Virginia hatte ein ausgezeichnetes Gedächtnis für Gesichter, und sie war sicher, diesen Mann noch nie gesehen zu haben. Er war klein und dunkel, geschmeidig in seinen Bewegungen und ganz bestimmt ein Ausländer. Aber sie hielt ihn nicht für einen Herzoslowaken – eher mochte er ein Italiener oder Spanier sein.
    «Sie wollten mich sprechen?», fragte sie. «Ich bin Mrs Revel.»
    Der Mann antwortete zunächst nicht. Er blickte sie nur starr an mit einer Dreistigkeit, die ihr nicht entging.
    «Wollen Sie mir bitte rasch sagen, was Sie herführt?», bemerkte sie etwas ungeduldig.
    «Sie sind Mrs Revel? Mrs Timothy Revel?»
    «Ja. Ich sagte es bereits.»
    «Sehr richtig. Sie taten gut daran, mich zu empfangen, Mrs Revel. Sonst wäre ich gezwungen gewesen, mich an Ihren Mann zu wenden.»
    Virginia schaute ihn verblüfft an, aber eine plötzliche Eingebung hielt sie von der Antwort zurück, die ihr auf den Lippen lag. Sie begnügte sich mit der kühlen Bemerkung:
    «Das wäre Ihnen wohl etwas schwergefallen.»
    «Ich glaube kaum. Ich kann sehr hartnäckig sein. Aber wir wollen von Geschäften reden. Vielleicht erkennen Sie das?»
    Er schwenkte etwas in seiner Hand. Virginia warf einen gleichgültigen Blick darauf.
    «Es scheint ein Brief zu sein», bemerkte sie.
    «Und vielleicht erkennen Sie auch die Adresse», sagte der Mann bedeutungsvoll und streckte ihr den Umschlag entgegen.
    «Ich kann lesen», belehrte Virginia ihn liebenswürdig. «Der Brief ist an einen Captain O’Neill in Paris gerichtet.»
    Der Mann suchte in ihrem Gesicht nach etwas, das er nicht fand.
    «Wollen Sie bitte den Brief lesen.»
    Virginia nahm den Umschlag, zog den Brief heraus und warf einen Blick darauf. Aber ihre Gestalt straffte sich, und hastig reichte sie das Blatt zurück.
    «Das ist ja ein Privatbrief – und sicher nicht für meine Augen bestimmt.»
    Der Mann lachte höhnisch.
    «Ich gratuliere Ihnen, Madam, Sie spielen Ihre Rolle gut. Aber trotzdem werden Sie Ihre Unterschrift nicht verleugnen können.»
    «Meine Unterschrift?»
    Virginia wandte das Blatt um – und erstarrte vor Staunen. In feiner, schräger Schrift stand dort der Name Virginia Revek Sie unterdrückte einen Ausruf, drehte das Blatt wieder um und las den Brief von Anfang bis Ende. Dann blieb sie einen Augenblick in Gedanken versunken stehen. Der Inhalt dieser Epistel machte ihr klar, was nun folgen sollte.
    «Nun, Madam», grinste der Mann. «Das ist doch wohl Ihre Unterschrift?»
    «O ja», entgegnete Virginia, «es ist jedenfalls mein

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