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Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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als Battle seinen Arm presste. Der Inspektor beugte sich vor und horchte. Mit einer Handbewegung gebot er Anthony Schweigen, bewegte sich lautlos zur Tür und riss diese auf. Auf der Schwelle stand ein kräftiger Mann mit schwarzem Haar, unschuldigen blauen Augen und einem gelassenen Gesicht.
    «Entschuldigung», sagte er mit der schleppenden Stimme, die den Amerikaner verriet, «ist es gestattet, den Schauplatz des Verbrechens zu betreten? Vermute, die Herren sind von Scotland Yard.»
    «Ich habe nicht die Ehre», bemerkte Anthony. «Aber dieser Herr ist Inspektor Battle von Scotland Yard.»
    «Tatsächlich?», sagte der Amerikaner mit großem Interesse. «Erfreut, Sie kennen zu lernen. Ich bin Hiram P. Fish aus New York City.»
    Der Amerikaner spazierte gemächlich in das Zimmer.
    «Ich bin interessiert an Verbrechen, Mr Battle. Eine spezielle Liebhaberei von mir. Habe für eine Ihrer Zeitschriften eine Abhandlung geschrieben über ‹Degeneration und Kriminalität›.»
    Während er sprach, wanderten seine Augen im Zimmer umher und nahmen alles auf. Etwas länger blieben sie auf dem Fenster haften.
    «Die Leiche ist entfernt worden», bemerkte Battle.
    «Natürlich», erwiderte Mr Fish. Seine Augen wanderten weiter über die getäfelten Wände. «Bemerkenswerte Bilder hier, meine Herren. Ein Holbein, zwei van Dycks und, wenn ich nicht irre, ein Velazquez. Ich interessiere mich für Bilder – und natürlich für Erstausgaben von Büchern. Lord Caterham war so freundlich, mich zur Besichtigung seiner Bibliothek einzuladen.»
    Er seufzte leicht.
    «Das ist ja nun wohl nicht mehr möglich. Macht sich wahrscheinlich besser, wenn die Gäste gleich wieder abreisen.»
    «Ich befürchte, das wird nicht möglich sein», entgegnete Battle. «Niemand darf vor der Leichenschau das Haus verlassen.»
    «Tatsächlich? Und wann findet die statt?»
    «Vielleicht morgen, vielleicht auch erst am Montag. Die Autopsie muss erst durchgeführt werden.»
    «Verstehe», murmelte Mr Fish. «Dürfte unter diesen Umständen eine traurige Gesellschaft werden.»
    Battle ging voran zur Tür.
    «Wir gehen jetzt besser», sagte er. «Der Raum muss noch verschlossen bleiben.» Er wartete, bis die beiden anderen draußen waren, drehte den Schlüssel um und zog ihn ab.
    «Schätze», meinte Mr Fish, «dass Sie nach Fingerabdrücken suchen.»
    «Vielleicht», erwiderte der Inspektor lakonisch.
    «Nehme auch an, dass nach einer Nacht wie der vergangenen eine Menge Fußspuren auf dem Parkettboden zu sehen sind.»
    «Keine im Zimmer, viele draußen.»
    «Meine», lächelte Anthony freundlich.
    Die unschuldigen Augen sahen ihn groß an.
    «Junger Mann», meinte Mr Fish, «Sie überraschen mich.»
    Sie bogen um eine Ecke und gelangten in die große Halle. Von der anderen Seite her näherten sich zwei Gestalten, der Lord und Virginia Revel.
    Anthony war auf diese Begegnung gefasst. Er hatte aber keine Ahnung, wie er sich verhalten sollte. Das musste Virginia entscheiden. Er vertraute ihrer Geistesgegenwart. Aber wie würde sie ihm begegnen? Lange blieb er nicht darüber im Zweifel.
    «Da ist ja Mr Cade», rief Virginia aus. Sie streckte ihm beide Hände entgegen. «So sind Sie also doch gekommen?»
    «Meine liebe Mrs Revel, ich hatte keine Ahnung, dass Sie Mr Cade kennen», sagte Lord Caterham.
    «Er ist ein sehr guter alter Freund von mir», lächelte Virginia Anthony zu, und ihre Augen glitzerten mutwillig. «Ich traf ihn zufälligerweise gestern in London und sagte ihm, dass ich hierherkomme.»
    Anthony gab ihr rasch einen Fingerzeig.
    «Ich erklärte Mrs Revel», sagte er, «dass ich ihre liebenswürdige Einladung ablehnen müsste, weil sie eigentlich einem anderen galt. Ich wollte nicht unter falscher Flagge segeln.»
    Lord Caterham lächelte. «Das ist jetzt vorbei, mein Lieber. Ich lasse sofort Ihr Gepäck aus dem Gasthof abholen.»
    «Sehr freundlich von Ihnen, Lord Caterham, aber –»
    «Kein aber, Mr Cade. Sie müssen unbedingt sofort nach Chimneys übersiedeln. Eine scheußliche Bude, dieser ‹Cricketer›.»
    «Selbstverständlich müssen Sie kommen», lächelte Virginia.
    «Ich schicke nach Ihrem Gepäck», wiederholte der Lord. «Leider werden wir unter den jetzigen Umständen auf die Jagd verzichten müssen, aber dagegen lässt sich nichts machen. Es geht alles schief.» Der Lord seufzte betrübt.
    «Das wäre erledigt», sagte Virginia. «Sie können sich sofort nützlich machen, Mr Cade, indem Sie mich auf dem See herumrudern.»
    «Ich

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