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Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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handelt es sich um die Tragödie heute Nacht.»
    «Wie heißt er?», fragte Battle plötzlich.
    «Sein Name ist Anthony Cade, aber er meinte, dieser Name werde den Herren nichts sagen.»
    Das schien allerdings ein Irrtum zu sein, denn alle vier fuhren erstaunt auf.
    Lord Caterham lächelte.
    «Ich fange an, mich wirklich gut zu unterhalten. Führen Sie den Herrn herein, Tredwell, führen Sie ihn sofort herein!»

12
     
    « M r Anthony Cade», meldete der Butler.
    «Auftritt des verdächtigen Fremden», sagte Anthony.
    Mit unfehlbarem Instinkt wandte er sich sofort an Lord Caterham.
    «Ich muss mich entschuldigen», begann er, «dass ich hier eindringe. Aber im ‹Jolly Dog›, oder wie Ihr Gasthaus heißen mag, gehen Gerüchte um über einen Mord in diesem Hause, und ich glaube, einige Aufklärungen darüber geben zu können.»
    «Eh – ganz richtig – ganz richtig», meinte Caterham nervös.
    «Wollen Sie – eh – Platz nehmen?»
    «Danke.»
    George räusperte sich gewichtig. «Was meinen Sie damit, dass Sie ‹Aufklärungen› geben können?»
    «Ich meine», erläuterte Anthony, «dass ich gestern Nacht unbefugterweise in Lord Caterhams Besitztum eingedrungen bin – ich hoffe, dass man mir das verzeihen wird –, und zwar um 23 Uhr 45, und dass ich den Schuss gehört habe. Ich kann also wenigstens die Zeit des Verbrechens genau angeben.»
    Er schaute von einem zum andern, wobei sein Blick am längsten auf Inspektor Battle verweilte, dessen Schweigsamkeit ihm zu imponieren schien.
    «Aber ich vermute, das ist nichts Neues für Sie», schloss er liebenswürdig.
    «Wie meinen Sie das?»
    «Ich zog heute früh ein paar leichte Schuhe an. Als ich später nach meinen Stiefeln fragte, waren sie nicht vorhanden; ein netter junger Constable hatte sie mitgenommen. Ich zählte also zwei und zwei zusammen und kam hierher, um mich, wenn möglich, von einem Verdacht zu reinigen.»
    «Ein sehr vernünftiger Gedanke», meinte Battle. «Ich schätze Ihre Zurückhaltung, Inspektor. – Inspektor ist doch richtig, nicht wahr?»
    Lord Caterham griff ein. Ihm begann Anthony zu gefallen.
    «Inspektor Battle von Scotland Yard. Dies ist Colonel Melrose, unser Polizeichef, und Mr Lomax.»
    Anthony blickte den Letztgenannten interessiert an.
    «Mr George Lomax?»
    «Ja.»
    «Ich glaube, Mr Lomax», bemerkte Anthony, «ich hatte gestern das Vergnügen, einen Brief von Ihnen zu erhalten.»
    «Nicht dass ich wüsste», erklärte George kalt.
    Wenn nur Miss Oscar hier gewesen wäre! Miss Oscar schrieb alle Briefe für George und wusste besser Bescheid als er selbst. Ein großer Mann wie George Lomax konnte sich natürlich nicht mit solchen Kleinigkeiten wie Briefen befassen. Er zog es daher vor, weiter zu fragen:
    «Sie wollen uns doch eine – hm – Erklärung abgeben, was Sie gestern um 23 Uhr 45 hier zu suchen hatten?»
    Sein Ton sagte klar: Und was Sie auch erzählen mögen – geglaubt wird Ihnen nicht!
    «Ja, Mr Cade, was wollten Sie eigentlich hier?» fragte nun auch Lord Caterham mit lebhaftem Interesse.
    «Es tut mir sehr leid», lächelte Anthony, «aber ich werde Ihnen eine lange Geschichte erzählen müssen.»
    Er wusste genau, in welchen Schwierigkeiten er sich befand. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden war er in zwei Verbrechen verwickelt worden. Kaum hatte er sich einer Leiche entledigt und sich damit vor dem Gesetz schuldig gemacht, geriet er ausgerechnet zum falschesten Zeitpunkt auf den Schauplatz eines zweiten Mordes. Für einen jungen Mann, der Abenteuer suchte, jedenfalls keine schlechte Leistung.
    Sein Vorgehen hatte er sich bereits genau überlegt. Er würde soweit wie möglich bei der Wahrheit bleiben – allerdings mit einer kleinen Abänderung und mit einer wichtigen Auslassung…
    «Die Geschichte begann», erklärte er, «vor ungefähr fünf Wochen in Bulawayo. Mr Lomax wird natürlich wissen, wo das liegt – Außenposten des Empire und so weiter. Ich besprach mich mit einem Freund, Mr James McGrath –»
    Er machte bei dem Namen eine Pause und blickte dabei George Lomax an. Dieser schnellte in seinem Sessel hoch und hielt mit Mühe einen Ausruf zurück.
    «Wir beschlossen, dass ich nach England fahren und einen kleinen Auftrag für Mr McGrath erledigen sollte, weil dieser selbst keine Zeit dazu hatte. Da die Überfahrt aber bereits auf seinen Namen gebucht war, reiste ich der Einfachheit halber unter dem Namen McGrath. Ich weiß nicht, ob ich damit ein Gesetz übertreten habe – der Inspektor wird mir

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