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Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sich vernehmen. Ich wartete eine Weile, aber als alles totenstill blieb, nahm ich an, ich hätte mich geirrt und wohl nur einen Wilderer im Wald gehört – unter diesen Umständen wohl eine ganz natürliche Folgerung.»
    «Ganz natürlich», wiederholte Battle ausdruckslos.
    «Ich ging also zum Gasthaus, trug mich dort ein – und hörte heute früh die Neuigkeit. Es war mir klar, dass ich verdächtigt werden musste, und deshalb kam ich her, um Ihnen meine Geschichte zu erzählen. Ich kann dabei nur hoffen, dass Sie vorläufig auf Handschellen verzichten.»
    Eine Pause entstand. Colonel Melrose blickte angelegentlich zu Inspektor Battle hinüber.
    «Mir scheint Ihre Geschichte recht klar zu sein», bemerkte er.
    «Ja», ließ sich Battle endlich vernehmen. «Ich glaube, wir verzichten heute noch auf Handschellen.»
    «Haben Sie noch irgendwelche Fragen, Inspektor?»
    «Eine Sache möchte ich wissen: Was war das für ein Manuskript?»
    Er blickte dabei auf George, und dieser antwortete widerwillig:
    «Die Memoiren des verstorbenen Grafen Stylptitch. Sehen Sie…»
    «Sie brauchen nichts weiter zu erklären», unterbrach Battle ihn, «ich bin im Bilde.»
    Er wandte sich an Anthony.
    «Wissen Sie, wer erschossen wurde?»
    «Im Gasthaus nannte man den Namen Graf Stanislaus oder etwas Ähnliches.»
    «Klären Sie ihn auf», sagte Battle lakonisch zu George Lomax.
    Dieser zögerte sichtlich, ehe er sich zur Antwort entschloss:
    «Der Herr, der sich hier inkognito unter dem Namen Graf Stanislaus aufhielt, war Seine Hoheit Fürst Michael von Herzoslowakien.»
    Anthony stieß einen schrillen Pfiff aus.
    «Teufel, das muss aber peinlich sein!», bemerkte er.
    Inspektor Battle hatte Anthony scharf beobachtet. Jetzt ließ er ein zufriedenes Brummen hören und erhob sich.
    «Ich möchte Mr Cade noch ein paar Fragen stellen», teilte er mit.
    «Wenn Sie gestatten, gehe ich mit ihm in den Ratssaal.»
    «Selbstverständlich, selbstverständlich», murmelte der Lord.
    «Das Haus steht zu Ihrer Verfügung.»
    Anthony und der Inspektor gingen zusammen hinaus.
    Der Körper des Toten war vom Schauplatz entfernt worden. Ein dunkler Fleck zeigte an, wo er gelegen hatte, doch im Übrigen war kein Anzeichen der Tragödie mehr zu sehen. Anthony blickte sich anerkennend um.
    «Hatten Sie zunächst den Eindruck, dass der Schuss aus diesem Raum kam?», fragte der Inspektor.
    «Lassen Sie mich sehen.»
    Anthony öffnete eine Tür und trat auf die Terrasse hinaus, das Haus von außen betrachtend.
    «Ja, dies ist das Zimmer», sagte er. «Es steht etwas vor und bildet die Ecke. Wenn der Schuss von anderswo gekommen wäre, hätte ich ihn von links hören müsse. Aber er kam von hinten oder von rechts. Daher dachte ich auch an Wilderer, weil hier die äußerste Ecke des Flügels ist.»
    Er kam zur Tür zurück und fragte in plötzlicher Eingebung: «Warum fragen Sie? Sie wissen ganz genau, dass er hier erschossen wurde, nicht wahr?»
    «Wir wissen nie genug», lächelte Battle. «Aber Sie haben recht, das Verbrechen geschah in diesem Raum. Sie behaupteten, die Balkontüren seien verschlossen gewesen?»
    «Ja, sie waren von innen verriegelt.»
    «Welche Tür untersuchten Sie?»
    «Alle drei.»
    «Sie sind sich dessen ganz sicher?»
    «Ich pflege meiner Sache immer sicher zu sein. Weshalb?»
    «Das ist merkwürdig», meinte der Inspektor. «Als das Verbrechen heute früh entdeckt wurde, war die mittlere Tür offen, das heißt, sie war nicht verriegelt.»
    Anthony pfiff erneut und setzte sich aufs Fensterbrett. Er holte seine Zigarettendose hervor. «Das ist allerdings ein böser Schlag. Gibt der Sache ein ganz anderes Gesicht. Jetzt haben wir zwei Möglichkeiten: Entweder wurde er von einer Person, die sich schon im Haus befand, getötet, und der Mörder öffnete später die Tür, um Verwirrung zu stiften – oder: Ich lüge! Ich nehme an, Sie neigen eher zu der zweiten Lösung, aber ich gebe Ihnen mein Wort, dass Sie sich darin irren.»
    «Kein Mensch verlässt dieses Haus, ehe ich jeden verhört habe. Das kann ich Ihnen schriftlich geben», sagte Battle grimmig.
    Anthony blickte ihn interessiert an.
    «Wann kamen Sie auf den Gedanken, dass der Schuldige im Haus gesucht werden muss?», fragte er.
    Battle lächelte.
    «Die Fährte war mir von Anfang an etwas zu – offensichtlich, möchte ich sagen. Als Ihre Stiefel sogar in die Fußstapfen passten, wurde ich geradezu misstrauisch.»
    «Ich gratuliere Scotland Yard», meinte Anthony.
    Aber gerade die

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