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Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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genügen mir, aber ich darf wohl annehmen, dass es sich um eine große Sache handelt?»
    Isaacstein nickte langsam.
    «Eine sehr große Sache.»
    «Das bringt mich zur zweiten Frage: Wer ist der nächste Thronerbe von Herzoslowakien?»
    Isaacstein blickte zu Lomax hinüber. Dieser beantwortete die Frage sehr zögernd und widerwillig:
    «Das wird wahrscheinlich – ja, der nächste Thronerbe dürfte bestimmt Prinz Nikolaus sein.»
    «Und wer ist Prinz Nikolaus?»
    «Ein Vetter von Fürst Michael.»
    «Ah!», sagte Battle. «Ich wüsste gern mehr über diesen Nikolaus, vor allem, wo er sich zurzeit aufhält.»
    «Man weiß wenig von ihm», erklärte Lomax. «Als junger Mann verkehrte er viel mit den Sozialisten und kümmerte sich keinen Deut um seine gesellschaftliche Stellung. In Oxford hat er tolle Streiche verübt. Zwei Jahre später hörte man Gerüchte, dass er im Kongo umgekommen sei. Aber vor ein paar Monaten tauchte er plötzlich wieder auf, als die royalistische Reaktion sich bemerkbar machte.»
    «Tatsächlich?», fragte Battle. «Und wo tauchte er auf?»
    «In Amerika.»
    Battle wandte sich an Mr Isaacstein. Seine Frage war ein einziges Wort: «Öl?»
    Der große Finanzmann nickte.
    «Er glaubte, dass er den Herzoslowaken willkommener wäre als Fürst Michael, weil er modernere Ansichten vertrat und demokratische Ideale hatte. Zum Dank für die finanzielle Unterstützung seiner Thronansprüche erklärte er sich bereit, einer gewissen Gruppe amerikanischer Finanzleute die Ölkonzessionen zu übertragen.»
    Inspektor Battle vergaß sich so weit, dass er einen schrillen Pfiff ausstieß.
    «So ist das also», murmelte er. «Gleichzeitig unterstützten die Loyalisten Fürst Michael und rechneten bestimmt damit, dass er sein Ziel erreichen würde. – Und jetzt geschieht dieser Mord!»
    «Sie glauben doch nicht –» begann George.
    «Es finden sich überall skrupellose Werkzeuge, mit denen man rechnen muss», sagte Isaacstein ruhig. «Im Augenblick hat Wall Street gewonnen. Aber ich bin noch längst nicht besiegt. Finden Sie den Mörder, Inspektor, und Sie leisten Ihrem Vaterland einen großen Dienst!»
    «Eine Tatsache scheint mir sehr verdächtig», warf George ein. «Warum kam dieser Adjutant, Captain Andrassy, gestern nicht mit dem Fürsten hierher?»
    «Ich habe mich bereits erkundigt», erklärte Battle. «Die Sache ist sehr einfach. Andrassy blieb in der Stadt zurück, um für Fürst Michael eine Verabredung mit einer gewissen Dame zu treffen – fürs nächste Wochenende. Der Baron schätzte solche Eskapaden des Fürsten gar nicht, besonders nicht zu diesem wichtigen Zeitpunkt. Daher musste Seine Hoheit zu Heimlichkeiten Zuflucht nehmen. Er war, wenn man so sagen darf, ein etwas ausschweifender junger Mann.»
    «Leider», seufzte George, «leider!»
    «Dann ist noch ein anderer Punkt zu bedenken», sagte Battle mit leichtem Zögern. «König Victor soll sich in England befinden.»
    «König Victor?»
    George forschte stirnrunzelnd in seinem Gedächtnis.
    «Bekannter französischer Einbrecher – die Sûreté in Paris hat uns vor ihm gewarnt.»
    «Natürlich», nickte George, «ich erinnere mich jetzt. Juwelendieb, nicht wahr? Das ist doch der Mann –»
    Er brach plötzlich ab. Isaacstein, der nachdenklich ins Feuer geblickt hatte, schaute auf. Er bemerkte jedoch den warnenden Blick nicht mehr, den Inspektor Battle dem anderen zuwarf. Aber er war sensibel für atmosphärische Schwingungen und spürte daher sofort die plötzliche Spannung.
    «Sie brauchen mich nicht mehr, Lomax?», fragte er kühl.
    «Nein, danke, mein Bester», versicherte George rasch.
    «Würde es Ihre Pläne stören, wenn ich nach London zurückkehrte, Inspektor?»
    «Leider ja, Sir», antwortete Battle höflich. «Wenn Sie fortgehen, werden es die anderen auch wollen, und das ist unmöglich.»
    «Begreiflich.» Der große Finanzmann verließ das Zimmer.
    «Prächtiger Kerl», murmelte George Lomax nachlässig.
    «Sehr eindrucksvolle Persönlichkeit», stimmte der Inspektor bei.
    George begann seinen ruhelosen Gang aufs Neue.
    «Ihre Bemerkung macht mich sehr unruhig», seufzte er. «König Victor! Ich glaubte ihn im Gefängnis.»
    «Er wurde vor ein paar Monaten entlassen. Die französische Polizei wollte ihm auf den Fersen bleiben, aber er ist ihnen entwischt. Kein Wunder! Einer der kaltblütigsten Menschen, die jemals gelebt haben. Aus irgendeinem Grunde vermutet ihn die Sûreté in England und hat uns daher benachrichtigt.»
    «Was

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