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Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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wenig.
    «Schätze», meinte er, «es gibt da etliche Geheimnisse um diese sterblichen Überreste.»
    «Eine ganze Menge», bestätigte Anthony.
    «War dieser kahlköpfige Kerl ein Freund des Verstorbenen?»
    «Etwas Ähnliches.»
    «Es wird gemunkelt, dass der Verstorbene eine Königliche Hoheit gewesen sei. Stimmt das?»
    «Er nannte sich hier Graf Stanislaus», sagte Anthony ausweichend.
    Mr Fish äußerte sich hierzu mit einem skeptischen «Na schön!» und schwieg darauf wieder eine Weile.
    «Dieser Polizeiinspektor», bemerkte er schließlich, «dieser Battle oder wie er heißt – versteht der etwas?»
    «Scotland Yard hält viel von ihm», erwiderte Anthony kühl.
    «Scheint mir reichlich vertrocknet», bemerkte Mr Fish. «Lässt sich jedenfalls Zeit. – Wieso darf niemand das Haus verlassen?»
    «Alle müssen morgen bei der Leichenschau anwesend sein.»
    «Nur deshalb? Kein anderer Grund vorhanden? Wird keiner der Gäste verdächtigt?»
    «Mein bester Mr Fish!»
    «Ich war etwas beunruhigt – bin schließlich fremd in diesem Kreis. Aber natürlich – erinnere mich jetzt: Der Verbrecher kam ja von draußen. Fenster war offen, nicht wahr?»
    «Es war tatsächlich offen.»
    Mr Fish entfernte sich, und Bundle kehrte zurück.
    «Merkwürdiger Fisch, nicht wahr?», bemerkte sie.
    «Das kann man wohl sagen!»
    «Es hat keinen Zweck, nach Virginia auszuspähen», meinte sie bitter.
    «Das tat ich nicht!»
    «Doch. Ich weiß nicht, wie sie das anstellt. Es ist nicht die Art, wie sie spricht, nicht einmal wie sie aussieht – aber es gelingt ihr einfach: Jedenfalls hat sie augenblicklich anderes zu tun. Sie bat mich, nett zu Ihnen zu sein – und ich werde nett sein, wenn nötig unter Anwendung von Gewalt.»
    «Gewalt ist nicht nötig», versicherte Anthony. «Aber wenn es Ihnen nichts ausmacht, wäre es besser, im Boot nett zu sein als an Land.»
    «Kein schlechter Gedanke.»
    Sie schlenderten zusammen zum See.
    «Ich möchte Sie etwas fragen», sagte Anthony, als er vom Ufer abstieß, «ehe wir zu interessanteren Themen übergehen. Arbeit geht vor Vergnügen.»
    «Über welches Schlafzimmer wünschen Sie diesmal Auskunft?», fragte Bundle mit müder Geduld.
    «Nichts über Schlafzimmer. Aber ich wüsste gern, woher Sie Ihre französische Erzieherin haben.»
    «Der Mann ist völlig behext», murmelte Bundle. «Ich habe sie durch eine Agentur erhalten, und ich bezahle ihr hundert Pfund im Jahr, und ihr Vorname ist Geneviève. – Sonst noch etwas gefällig?»
    «Befassen wir uns einmal mit der Agentur. Hatte sie Referenzen aufzuweisen?»
    «Oh, glänzende. Sie war zehn Jahre bei der Comtesse de Breteuil, Château de Breteuil, Dinard.»
    «Sie haben die Gräfin nicht selbst gesehen? Alles wurde nur schriftlich erledigt?»
    «Genau.»
    «Hm», meinte Anthony.
    «Sie setzen mich in Erstaunen», lächelte Bundle. «Bedeutet Ihre Frage Liebe oder Verbrechen?»
    «Wahrscheinlich pure Dummheit von mir – reden wir nicht mehr davon.»
    «‹Reden wir nicht mehr davon›, erklärt er nachlässig, wenn er alle Informationen bekommen hat. Mr Cade, wen haben Sie im Verdacht? Ich tippe auf Virginia, weil es am unglaublichsten scheint. Oder vielleicht auch Bill.»
    «Wie verhält es sich denn mit Ihnen?»
    «Mitglied der Aristokratie in geheimem Komplott mit der Bruderschaft der Roten Hand. Das gäbe eine nette Sensation.»
    Anthony lachte. Er mochte Bundle, obwohl er sich ein wenig vor dem durchdringenden Blick ihrer grauen Augen fürchtete.
    «Ist das ein neuer Verdächtiger, der da verloren beim Bootshaus steht?» Anthony hatte sich auf seine Ellenbogen gestützt und starrte zum Ufer rüber. «Oder gehört er zur Gesellschaft?»
    Bundle hob den Kopf. «Das ist Bill», erklärte sie.
    «Er sucht anscheinend etwas.»
    «Höchstwahrscheinlich mich», sagte Bundle ohne Begeisterung.
    «Wollen wir rasch auf die andere Seite rudern?»
    «Das ist die richtige Antwort – aber die Begeisterung fehlt.»
    «Ich werde nach diesem Verweis mit doppelter Kraft rudern.»
    «Zwecklos», sagte Bundle, «ich habe auch meinen Stolz. Rudern Sie bitte dorthin, wo dieser Dummkopf wartet. Irgendjemand muss sich schließlich um ihn kümmern. Virginia scheint ihn versetzt zu haben.»
    Anthony ruderte gehorsam in Richtung Ufer.
    «Und was wird aus mir?», beklagte er sich. «Ich weigere mich, das fünfte Rad am Wagen zu spielen. – Sind das die Kinder, die ich dort drüben sehe?»
    «Ja. Seien Sie vorsichtig, und kommen Sie ihnen nicht zu nah. Sonst

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